Dabei plädiert er für Optimismus: «Weniger jammern, mehr tun», ist seine Devise.

Was haben Baukonzerne wie die Batigroup (4000 Beschäftigte) oder Zschokke (3000 Beschäftigte) und ein Kundenmaurer mit vier bis fünf Angestellten gemeinsam? Beide sind Mitglied des Schweizerischen Baumeisterverbandes. Ihre Interessen aber sind oft gegensätzlich. Der Mann, der sie zusammenhalten soll, heisst seit 1. Januar Werner Messmer. «Die Bedeutung des Verbandes ist mir recht früh ans Herz gewachsen», sagt der neue Baumeisterchef zu seiner Motivation, den schwierigen Job anzutreten. Als er 20 war, wählten die Baumeister seinen Vater an die Spitze des SBV. Willy Messmer, kürzlich verstorben, blieb während 16 Jahren Präsident und wurde in der Branche eine legendäre Figur.

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Dieses Erbe wiegt weniger schwer als dasjenige, das der neue Chef von der bisherigen Führung des SBV übernommen hat. Messmer sieht sich nicht nur mit einer sehr heterogenen Mitgliedschaft konfrontiert, sondern auch mit einem aufgebrauchten Verbandsvermögen von einem gigantischen EDV-Debakel aufgefressen und einer abbröckelnden Gefolgschaft. Besonders deutlich wurden die Spannungen im letzten Herbst beim Streit um den Flexiblen Altersrücktritt (FAR). Die Grossunternehmen, dem FAR gegenüber positiv eingestellt, fühlten sich von der bremsenden Masse der Kleinen dominiert.

Wirtschaftlich haben sich die Gewichte in den letzten Jahren zu Gunsten der grossen Anbieter verschoben. Während der Marktanteil der Bauunternehmen mit über 200 Beschäftigten von 1998 bis 2001 von 18 auf 26% wuchs, schrumpfte das Kuchenstück der ganz Kleinen (1 bis19 Beschäftigte) von 9 auf 6% und dasjenige der Firmen mit 20 bis 49 Beschäftigten von 22 auf 18%. Doch die seit Jahren geforderte grosse Flurbereinigung, von der man sich einen Abbau der Überkapazitäten und bessere Preise erhofft, fand nicht statt. Zwar wurden in der Krise der 1990er Jahre rund 45% der Beschäftigten abgebaut, die Zahl der Betriebe hingegen verringerte sich nur um 24%.

Die Probleme endlich Anpacken

«Wir kennen das Problem und haben es nicht im Griff», stellt Werner Messmer trocken fest. Die Eintrittsschwelle in die Branche sei «unerhört tief». Kleinstunternehmer würden heute auch für mittelgrosse Bauten offerieren, Maschinen, Material und Personal können sie problemlos dazumieten. In den Clinch kommen in erster Linie die mittleren Betriebe mit 25 bis 60 Beschäftigten.

Verstärkt haben sich auch die Differenzen zwischen blühenden und darbenden Regionen. Dies führte, im Gefolge des Konflikts um den FAR, zum kollektiven Austritt der rabiaten Sektion St. Galler Rheintal. Den Austritt beschlossen haben auch die Delegierten des Holzbaus, womit der SBV auf einen Schlag 900 seiner rund 3900 Mitglieder zu verlieren droht. Die geplante Abspaltung dürfte allerdings noch manchen Knatsch heraufbeschwören, insbesondere mit den Gewerkschaften, welche die Holzbauer nicht aus dem Landesmantelvertrag und der Regelung für den FAR entlassen wollen.

Anpacken muss der Verband zudem die längst fällige Gesamterneuerung seines mittlerweile 30 Jahre alten Ausbildungszentrums in Sursee LU. Die «einigen 10 Mio Fr.», die das Vorhaben gemäss Messmer schnell einmal kosten wird, müssen vermutlich mit einer Spezialfinanzierung aufgebracht werden. Höhere Mitgliederbeiträge kommen für Messmer «nicht in Frage».

Mehr Effizienz und Zusammenhalt

Die Stärkung des inneren Zusammenhalts ist für Messmer «Hauptanliegen Nummer eins». Den an allen Ecken und Enden aufgetauchten Schwierigkeiten versucht der SBV, dessen Führung vor dem Stabwechsel einer zunehmenden Erosion ausgesetzt war, mit einer Strukturreform zu begegnen. Ziel ist die Steigerung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit; die Leistungen des SBV sollen kundengerechter angeboten werden. Der Verband müsse, erläutert Messmer, seine Aufgaben definieren und entscheiden, wo diese am besten gelöst werden könnten: In der Zentrale, in den Regionen und Fachgruppen oder allenfalls durch Dritte.

Laut der Verbandszeitung ist man auf gutem Wege. Die Arbeit des neu zusammengesetzten Zentralvorstandes wird gelobt, und letzte Woche war im Bericht über eine Geschäftsführerkonferenz von «Aufbruchstimmung» und einem «konstruktiven Klima» die Rede. Messmer, quasi oberster Motivator, gab den Geschäftsführern die Botschaft mit, die Branche müsse vom ständigen Jammern wegkommen und tatkräftig darauf hinarbeiten, dass es ihr besser gehe.

