Yasmine Frizlen ist beim Programm «CEO for One Month» interimistische CEO der Adecco Gruppe Schweiz. Dabei arbeitet sie eng mit der eigentlichen CEO Nicole Burth zusammen. Im Interview erzählt die 20-jährige Studentin, ob sie künftig den Chefsessel übernehmen will und was sie mit dem Praktikumslohn von 8'500 Franken anstellt.
Frau Frizlen, Sie starteten vor knapp einer Woche. Wie war Ihr Tag mit Adecco-Group-CEO Alain Dehaze?
Sehr interessant. Ich hatte gar nicht erwartet, dass ich Alain schon so früh treffe. Es war sehr eindrucksvoll, wie er über die Zukunft der Arbeit spricht. Wir waren auch noch in einer Filiale. Es war toll zu sehen, wie er mit den Mitarbeitern kommuniziert.
Wie ist Ihr erster Eindruck der Adecco Gruppe?
Die Gruppe ist sehr zukunftsgerichtet. Sie sammelt ständig neue Ideen, fokussiert stark auf Innovation und hat sympathische Mitarbeiter. Ich habe viele Informationen auf einmal erhalten und versuche immer noch, ein gesamtheitliches Verständnis über das Unternehmen zu bekommen.
Was war Ihre Motivation, sich für dieses Praktikum zu bewerben?
Ich hatte gar nicht erwartet, dass ich «CEO for one Month» werde. Ich hatte mich beworben, weil ich dachte: Schaden kann es ja nicht. Ich realisierte erst am Assessment-Tag selber, dass es vielleicht klappen könnte. Das war sehr aufregend!
Es haben sich 2800 Kandidaten beworben, Sie haben das Rennen gemacht. Sind Sie eine Streberin?
Mein Bruder würde auf jeden Fall sagen, ich sei eine Streberin. Der Term «Streber» ist etwas negativ konnotiert. Eine Streberin ist jemand, die viel ins Lernen investiert. Aber Streber sind auch diejenigen, die sehr zielstrebig sind. Wenn ich mir ein Ziel gesetzt habe, will ich es schaffen und habe grosse Ansprüche an mich selbst. Gemäss dieser Definition bin ich also eine Streberin.
Haben Sie noch Zeit für Freunde und Familie?
Wenn jemand sagt, er habe keine Zeit mehr für Freunde und Familie, dann ist er schlecht organisiert. Ich habe das Gefühl, dass man sich immer Zeit nehmen kann. Auch ganz spontan. Menschen, die in einer Kaderposition sind, und sich nicht Zeit nehmen können für Familie, können meiner Meinung nach auch ein Unternehmen nicht zeiteffizient managen. Ich mache auch neben dem Studium noch sehr viel und muss auf meinen Zeitplan achten. Und ich chatte einfach nicht mit allen, sondern konzentriere mich auf die Leute, die mir wichtig sind.
Was machen Sie neben dem Studium, in der Freizeit?
Ich studiere in Genf Internationale Beziehungen, nehme aber jeden Abend auch Tanzunterricht. Am Wochenende gehe ich nach Luzern in die Musical Factory. Sie bereitet einen auf eine Ausbildung in einer renommierten Hochschule vor. Ich nehme meine Tanzstunden aber jetzt in Genf und am Wochenende in Luzern. Tanzen ist für mich ein super Ausgleich.
Möchten Sie nun CEO werden oder Musicalstar?
Ich habe schon immer getanzt und bin auch Mitglied in einem Chor. Das Musical ist ein grosses Hobby von mir geworden. Ich kann meiner Meinung nach beides machen, wenn ich meine Zeit effizient manage. Das geht aber nur, wenn man sich gegenseitig vertraut.
Was bringt das Studium in Internationalen Beziehungen für Ihre jetzige Rolle?
Als ich mit Alain Dehaze einige Botschafter in Bern getroffen habe, war es sehr wichtig, dass ich den Zusammenhang mit der Politik verstehe. Auch etwas wie die Handelskonflikte sind relevant für das Unternehmen. Ich bin froh, dass ich etwas davon verstehe.
