Gründerinnen sind in der Schweiz rar. Woran liegt das? Sind Frauen schüchterner als Männer, ihre Ideen zu präsentieren und zu vermarkten? Fehlen ihnen die Rahmenbedingungen, etwas Eigenes aufzubauen? Oder gehen sie schlicht und einfach in der männerdominierten Startup-Welt unter?
Carole Hofmann, Gründerin und Präsidentin des Vereins Women Way und Lina Bee von der Swiss Startup-Factory haben herausgefunden, dass es durchaus ambitionierte Gründerinnen gibt – diese aber oft mit ihrer Idee nicht sichtbar werden. Um das zu ändern, haben die beiden Startup-Expertinnen einen Summit veranstaltet, bei dem weibliche Unternehmerinnen im Rampenlicht stehen.
Wieso es ein solches Event braucht, erklären sie im Interview:
Mit dem Summit hatten Hofmann und Bee Erfolg: Am Vormittag pitchten verschiedene Jungunternehmerinnen ihre Ideen, wurden von erfahrenen Gründern und Startup-Experten gecoacht. Am Abend trafen Unternehmer, Investoren, Vertreter aus Unternehmen und vom Bund im Kunsthaus aufeinander, der Saal ist gefüllt, einige müssen stehen. Die Frage, die alle beschäftigt: Wie werden Gründerinnen sichtbarer in der Schweizer Wirtschaft?
Den Veranstalterinnen zufolge können die Frauen selber einiges dazu beitragen. Diese Eigenschaften helfen ihnen, durchzustarten:
Zuletzt war das Thema Fintech im Startup-Bereich dominant. Biotech- und Meditech-Startups machen derweil wegen der Nähe zur Pharma in Basel einen Grossteil der Neugründungen aus. Dennoch ist noch längst nicht alles Potential ausgeschöpft.
Wo sie für Gründerinnen in der Schweiz noch Potential für Neugründungen sieht, erklärt WomenWay-Präsidentin Hofmann:
Immer wieder empfahlen erfolgreiche Gründerinnen, Coaches und Geldgeber an der Konferenz den jungen Startup-Gründerinnen, die Geschlechterfrage beiseite zu legen. Frauen sollten auftreten ohne daran zu denken: ich bin eine Frau. Dass das Geschlecht auch Investoren egal ist, sagte auch Erich Sieber. Er ist Partner bei Inventages, der Firma, die Nestlés Venture Funds mit 1 Milliarde Euro Committed Capital verwaltet.
Inventages investiert auf der ganzen Welt in die besten Idee, sagt Sieber – unabhängig vom Geschlecht des Gründers:
Dennoch sind die Rahmenbedingungen in der Schweiz für Gründerinnen, und im übrigen auch für Gründer, nicht optimal, so Sieber. 2008 zügelte er mit seinem Büro von Genf nach London. In der Schweiz habe man alle Mitarbeiter importieren müssen, er sei der einzige Schweizer gewesen. In London sei der Pool an geeigneten Leuten vorhanden.
Als Lösung sieht Sieber für den Standort Schweiz das Modell eines Zukunftsfonds, wie es Henri B. Meier, Unternehmer und Ex-Finanzchef von Roche, vorschlägt. In einem solchen Fonds sollen Pensionskassen 1 Prozent der jährlich neu zufliessenden Mittel für Risikokapitalinvestitionen reservieren, mit dem dann in Startups investiert werden könnte.
Sieber erklärt, wieso das wichtig für die Schweiz wäre:
Auch Abir Oreibi findet, die Unterstützung von Frauen müsse in der Schweiz viel früher anfangen. Oreibi ist CEO von Lift und Mitglied der Kommission für Technologie und Innovation des Schweizerischen Nationalfonds.
Im Interview spricht sie über die Notwendigkeit, Frauen früh für technische Ausbildungen zu begeistern, die Rolle von Mentoren und weiblichen Investoren:
Am Schluss gaben die erfahrenen Startup-Experten ihren wichtigsten Karrieretipp für Gründerinnen:
Eines wurde am Female Founder Forum immer wieder betont: Um sichtbarer zu werden, sollen Frauen nicht anders auftreten als Männer. Die Selbstverständlichkeit machts, Gender-Stereotypen fangen auch im eigenen Kopf an. Wieso werden den Frauen nach der Veranstaltung dann aber mehrheitlich Frucht-Happen und gesunde Chips zum Apéro serviert? Und warum ist das Give-Away zum Abschied eine Zellulite-Bodylotion? Für die wirkliche Gleichberechtigung sollten «Frauen-Events» dann wohl auch auf solche stereotypischen «Frauen-Dinge» verzichten.