Das Verhältnis zu den Gewerkschaften will Messmer «auf einen völlig anderen Boden stellen»; er will wieder Vertrauen aufbauen. Für ihn sind Baumeisterverband und Gewerkschaften «eindeutig eine Schicksalsgemeinschaft». Die Sozialpartner würden in verschiedenen Institutionen gut zusammenarbeiten und sollten, fordert Messmer, weitere Projekte gemeinsam anpacken: So in der Aus- und Weiterbildung, oder im Rahmen der Anstrengungen, das Image der Branche in der Öffentlichkeit zu heben. Die ausgestreckte Hand scheint ernst gemeint zu sein. An einem Auftritt bei der Ostschweizer GBI (Gewerkschaft Bau und Industrie) war Messmer gemäss GBI-Zeitung «sichtlich bemüht, das Image als Hardliner abzustreifen».

Rechts in der FDP

Auf der politischen Bühne spielt Messmer, der in seinen ersten Nationalratsjahren kein grosses Profil gewonnen hat, eine konservative Rolle. Seine Zugehörigkeit zum rechten Flügel der FDP wird klar, wenn er auf Steuern, Staatsquote und Investitionen zu sprechen kommt. Der Staat muss seiner Ansicht nach sparen, für die Bauwirtschaft aber mehr ausgeben und «als verlässlicher Investor dem Baugewerbe eine Grundauslastung verschaffen». Kürzungen verlangt Messmer, der im Nationalrat in der Finanzkommission und der Kommission für öffentliche Bauten sitzt, im Sozialbereich, bei der Bildung, bei Förder- und Forschungsprogrammen.

Beim Mieterschutz will er «das Rad wieder zurückdrehen». Vermehrt politisch Einfluss nehmen möchte Messmer auch mit dem SBV. «Wir dürfen uns nicht nur dann einmischen, wenn es unsere ureigensten Interessen betrifft», stellt er fest. Der SBV müsse mehr gesamtheitlich mithelfen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu fördern. Dann profitiere das Baugewerbe «automatisch».

Es gibt wohl nur wenige Söhne, deren Karriere derart auf Schritt und Tritt derjenigen des Vaters gleicht: Im Präsidium des Thurgauischen Baumeisterverbandes, das Messmer nach 16 Jahren abgegeben hat, trat er ebenso in die Fussstapfen seines Vaters wie als FDP-Nationalrat und als Präsident des Evangeliumsrundfunks Schweiz. Vom Vater übernahm Messmer, als Hochbauzeichner, Maurer, Baupolier, Bauführer und Baumeister ausgebildet, auch das 1912 gegründete Familienunternehmen in Sulgen TG, dessen operative Leitung er mittlerweile der vierten Generation weitergegeben hat. Die Baufirma beschäftigt rund 40 Personen, gehört also in die Kategorie, die am meisten gefährdet ist. Messmers Vorgänger im Amt des SBV-Präsidenten, Heinz Pletscher, musste sein Unternehmen im Klettgau während seiner Präsidialzeit schliessen.

Engagement für dieReligion und Musik

Sein religiöses Engagement verbirgt Messmer nicht, im Gegenteil. Er scheut sich nicht, an einem Frauenfrühstück darzulegen, warum er betet, er ist fasziniert von Pfarrer Ernst Sieber, und an der SBV-Generalversammlung wies er nach seiner Wahl auf seinen Glauben hin, was, wie er gegenüber dem «Chrischona-Magazin» festhielt, zahlreiche positive Reaktionen ausgelöst habe. Gegen die Fristenlösung kämpfte Messmer an vorderster Front in einem von evangelikaler Seite hergestellten Video.

Auf eine einsame Insel würde er sein Blasinstrument, die Bibel und das Handy mitnehmen, «damit ich mich melden kann, wenn ich genug von der Einsamkeit habe». Als Solist der Brass Band der Freien Evangelischen Gemeinde Sulgen fällt der Hornist Messmer durch eine gefühlvolle Interpretation und technisch perfekt gespielte Läufe auf. Die Blasmusik gehört neben Rad fahren und Wandern zu seinen Hobbys, die Expo.02 war ihm «zu intellektuell». Seine militärische Karriere beendete Messmer, in der Panzertruppe gross geworden, als Oberst.



Steckbrief

Name: Werner Messmer

Geboren: 25. Oktober 1945

Zivilstand: Verheiratet, vier Kinder

Wohnort: Kradolf TG

Ausbildung: Dipl. Baumeister

Funktion: Präsident Schweizerischer Baumeisterverband, Nationalrat (FDP) seit 1999

Schlagworte

Finanznot: «Um ein Ziel ernsthaft zu verfolgen, ist der finanzielle Druck oft der beste.»

Beten: «Ich bete, weil ich die Kraft Gottes bei mir, in meiner Familie und in unserer Gesellschaft zur Wirkung bringen lassen will.»

Hardliner: «Diesen Ruf habe ich mir wohl eingehandelt, weil ich sehr ehrlich und offen meine Meinung sage.»