SWISSFIRST. Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Noch müssen die Gerichte ihr Verdikt fällen in einer zur «Affäre», ja zum eigentlichen «Skandal» hochstilisierten Auseinandersetzung zwischen dem Swissfirst-Gründer Thomas Matter und seinem Gegenspieler Rumen Hranov. Trotz der hängigen Zivil- und Strafverfahren liess es sich Thomas Matter nicht nehmen, im Buch «Swissfirst – Die verlorene Ehre einer Schweizer Bank» seine persönliche Sicht auf «den Aufbau und die Zerstörung seines Lebenswerks» zu beschreiben.
Eine Frage der Kommunikation
Welche Lehre können Unternehmen aus dieser Geschichte ziehen? Matter hat laut eigenen Worten die institutionelle Kommunikation unterschätzt. «In der Tat haben wir den Zusammenschluss der beiden Finanzinstitute der interessierten Öffentlichkeit nur ungenügend kommuniziert, uns in der Folge weiterhin weitgehend passiv verhalten und dem Sturm, der zum Orkan wurde, viel zu spät viel zu wenig entgegensetzt.» Diese Passivität war für die Swissfirst fatal. Denn Matters Gegenspieler hat über die Medien eine Kampagne inszenieren lassen, die Matter letztlich zum Rücktritt zwang.Trotzdem ist das Buch keine polemische Abrechnung mit seinen Gegnern. Vielmehr schreibt Matter eine spannende und engagierte Analyse, die er mit Fakten, Dokumenten und zahlreichen Zeitungsartikeln unterlegt und die sich wie ein Kriminalroman liest. Da verschwinden geheime Listen aus der Bank, und es werden Dokumente gefälscht. Personen werden von Detektiven überwacht und in flagranti erwischt, es finden Hausdurchsuchungen statt. Thomas Matter, der «ins Epizentrum einer Rufmordkampagne» geriet, versucht zu verstehen, wie es kommen konnte, dass das in einem Rechtsstaat oberste Gebot der Unschuldsvermutung derart gravierend verletzt werden konnte – und zwar nicht nur von den Medien, sondern auch von Politikern, Staatsanwälten und selbst vom Bundesrat. Auch vor diesem Hintergrund ist das Buch eine lohnende Lektüre. Denn es zeigt auf, welch verheerende Wirkung Vorverurteilungen und Hetzkampagnen haben. Der «Blick» und der «SonntagsBlick» entschuldigten sich öffentlich bei Thomas Matter und bei Jürg Maurer, Anlagechef der Rieter-Pensionskasse.
Einzig EBK hat gerügt
Die Anwürfe waren happig: Schmiergeldzahlungen und Insidergeschäfte, damit die komplizierte Fusion zwischen den beiden Banken Swissfirst und Bellevue überhaupt zustande kommen konnte. Verschiedene interne und externe Untersuchungen haben indes nichts Irreguläres geortet. Einzig die Eidgenössische Bankenkommission erteilte Matter eine Rüge: Die Fusion Swissfirst/Bank Bellevue habe zwar den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen nicht widersprochen, sei aber «mit Interessenkonflikten und Informationsasymmetrien» verbunden gewesen.Sollten die Gerichte die Beweise Matters stützen, dann ist der inszenierte Fall Swissfirst für die Schweizer Wirtschaftsgeschichte ebenso einzigartig wie skandalös – allzu passive Kommunikation hin oder her.