Die Sonne ging nie unter im Reich des Werner K. Rey (72). Ihm gehörten die Schuhfirma Bally, der Industriekoloss Oerlikon, das Metallwerk Selve, der Jobvermittler Adia, der Maschinenkonzern Sulzer, die Fluggesellschaft Air Europe, der Mischkonzern Harpener, die Prüffirma Inspectorate. Auch die Medientitel «Weltwoche», «Sport» und «Bilanz» hatte er sich einverleibt. Rey, der Jäger und Sammler, galt mit 35 Jahren als Finanzgenie – bis es knallte.
Der Mann, der in den 1980er-Jahren mit Fremdkapital ein 12-Milliarden-Imperium zusammenschustert hatte, beim ersten Zinsanstieg pleite gegangen war und wegen Konkursvergehen vier Jahre Haft kassiert hatte, ging nach seiner Entlassung – im Jahr 2000 – auf Tauchstation. Seine Spur verlor sich in der Londoner City.
Umtriebig wie eh und je
Nun zeigen «Handelszeitung»-Recherchen: In den letzten 15 Jahren war Rey so umtriebig wie eh und je. Er investierte in karibische Hotelprojekte und in spanische Golfplätze, plante Bauprojekte in Buenos Aires, beriet Investoren, verklickerte Fiberglaskabel, finanzierte Kredite, beteiligte sich an Firmen. Sein altes Prinzip «Günstig kaufen, teuer abstossen» gilt weiter.
Oft stand und steht ihm bei den vielfältigen Deals Daniel Aegerter zur Seite. Der Schweizer Milliardär gilt als gewiefter Investor, sein Beteiligungsvehikel heisst Armada. Rey tritt als Berater der Finanzfirma Adurion Capital (heute: Aubaine Capital) auf, die zu Aegerters Armada-Gruppe gehört. Das illustre Duo hält sich bedeckt, Fragen beanworten sie keine.
Streit mit Geschäftspartner
Das mag an einem aktuellen Händel liegen: Rey, der Anreisser mit wechselhafter Karriere, hat Streit mit einem langjährigen Geschäftspartner. Früher hatte man nach unterbewerteten Objekten Ausschau gehalten, nun streitet man um Millionen.
Der einstige Rey-Freund stammt aus der Golfregion und wohnt am Genfersee. Engagiert ist er im Detailhandel, in der Öl-Exploration und im Immobilienhandel. 1999 wandte er sich an Rey, weil ihn gröbere Liquiditätsprobleme plagten. Gemeinsam mit Aegerter zimmerte Rey einen Rettungsring für seinen Freund aus alten Tagen.
Verbindung ins Ländle
Gratis war der Kollegendienst nicht: Für eine 3,5-Millionen-Finanzspritze musste der Schuldner eine Firma und eine Olivenfarm abtreten. Als sich seine Finanzlage trotz Kapitalzuschuss weiter verschlechterte, schloss er mit Rey im Herbst 2010 zwei Überbrückungskredite über zwei Millionen Dollar ab – zum wenig freundschaftlichen Zinssatz von 18 Prozent. Bei nicht fristgerechter Abzahlung sollte der Satz gar auf 20 Prozent steigen.
Das lukrative Geschäft wickelte Rey über die Strategic Immobilien AG in Vaduz ab, die bei einer Liechtensteiner Treuhandfirma domiziliert ist. Einiges deutet darauf hin, dass Rey an der Strategic Immobilien zumindest beteiligt ist und Vollmachten hat. Eine weitere Firma, Strategic Resources Ltd., bei der er ebenfalls das Sagen hat, ist auf den Bermudas domiziliert. Dorthin floh Rey, nachdem sein Firmenreich zusammengekracht war.
Millionenresidenz in London
Millionendeal hier, Kreditgeschäft dort: All die Rey’schen Aktivitäten dürften die Berner Behörden stutzig machen. Ein Gericht brummte dem Pleitier 1999 nämlich nicht nur vier Jahre Haft auf, sondern auch Verfahrenskosten über 4,3 Millionen Franken. Diese Strafe blieb Rey bisher schuldig. Stets beteuerte er nach seiner Entlassung, er verfüge über keine Assets mehr. Stattdessen führe er in London ein Rentnerdasein, ruhig und bescheiden.
Bescheidenheit ist freilich ein relativer Begriff. Rey wohnte im Reiheneinfamilienhaus westlich des Buckingham Palasts. Das Haus hat gemäss Branchenkennern einen Marktwert von 2 bis 3 Millionen Franken. Gehalten wird die Liegenschaft durch eine Immobilienfirma in Liechtenstein. In dieser sitzt auch – welch Zufall – ein Vertrauter aus alten Tagen. Es ist der ehemalige Chefjurist der Omni Holding, Reys einstiger Dachfirma.
In Handschellen im Charterjet
Derweilen warten die Berner Behörden weiter auf die Millionen. «Die dem Kanton Bern geschuldeten Verfahrenskosten hat Rey – seinem Charakter entsprechend – nicht bezahlt», sagt Staatsanwalt Beat Schnell.
Keiner kennt Rey so gut wie er: Schnell stöberte ihn auf den Bahamas auf, brachte ihn in Handschellen per Charterjet zurück in die Schweiz und klagte ihn an. An ein Happy End glaubt er kaum mehr. «Obwohl wir vom Haus in London, das wohl seiner Frau gehört…, wussten, konnte der Kanton Bern die Verfahrenskosten leider nicht zwangsweise eintreiben.»