Gefälschte Uhren zu besitzen, ist in der Schweiz weiterhin nicht strafbar. Der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) bedauert ein entsprechendes Gerichtsurteil und setzt auf das geltende Importverbot. Für das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum genügt der rechtliche Rahmen allerdings.
Mit einem Prozess vor dem Lausanner Polizeigericht wollte die FH kürzlich ein Exempel gegen den Besitz von gefälschten Uhren statuieren. Doch der Waadtländer Rentner, der 110 Fälschungen zwischen 2010 und 2011 über eine russische Website gekauft hatte, wurde freigesprochen.
«Nicht befriedigend»
«Dieses Urteil ist für uns nicht befriedigend, das ist klar», sagte Michel Arnoux, Verantwortlicher des Anti-Fälschungsdienstes der FH, der Nachrichtenagentur sda.
Der Besitz von Fälschungen für den privaten Gebrauch ist nach Schweizer Gesetz nicht strafbar. Im Lausanner Fall argumentierte der Richter, dass sich der Angeklagte mit den gefälschten Uhren nicht habe bereichern wollen.
4000 zerstörte Uhren pro Jahr
Im Kampf gegen die Fälschungen arbeitet die FH Hand in Hand mit der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV). Im vergangenen Oktober zerstörte die EZV mehr als 15'000 gefälschte Uhren. Davor hatte die letzte grosse Zerstörungsaktion 2010 stattgefunden. Das mache ungefähr 4000 zerstörte gefälschte Uhren pro Jahr, und etwa 300 pro Monat, sagte Arnoux.
Dabei handle es sich nur um jene Fälschungen, die an die Oberzolldirektion in Bern überwiesen worden seien, präzisierte Arnoux. Hinzu kämen jene Fälschungen, die direkt von gewissen Zollämtern, wie etwa dem Genfer Zollamt, zerstört würden.
Immer mehr Fälschungen erreichen die Schweiz per Post, nachdem sie im Internet gekauft wurden. Verdächtige Pakete, besonders jene aus Asien, werden gescannt. Mit diesem Verfahren würden Fälschungen zu 99 Prozent erkannt.
Nicht nur Uhren betroffen
Neben Uhren erwerben Touristen im Ausland vor allem gefälschte Handtaschen, Reisetaschen, Portemonnaies sowie gefälschter Schmuck und andere Accessoires. Beim Warenverkehr kommen gefälschte Kleidung und Medikamente hinzu.
«Der Import ist zwar verboten, aber das Gesetz sieht keine Strafe für den Zuwiderhandelnden vor», sagte Arnoux. Der Importeur müsse jedoch Verwaltungsgebühren zahlen, welche die Kontrolle, das Konfiszieren, Lagern und anschliessende Zerstören der gefälschten Waren decken sollen.
Gefälschte Ware kann teuer werden
Wer beispielsweise eine gefälschte Uhr aus den Ferien mitbringt und am Flughafen erwischt wird, muss 60 Franken bezahlen. Wer eine gefälschte Tasche einer Luxusmarke per Post importiert, muss bis zu 1000 Franken bezahlen, wenn die betroffene Marke mit einem Anwalt intervenieren muss.
Für Privatpersonen gebe es nur in wenigen Ländern Strafen für den Import von gefälschten Waren, sagte Jürg Herren, stellvertretender Leiter der Abteilung Recht und Internationales am Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE).
Dennoch werden in einigen europäischen Ländern, etwa Frankreich, Privatpersonen gebüsst. Die Bussen werden nach dem Wert des Originalproduktes berechnet. Das können beispielsweise 7000 Franken für eine Marken-Handtasche sein.
Keine Verschärfung vorgesehen
Das IGE erklärte, dass die Schweiz vor allem verhindern wolle, dass Fälschungen in das Land eingeführt würden. Bei der Änderung der entsprechenden Gesetzgebung im Jahr 2008 habe der Bundesrat festgehalten, dass die «neue Gesetzgebung nicht zum Ziel hat, Privatpersonen zu bestrafen, die vielleicht gar nicht wissen, dass sie illegale Produkte im Ausland gekauft haben».
Laut IGE ist keine Verschärfung der Gesetzgebung vorgesehen. Der legale Rahmen sei derzeit adäquat, sagte Herren. Um etwas zu bewegen, arbeitet die FH zusammen mit anderen Branchen, welche von den Fälschungen betroffen sind. Daneben bündelt der Verein «Stop Piracy» sämtliche Institutionen und Unternehmen, denen Fälschungen schaden.
(sda/gku)