«Wenn ich mir ein Ziel gesetzt habe, will ich es schaffen und habe grosse Ansprüche an mich selbst.»
Wenn Sie sich so sehr für das internationale Weltgeschehen interessieren. Welche Sprachen sprechen Sie?
Ich spreche Deutsch und Englisch als Muttersprache. Meine Mama ist aus Kanada. In Genf muss ich auch Französisch sprechen. Zudem lerne ich seit zwei Jahren Chinesisch.
Das klingt nach vielen Einflüssen....
...in der Tat. Ich besitze drei Pässe.
Welche denn?
Mein Vater ist in Schweden aufgewachsen, seine Eltern sind aber Deutsche. Sie wollten den deutschen Pass aber nie für den schwedischen Pass hergeben. Wir haben uns dann in der Schweiz einbürgern lassen, deshalb besitze ich auch den Schweizer Pass. Und dann der kanadische Pass von meiner Mutter. Das war ein Glück, denn ich habe auch schon ein Jahr in den USA gearbeitet. Da brauchte ich nicht mal eine Aufenthaltsbewilligung.
Sie erhalten für diesen Monat 8500 Franken. Wie verprassen Sie dieses Geld?
Also verprassen werde ich es nicht. Ich werde einen Teil des Lohns auf die Seite legen, da ich nächstes Jahr nach Singapur gehe und dort das letzte Semester meines Bachelors absolviere. In Singapur sind die Kosten sehr hoch. Dann würde ich auch gerne noch etwas in Asien herumreisen und spare auch dafür. Im August werde ich zudem mit meiner Mama nach Tansania reisen, wo sie ein Hilfsprojekt unterstützt. Auch an diese Reise möchte ich etwas zahlen.
Andere Praktikanten bei Adecco verdienen aber nicht so viel. Wie finden Sie das?
Mein Bruder hat sich auch darüber lustig gemacht. Er hat mir ausgerechnet, wie viele Stunden er in seiner Lehre arbeiten gehen muss, um auf diesen Betrag zu kommen. Es ist für mich ein einmaliger Lohn für einen Monat. Andere Praktikanten arbeiten ein Jahr lang bei der Adecco Gruppe. Ich habe Riesenglück gehabt, diese Stelle zu erhalten! Ich hätte es auf jeden Fall auch ohne Lohn gemacht. Ich habe eigentlich bis zum Schluss gar nichts von dieser Entgeltung mitgekriegt.
Aber nochmals: Finden Sie Ihren Lohn gerechtfertigt?
Ich habe erst knapp eine Woche hinter mir und kann noch nicht genau sagen, wie gross mein Aufwand ist. Ich hätte das Praktikum auch ohne Lohn gemacht. Das stand nie im Vordergrund.
Sie haben jetzt auch noch die Gelegenheit, zum «Global CEO for One Month» zu werden. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Ich bin in einer WhatsApp-Gruppe mit den anderen Kandidaten. Ich mache mir da keine grossen Gedanken. Alles sind starke Mitbewerber und sie werden die Challenges sehr gut lösen. Ich werde mein Bestes geben und mich freuen, wenn es klappt.
Können Sie sich vorstellen, den Laden hier mal als CEO zu übernehmen?
Das ist aber grosse Zukunftsmusik (lacht). Ich mag das Unternehmen und kann mir vorstellen, auch in Zukunft hier wieder zu arbeiten. Ich würde mich dafür interessieren und mich hier auch engagieren. Aber per se zu sagen, ich bin in 20 Jahren CEO von Adecco, wäre zu weit hergeholt. Aber wer weiss.
Es braucht in der Schweiz mehr Frauen in Kaderpositionen. Sehen Sie sich auch in einer solchen Rolle?
Ich habe mir hohe Ziele gesetzt. Und ich weiss nicht, warum das nicht funktionieren soll. Frauen in meinem Alter sollen sagen: Ich kann mir vorstellen, in der Führungsetage zu sein. Das ist nicht selbstverliebt. Viele raten davon ab, aber ich stehe dazu: Ich möchte später gerne mal eine Führungsfunktion übernehmen.