Der Schuhmarkt sumpft sich durch die tiefste Branchenkrise seit Menschengedenken. Pasito-Fricker schliesst Filialen, der Weltkonzern Bata zieht sich aus der Schweizer Fläche zurück, und Vögele Shoes wird gemäss Branchenleuten für eine einstellige Millionensumme zum Verkauf angeboten – inmitten dieser Totentänze greift Navyboot an. «Inhaltlich und punkto Markenwerte ist es ein ‹back to the roots›», sagt Eigentümer Philippe Gaydoul. Sortiment, Logistik, Preisgestaltung, Vertrieb und Verkaufsstellen, «es gibt nichts, was wir nicht anfassen».
Die Kollektionen haben künftig «weniger Breite, aber mehr Tiefe». Will heissen: Die bisherige Überfülle an Modellen wurde ausgedünnt. Was verbleibt, wird dafür weiter aufgefächert: Gab es früher diverse Damenballerinas, so gibt es jetzt einen, den Verkaufsschlager – den aber in einer ganzen Farbpalette. Gürtel, Taschen, Accessoires passen künftig punkto Lederqualität und Farbe exakt zu den Schuhen. Die Zahl der Lieferanten hat sich bereits von 100 auf rund 40 dezimiert und soll weiter sinken – Resultat: einfachere Qualitätskontrolle und dank steigender Mengen niedrigere Einkaufspreise.
Einheitliche Auslage
Zugleich wird die Auslage in den Verkaufsstellen vereinheitlicht: Waren bisher rund 40 Prozent der Sortimente identisch, sollen es künftig 70 Prozent sein. Zudem wird ein Grundbestand an klassischen Modellen eingeführt, die jederzeit vorzufinden sind. Angleichen werden sich auch die Kleidung der Verkäufer und die akustische Beschallung im Shop: Sechs Monate lang haben Sachverständige an der Navyboot-Instore-Musik (New York Club Lounge, Electro Jazz, Ibiza Deep House ...) herumgemixt.
Einerseits höherer Wiedererkennungswert, andererseits mehr Abwechslung: Die Zahl der jährlichen Kollektionen steigt von zwei auf sechs, dazwischen lassen sich via «Flash» aktuelle Modethemen einschieben. Das soll Kunden häufiger in die Läden locken. Um Sammlergelüste anzufachen, gibt es regelmässig limitierte Sondermodelle des «Original»-Schuhs, den man sich bald «customizen», in Wunschausstattung anfertigen lassen kann. So funktionierten Markenartikler heute, sagt ein Branchenmann. Jetzt auch Navyboot.
«Ein echtes Kundenbindungsprogramm», sagt Gaydoul, habe man jetzt auch. «Davor gab es nur eine Sammlung von E-Mail-Adressen.» Auf den Kundenkarten steht statt des Namens nur «Crew Member». Das spart weitere Druckkosten, und der neue Leichtmatrose kann seine Karte gleich an der Ladenkasse in Empfang nehmen.
Sportmillionäre in Blau
Am wichtigsten sei aber ein verständliches Konzept. Marken brauchten heute eine Story, «wir haben eine». Gaydouls Ziel: Ende 2016 soll man Navyboot niemandem mehr erklären müssen.
Doch auch für Gaydoul persönlich steht viel auf dem Spiel. Navyboot muss in die Erfolgsspur einbiegen. Daran wird Gaydouls zweite Karriere gemessen werden, ob er will oder nicht.
Philippe Gaydoul startet wieder neu: Der Ex-Discounter lässt nichts unversucht, in der Lifestyle-Welt doch noch zum Erfolg zu kommen. Wie ein Unternehmer seine Firma und sich selbst neu erfindet und was für ihn persönlich dabei auf dem Spiel steht, lesen Sie in der neuen «Bilanz», ab Freitag am Kiosk oder mit Abo jeweils bequem im Briefkasten.