Das neue Mega-Pumpspeicherkraftwerk Limmern im Glarnerland ist noch gar nicht am Netz und ist schon ein Fall für die Gerichte. Hauptbesitzerin Axpo fordert vom Kanton als Minderheitsaktionär eine Beteiligung an den erwarteten Millionendefiziten. Glarus sperrt sich.
Der Kanton Glarus hat für den Fall einer Niederlage vor Gericht bereits 15 Millionen Franken beiseite gelegt, wie letzten Dienstag bei der Präsentation der Glarner Jahresrechnung 2016 bekannt wurde. «Es handelt sich um eine substantielle Meinungsverschiedenheit zwischen Partnern, die Jahrzehnte gut zusammengearbeitet haben», erklärte Landammann Robert Widmer der Nachrichtenagentur sda auf Anfrage.
Seit den 1960er-Jahren besitzen Axpo und Glarus gemeinsam die Kraftwerke Linth-Limmern (KLL) und nun auch das Pumpspeicherwerk als deren Ausbaustufe. Die Auseinandersetzung könnte für die Partnerschaft von Privatwirtschaft und öffentlicher Hand zu einer echten Belastungsprobe werden, wenn die Strompreise noch Jahre tief blieben, meinte Widmer.
Jahrhundertbauwerk der Superlative
Das Pumpspeicherwerk Limmern in Linthal ist ein Jahrhundertbauwerk der Superlative: 2,1 Milliarden Franken teuer hat es eine Leistung von 1000 Megawatt, vergleichbar mit jener des Kernkraftwerks Gösgen. Erst letzten September wurde die längste Staumauer der Schweiz medienwirksam eingeweiht. Die Axpo hält am Kraftwerk 85 Prozent, der Kanton Glarus den Rest.
Noch bevor Mitte Jahr das Mega-Kraftwerk ans Netz geht, ist klar, dass die Anlage zumindest in naher Zukunft nur Defizite schreiben wird. Seit dem Baubeschluss im 2009 verschlechterten sich die Marktbedingungen für die Wasserkraft stark und die Strompreise erodierten.
Die Axpo, wie viele Schweizer Energiekonzerne finanziell unter Druck, fordert darum von Glarus, sich entsprechend seiner Kapitalbeteiligung von 15 Prozent an den erwarteten Betriebsdefiziten zu beteiligen. Der Kanton rechnet mit jährlichen Kosten von 9 bis 11 Millionen Franken und weigert sich, diese Summe zu zahlen.
Stromsubventionierung mit öffentlichen Geldern
Glarus beteiligt sich zwar weiterhin an den Kosten der alten, ebenfalls defizitären KLL-Anlage, weil der Kanton von dort Strom bezieht. Bei der neuen Ausbaustufe aber stellt sich Glarus auf den Standpunkt, dass der Kanton sich nicht an den Kosten beteiligen muss, weil er keinen Strom vom Pumpspeicherwerk beziehen wird.
Die Axpo hingegen will, dass sich das Glarnerland gemäss seiner Kapitalbeteiligung an den Kosten der alten und der neuen Anlagen beteiligen muss - unabhängig vom Strombezug. «Die öffentliche Hand soll sich an den Defiziten des Kraftwerkes beteiligen», erklärt Widmer die Axpo-Forderung. Das wäre dann nichts anderes als die Subventionierung des Wasserkraftstromes mit öffentlichen Geldern.
Ordnungspolitisch sei das problematisch. Zudem wäre der geforderte Defizitanteil für den Kanton eine schmerzliche Summe. Sie liege in der Grössenordnung der gesamten jährlichen Ausgaben für den öffentlichen Verkehr.
Einigkeit im Grundsatz, Uneinigkeit im Detail
Dass der entsprechende Teil der Jahreskosten des Pumpspeicherwerks durch den Kanton Glarus oder die Axpo Power AG zu tragen sei, werde von keinem der beiden Aktionäre in Frage gestellt, erklärte Axpo-Mediensprecher Tobias Kistner.
Uneinigkeit herrsche über das Verhältnis, in dem diese Kosten von den beiden Aktionären zu übernehmen sind. Gegenstand der Auseinandersetzung ist der Gründungsvertrag der Kraftwerke Linth-Limmern von 1960.
Nachdem mehrere Gespräche zwischen den Parteien keine Einigung brachten, lassen Axpo und Glarus die Streitfrage nun juristisch klären, wie Kistner sagte. Der Kanton bestätigt dies und bedauert gleichzeitig, dass keine aussergerichtliche Einigung erzielt werden konnte. «Nun wird die Axpo mit einer Klage den ersten Schritt machen» sagte Landammann Widmer.
Entscheiden wird zuerst ein Schiedsgericht, aller Voraussicht nach ein Obergericht eines Kantons ohne Beteiligung an der Axpo. Der Entscheid könnte danach ans Bundesgericht weitergezogen werden.
(sda/ccr)
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