BILANZ: Herr Kohler, was haben Sie gegen Wettbewerb?
Ernst Kohler: Gar nichts. Ich bin ein liberal denkender Mensch.
Wie bitte? Weshalb goutieren Sie dann nicht, dass der TCS nun auch Rettungsflüge anbietet?
In unserer Gesellschaft gibt es wenige Bereiche, in denen ein Monopol eher positiv ist, wie eben in der Luftrettung. Die Luftrettung ist kein Markt. Entweder jemand bricht sich das Bein in den Bergen, oder er bricht es sich nicht. Das ist nicht steuerbar. Konkurrenz geht letztlich zuungunsten der Patienten.
Der TCS fliegt mit einem einzigen Helikopter ab Birrfeld AG. Davor fürchten Sie sich?
Es ist doch nicht in Ordnung, wenn ein kommerziell und gewinnorientiert tätiges Unternehmen wie Alpine Air Ambulance (AAA), an dem der TCS 49 Prozent hält, Luftrettung betreibt. Damit erschafft sich der TCS Vorteile auf Kosten einer flächendeckenden Service-public-Leistung. Unser Netz ist höchst defizitär, und jede der zwölf Einsatzbasen schreibt jährlich zwei bis drei Millionen Franken Verlust. Diesen Service können wir nur anbieten, weil wir ihn über Gönnerbeiträge finanzieren können.
Legitim ist es trotzdem.
Der TCS kann das Angebot nur anbieten, weil er weiss, dass die Rega die defizitäre Grundversorgung sicherstellt. Wird der TCS-Helikopter gewartet, muss die Rega einspringen. Ist er auf einem Rückflug aus dem Ausland, muss die Rega einspringen.
Trotzdem intervenierten Sie bei der Aargauer Gesundheitsdirektorin.
Da muss ich korrigieren. Die Regierung hat uns zuerst gebeten, die Firma AAA in das Einsatzdispositiv der Rega zu integrieren. Wenn das Sinn macht, wenn die Qualität stimmt, dann machen wir das. Es bestehen noch zu grosse Fragezeichen, deshalb empfahl ich, vorerst beim Status quo zu bleiben.
Wann binden Sie den TCS-Helikopter ins Rega-System ein?
Die Diskussionen mit TCS und AAA laufen. In diesen Tagen finden weitere Gespräche statt, um Lösungen zu finden.
Welche Punkte müssen erfüllt sein?
Der Helikopter muss während des Fluges Positionsdaten übermitteln können, er muss für den Nachteinsatz ausgerüstet sein und mit den Einsatzzentralen im Flug kommunizieren können. Wenn ein privater Anbieter bereit ist, sich am Service public zu beteiligen, dann ist das eine Bereicherung. Aber die Qualität muss stimmen.
Ernst Kohler: Der gelernte Elektromonteur ist seit 2006 CEO der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega). Zuvor war der 50-Jährige Mitglied der Geschäftsleitung der Betriebe Luftwaffe und führte den Betrieb Berner Oberland.