Gegen die Übernahme der israelischen Osem durch den Nahrungsmittelkonzern Nestlé regt sich Widerstand. Das Angebot des Schweizer Unternehmens sei zu niedrig, erklärte die Beratungsfirma Entropy. Die israelische Gesellschaft Entropy empfiehlt Grossanlegern, die zu ihren Kunden gehören, die Offerte des Weltmarktführers bei der Abstimmung am 17. März abzulehnen.

Nestlé hält bereits 63,7 Prozent an Osem und bietet 82,5 Schekel pro Aktie oder insgesamt 3,3 Milliarden Schekel (rund 840 Millionen Franken) für den Rest. Osem bezeichneten das Angebot von Nestlé als fair.

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Bedeutender Zukauf nach Jahren der Zurückhaltung

Der Kauf der israelischen Osem wäre der erste bedeutendere Zukauf im Lebensmittelbereich für Nestlé seit der Übernahme der Babynahrungsgeschäftes des amerikanischen Pharmaherstellers Pfizer 2012.

Der geplante Deal markiert also die Rückkehr von Nestlé auf die Bühne der grossen Transaktionen im Nahrungsmittelgeschäft. Und sie könnte der Vorbote ähnlich gelagerter Geschäfte in anderen, weit gewichtigeren aufstrebenden Märkten sein. «Wir werden womöglich noch weitere Transaktionen dieser Art sehen», sagte Alain Oberhuber, Analyst der MainFirst Bank, kürzlich gegenüber der «Handelszeitung».

Noch weitere Töchter in Teilbesitz

Denn in einigen Ländern gehören die Töchter meist aus historischen Gründen noch nicht vollständig der Muttergesellschaft in Vevey. Die da unter anderem sind: Nestlé Côte d'Ivoire (86,5 Prozent), Nestlé Ghana (76 Prozent), Bahrain (49 Prozent), aber auch Schwergewichte wie Nestlé Nigeria (63,5 Prozent) – und allen voran Nestlé India (62,8 Prozent). Indien ist neben China der wichtigste Wachstumsmarkt überhaupt.

Es sei von Vorteil, gerade im zurzeit volatilen Umfeld, ein Tochterunternehmen zu 100 Prozent zu kontrollieren, sagt Romano Monsch, Nestlé-Analyst bei der Credit Suisse. «Der Handlungsspielraum ist grösser und das macht es einfacher, auf schwierige Situationen zu reagieren».

Umsatz von 1 Milliarde Franken

Osem macht pro Jahr umgerechnet rund 1 Milliarde Franken Umsatz. Die operative Marge habe in den letzten Jahren eine leichte Verbesserung erfahren, sagt Gil Dattner, Analyst bei der israelischen Bank Leumi. Zurzeit liege sie bei 13 Prozent. Zum Vergleich: 2014 lag die operative Marge des Konzerns bei 15,3 Prozent, gleich hoch wie diejenige in der Zone Europa, zu der Israel gehört.

Bekanntestes Produkt von Nestlé in Israel ist «Bamba». Das ist ein Snack, ohne den Israelis aller Altersgruppen, ob zu Hause oder unterwegs, nicht auskommen. «Bamba» gehört zu den ersten Wörtern, welche israelische Kleinkinder ¬lernen. Eine Million Packungen gehen täglich über den Ladentisch, bei einer Bevölkerung von acht Millionen Menschen.

Selterner allergisch auf Erdnussbutter

«Bamba» gibt es seit den 1960er-Jahren, als die Tüftler von Osem auf die Idee kamen, ihre Maispuffer mit Erdnussbutterpulver zu überziehen statt mit Käse, einem Produkt, das industriell nur mit grossem Aufwand koscher hergestellt werden kann. 2015 stellen Forscher fest, dass israelische Kinder deshalb weniger häufig gegen Erdnussbutter allergisch sind als ihre westlichen Altersgenossen, weil sie schon mit wenigen Monaten «Bamba» essen.

Doch der israelische Nahrungsmittelmarkt ist anspruchsvoll. Die hohen Lebensmittelpreise sind ein Dauerthema. Vor vier Jahren kam es deswegen zu wochenlangen Protesten. Zudem braucht es eine behördliche Bestätigung, dass die Produkte koscher hergestellt sind – und die führt zu höheren Kosten.

Zeitpunkt der Übernahme günstig

Osem habe in den letzten Jahren leicht Marktanteile verloren in Israel, vor allem an Billiganbieter, sagt Gil Dattner von Leumi. Die Nase vorn hat mit einem Marktanteil von 10 Prozent Tnuva, die Nestlé-Tochter liegt hinter der Strauss Group auf dem dritten Platz. Ihr Aktienkurs hat im letzten Jahr ziemlich gelitten, der Zeitpunkt für die Vollübernahme ist deshalb günstig.