Die Bankfiliale stirbt einen langsamen Tod. Angesichts rekordniedriger Zinsen, die die Erträge vieler Instiute schmälern, und dem Boom beim Online-Banking gibt es immer weniger Zweigstellen - so etwa in der Schweiz aber auch in Deutschland, wo die Anzahl allein im vergangenen Jahr um mehr als 2000 gesunken ist. Doch es gibt auch Banken, die sich dem Trend wiedersetzen.

Dazu zählen die Oberbank, die Deutsche Apotheker- und Ärztebank sowie die Banque CIC Suisse, die zur internationalen Bankengruppe Crédit Mutuel-CIC gehört. Sie alle eröffnen Filialen, während die Konkurrenz aus Kostengründen immer mehr Standorte schliesst.

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«Ausbau lohnt sich für uns»

«In der Bewegung gegen den allgemeinen Markttrend fühlen wir uns sehr wohl», sagt Franz Gasselsberger, Generaldirektor der österreichischen Oberbank, gegenüber Bloomberg. «Der Ausbau des Filialnetzes lohnt sich für uns auch im derzeitigen Niedrigzinsumfeld. Seit 25 Jahren entwickelt sich der Jahresüberschuss parallel zur Filialanzahl.»

Im Jahr 1990 erwirtschaftete die Oberbank bei 85 Filialen einen Überschuss vor Steuern von 19,5 Millionen Euro, 2016 waren es bei 159 Filialen bereits 219,1 Millionen Euro. Jetzt plant das Unternehmen acht weitere Eröffnungen - zwei in Deutschland, zwei in Österreich, und jeweils zwei in Tschechien und Ungarn. Bis 2020 soll das Netz auf 175 Standorte anwachsen.

«Gespräch mit dem Berater ist unersetzlich»

Auch die Deutsche Apotheker- und Ärztebank setzt auf die Filiale. Im vergangenen Jahr kamen bei dem Kreditinstitut drei neue Beratungsbüros in Mainz, München und Frankfurt hinzu, in diesem Jahr folgt Bochum. Derzeit verfügt die Bank über insgesamt 84 Standorte in Deutschland.

«Für unsere Kunden ist und bleibt die Filiale eine wichtige Anlaufstelle», sagt Andreas Onkelbach, Leiter Vertriebsmanagement Privatkunden bei dem Institut aus Düsseldorf. «Die Standardüberweisung erledigen Kunden meistens online. Wenn es aber um eine komplizierte Existenzgründung, die Altersvorsorge oder den Vermögensaufbau geht, dann ist das Gespräch mit dem Berater unersetzlich.»

Fokus auf optimale Dienstleistung

In der Schweiz ist es vor allem die Banque CIC Suisse, die mit ihren Expansionsplänen hervorsticht. Sie will bald in St. Gallen eine neue Geschäftsstelle eröffnen. Neben ihrem Hauptsitz in Basel betreibt sie auch noch Filialen in Zürich, Genf, Lausanne, Neuchâtel, Fribourg, Sion und Lugano.

«Wir verfolgen eine langfristige Strategie», sagt Thomas Müller, CEO der Bank CIC Suisse, gegenüber Bloomberg. «Unser Fokus ist auch heute eine optimale Dienstleistung für unsere Kunden zu einem attraktiven Preis, und nicht das Kostensenken. Aus diesem Grund legen wir vor allem Wert auf allerhöchste Qualität unserer Berater, die unabhängig von der Zins- oder Marktlage unsere Kunden partnerschaftlich begleiten.»

Von 4200 auf 3100 Niederlassungen in der Schweiz

In der Schweiz wurde seit 2004 jede zehnte Bankfiliale geschlossen. Rund 3100 Niederlassungen gibt es heute – 1993 waren es noch 4200. Dann setzte die Fusionswelle bei den Gross- und Regionalbanken einen Schrumpfungsprozess in Gang, der bis heute anhält. Der Abbau dürfte weitergehen: Eine Studie des Beratungsunternehmens EY zeigt, dass 85 Prozent der befragten Bankinstitute damit rechnen, dass es 2020 in der Schweiz deutlich weniger Bankfilialen als heute geben wird.

Ein ähnliches Bild zeigt sich im nördlichen Nachbarland: Laut Deutscher Bundesbank war die Anzahl der Zweigstellen von Kreditinstituten in Deutschland im vergangenen Jahr um 2019 auf damit 32'026 gesunken. Der rückläufige Trend ist seit langem zu beobachten. Zum Vergleich: 2013 lag die Anzahl den Daten zufolge noch bei 36'196 Filialen.

29 Prozent weniger Filialen bis 2025

Bestes Beispiel für den Trend in der Branche ist die Deutsche Bank. In den Jahren 2015 und 2016 hatte das Kreditinstitut in Deutschland etwas mehr als 720 Filialen einschliesslich der Berliner Bank, aber ohne die Postbank. Ende 2017 werden es nur noch 535 Filialen sein, wie die Bank auf Nachfrage von Bloomberg bestätigte.

Das Tempo der Filialschliessungen bei deutschen Banken und Sparkassen dürfte sich in den nächsten zehn Jahren sogar noch einmal deutlich beschleunigen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der auf den Finanzmarkt spezialisierten Managementberatung Investors Marketing unter mehr als 100 Führungskräften von Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsinstituten, die im vergangenen Monat veröffentlicht wurde. Die Top-Entscheider rechnen demnach mit 29 Prozent weniger Filialen bis 2025.

Kosteneinsparungen notwendig

Einigkeit herrscht unter den Befragten über die Gründe für den beschleunigten Rückgang. Insbesondere die Regionalbanken müssten massiv Kosten sparen, um die stark rückläufigen Zinsüberschüsse auszugleichen und gleichzeitig die digitalen Kanäle auszubauen, heisst es in der Erhebung.

Auch die Anzahl der Banken in Deutschland werde in den nächsten Jahren wohl weiter zurückgehen. Die Top-Entscheider sehen der Befragung zufolge rund 20 Prozent weniger Banken bis 2025. Nach Statistiken der Deutschen Bundesbank sank die Anzahl der Kreditinstitute 2016 auf 1888, verglichen mit 1960 ein Jahr zuvor.

Gasselsberger von der Oberbank ist sich dennoch sicher: «Unsere Filialexpansion macht Sinn». Sein Unternehmen habe kein überdimensioniertes Netz und führe Filialen nur in wirtschaftlich attraktiven Regionen, in Ballungszentren und Bezirksstädten. Zudem seien reine Abwicklungstätigkeiten in den letzten Jahren aus den Filialen genommen und zentral organisiert worden. «Deshalb sind die neuen Filialen nicht Kostentreiber, sondern Erfolgstreiber.»

(bloomberg/ccr)

Die Schliessfächer-Gebühren der Schweizer Banken im Vergleich: