Der Bundesrat will Postfinance erlauben, Hypotheken und Kredite zu vergeben. Gleichzeitig stellt er die teilweise Privatisierung der Post-Tochter zur Diskussion. Er hat am Freitag die Vernehmlassung zu einer entsprechenden Gesetzesänderung eröffnet.
Den Grundsatzentscheid hatte der Bundesrat schon im Herbst 2018 gefällt. Hintergrund ist die Ertragslage des Unternehmens, die sich aufgrund der anhaltend tiefen Zinsen laufend verschlechtert hat.
Nach Angaben des Bundesrats ist dadurch der Unternehmenswert gesunken. Die Fähigkeit, Eigenkapital aufzubauen oder Dividenden auszuschütten, habe sich vermindert. «Die Finanzierung der Grundversorgung wird erschwert», schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung.
Klimafreundliche Kredite
Die Vernehmlassungsvorlage sieht vor, dass Postfinance Zugang zum Kredit- und Hypothekarmarkt erhält. Kredite sollen lediglich im Umfang der Kundeneinlagen vergeben werden, die dem Unternehmen aufgrund des Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr zufliessen.
Der Bundesrat erwartet, dass sich dadurch die Ertragskraft von Postfinance verbessert und das Anlagerisiko für die Kundengelder kleiner wird.
Der Bundesrat liebäugelt mit CO2-Vorgaben
Negative Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität befürchtet er nicht, da der Eintritt in den Kredit- und Hypothekarmarkt schrittweise über mehrere Jahre hinweg erfolgt. Der Bundesrat weist auch auf seine Möglichkeit hin, dem Unternehmen Vorgaben bezüglich einer klimafreundlichen Kreditvergabepolitik zu machen.
Um die notwendigen Eigenmittel aufzubringen, soll das Aktionariat geöffnet werden. Heute gehört die Post und damit deren Tochter Postfinance dem Bund zu 100 Prozent. Über die Post soll der Bund weiterhin eine Mehrheitsbeteiligung am Unternehmen halten. Der Zeitpunkt der Teilprivatisierung bleibt offen.
Garantie vom Bund
Bis der Post Kapital von aussen zufliesst, könnte der Bund in die Bresche springen. Mit der Vernehmlassungsvorlage stellt er eine befristete Kapitalisierungszusicherung durch den Bund zur Diskussion. Damit sollen die Eigenkapitalanforderungen erfüllt werden, sofern Postfinance oder das Mutterhaus dies nicht aus eigener Kraft schaffen. Postfinance gehört zu den systemrelevanten Banken.
Mit dem Grundsatzentscheid von 2018 hatte der Bundesrat eine Kehrtwende vollzogen. Mit dem neuen Postorganisationsgesetz erhielt Postfinance zwar eine Bankenlizenz. Den Einstig ins Kredit- und Hypothekargeschäft schloss der Bundesrat in der Botschaft von 2009 aber kategorisch aus.
Damals beurteilte er die Tätigkeit des Unternehmens im inländischen Markt noch als Risiko. Zudem gebe es bereits ein ausreichendes Angebot, hiess es. Mit der Finanzkrise und der darauffolgenden Tiefzinsphase hat sich diese Beurteilung geändert.
(awp/mbü)