Lange gefackelt hat Werner Baumann nicht. Nur Tage nach seinem Amtsantritt setzte der neue Bayer -Chef zum grossen Wurf an und machte im Frühjahr seine Übernahmeofferte für den US-Saatgutriesen Monsanto publik. Nun hat er den monatelange Übernahmepoker gewonnen. Knapp 66 Milliarden Dollar (rund 64 Milliarden Franken) legt Bayer für den umstrittenen Hersteller des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat auf den Tisch - die höchste Summe, die je ein deutscher Konzern für ein ausländisches Unternehmen gezahlt hat.
Will zu den Taktgebern zählen
Da gehört Mut dazu - Skeptiker würden sagen Chuzpe -, den viele dem Manager mit der runden Brille vielleicht nicht zugetraut hätten. Den Unmut vieler Bayer-Anleger über seine Zukaufspläne hat Baumann natürlich registriert, doch der Mann hat eine Vision: Schon bevor der 53-jährige den Niederländer Marijin Dekkers Anfang Mai bei dem Aspirin-Hersteller ablöste, waren sich Experten sicher, dass der vierfache Vater versuchen werde, in der Konsolidierung der Agrarchemie-Branche zu den Taktgebern zu gehören. «Er wird nicht zögern, einen Deal abzuschliessen, wenn der für Bayer passt», prophezeite damals ein Insider.
Bayer ist einer der weltweit führenden Hersteller von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut. Die Branche ist derzeit massiv in Bewegung. So schluckt derzeit der chinesische Staatskonzern ChemChina für 43 Milliarden Dollar den Schweizer Pflanzenschutzproduzenten Syngenta. Ende 2015 wurde bereits der Zusammenschluss der US-Konzerne Dow Chemical und Dupont zu einem neuen Branchenriesen auf den Weg gebracht.
Ein Eigengewächs
Mit Baumann hatte Bayer ein Eigengewächs zum Aushängeschild gemacht. Schon lange war der Wirtschaftswissenschaftler als Kronprinz von Dekkers gehandelt worden. Seit Mai ist Baumann, der seit 28 Jahren für den Konzern arbeitet, Chef von gut 115'000 Mitarbeitern auf allen Kontinenten. Der Krefelder kam direkt nach dem Studium in Aachen und Köln zu Bayer und war in diversen Funktionen unter anderem in Barcelona und den USA für das Unternehmen tätig.
Die Karriere des Bäcker-Sohn, der als Kind auch mal im väterlichen Geschäft mit anpacken musste, verlief steil. Nach der Übernahme von Schering 2006 war er eine der treibenden Kräfte der Integration des Berliner Unternehmens in den 1863 gegründeten Bayer-Konzern. Nachdem diese Aufgabe erledigt war, wurde er 2009 Finanzchef und fünf Jahre später Strategievorstand. In dieser Schlüsselrolle fädelte er die grössten Transaktionen des Konzerns ein und war federführend bei der Übernahme der Gesundheitspräparate-Sparte des US-Konkurrenten Merck vor zwei Jahren.
«Baumann wird unterschätzt»
Baumann selbst, der eine Leidenschaft für ältere Autos hat, beschreibt sich als eher introvertiert: «Ich spreche gerne vor Mitarbeitern, ich bin aber kein grosser Freund davon, die grosse Bühne zu haben.»
Allerdings hat er sich in der Branche längst einen Namen gemacht. Ein Investmentbanker, der eng mit dem neuen Bayer-Chef zusammengearbeitet hat, ist sich sicher: «Baumann wird unterschätzt.» Sollte ihm nicht nur die Übernahme von Monsanto sondern nun auch noch die erfolgreiche Integration des US-Saatgutriesen gelingen, wäre das mit Sicherheit nicht mehr der Fall. Mit dem Mega-Deal hat sich Baumann, der Anfang Oktober 54 Jahre alt wird, aber schon mal ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk gemacht.
(reuters/ccr)