Begeisterung. Faszination. Ehrfurcht. Wen auch immer man fragt, die Reaktion auf den Namen Rolex läuft unisono auf das Gleiche hinaus: uneingeschränkten Respekt vor der Leistung einer Marke, die es in den letzten Jahrzehnten zur klaren Nummer eins gebracht hat.

«Rolex ist die Krone der Branche», bringt es Jean-Philippe Bertschy auf den Punkt, Head of Swiss Equity Research bei Vontobel und profunder Kenner der Uhrenwelt: «Die haben gerade in der jüngsten Zeit immer alles richtig gemacht und massiv zugelegt.»

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«Ein Planet für sich», meint auch Oliver Müller, Autor der jährlichen Branchenstudie von Luxeconsult und Morgan Stanley, ebenfalls ausgewiesener Kenner des Sektors: «Die Marke dominiert nicht nur die Uhrenindustrie, sondern den gesamten Luxusmarkt.»

Und ähnlich sieht es Pierre-Yves Donzé, auf die Uhrengeschichte spezialisierter Geschichtsprofessor und Autor eines vielbeachteten Buches über die Marke: «Rolex ist die unbestreitbare Nummer eins der Welt und baut ihre Position jedes Jahr weiter aus», sagt er. Ihr Erfolgsrezept? Die Marke mit dem Kronenlogo «hat als erste in der Branche nicht mehr nur eine Uhr verkauft, sondern ein Narrativ über Spitzenleistungen». Man könnte es auch so sagen: Rolex hat die Uhr früh als emotionales Objekt inszeniert. Und sich dazu durch eine konsequente Markenstrategie, technologische Innovationen und die Kontrolle über den gesamten Herstellungsprozess an die Spitze der Schweizer Uhrenindustrie gesetzt. Mit Abstand: Der Umsatz von Rolex wird in der Branchenstudie von Luxeconsult mit Morgan Stanley auf rund 10,58 Milliarden Franken geschätzt, was die Marke zur starken Branchenlokomotive macht. Auf Platz zwei kommt – dreimal kleiner – Cartier mit 3,18 Milliarden Franken, dann folgt Omega mit 2,39 Milliarden. Es gebe rund 400 Schweizer Uhrenmarken, schreibt Oliver Müller, Autor der Studie. Vier Topmarken – Rolex, Cartier, Omega und Patek Philipp – würden gut 50 Prozent des Gesamtumsatzes der Schweizer Uhrenindustrie erwirtschaften.

Es schleckt keine Geiss weg, dass die Branche aktuell gegen eine eisige Brise segelt und weitgehend im Krisenmodus agiert. Rolex allerdings hält unaufgeregt und unbeirrt ihren bisherigen Kurs. Die Wartelisten für gewisse Stücke mögen zwar etwas kürzer geworden sein, gewisse Modelle etwas einfacher erhältlich als auch schon – «aber die Marke hat es auch im schwierigen Jahr 2024 geschafft, konstant und erfolgreich zu bleiben», sagt Experte Oliver Müller. «Sie lässt sich nicht vor ihrem Weg abbringen, bleibt im Gespräch und hat es so geschafft, auch neue Generationen anzusprechen.» Der wohl grösste Goldverarbeiter der Schweiz verstand es ohnehin schon immer, auf Herausforderungen adäquat zu reagieren, auf die Quarzkrise etwa. Früh erkannte die Chefetage, dass Quarzuhren im Luxussegment nicht wirklich eine Zukunft hätten – parat wäre man gewesen: Rolex war an der Entwicklung des Schweizer Quarzkalibers Beta 21 massgeblich beteiligt und baute auch eine kleine Serie mit diesem Werk.

Dann aber blieb man bei der Mechanik – mit einer eigentlichen Meisterleistung: Rolex-Uhren sind im Grunde genommen Massenware, industriell in höchsten Stückzahlen hergestellt – rund 1,2 Millionen Uhren pro Jahr –, und dennoch ein Luxusobjekt. Das Geheimnis dahinter heisst Exzellenz, man produziert zwar industriell, aber man pflegt höchste Qualitätsstandards und feilt ewig an kleinsten Details: Bei Rolex gibt es Leute, die sich jahrelang um nichts anderes kümmern als um die Optimierung der Lichtreflexe an den Metallflächen des Uhrengehäuses. Auch kleine Veränderungen an den Uhren werden von der Fangemeinde in einschlägigen Foren in Anbetracht der üblichen Beständigkeit im Katalog aufgeregt diskutiert. Etwa die neue Farbe eines Schriftzuges auf dem Zifferblatt. Oder – schon gewichtiger – die Einführung eines transparenten Bodens für den Klassiker Cosmograph Daytona in Platin vor zwei Jahren. Man geht eben behutsam um mit dem Erbe. Und mauserte sich so zur Marke der Schönen und Reichen. Der treffendste Satz dazu stammt vom einstigen französischen Starwerber Jacques Séguéla: «Wer mit fünfzig keine Rolex hat», witzelte er einst, «der hat es in seinem Leben zu nichts gebracht.» Und irgendwie gilt das nach wie vor, selbst im Silicon Valley: Wer dort reüssiert hat, zeigt das auch heute meist mit einer Rolex am Handgelenk.

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Das Symbol für Luxus

Von Rio de Janeiro bis Timbuktu, von Wladiwostok bis San Francisco oder von Palermo bis Bora Bora – es gibt keinen Ort auf der Welt, an dem die Uhren mit dem Kronenlogo nicht als das ultimative Statussymbol am Handgelenk bekannt, beliebt und begehrt sind. Der Revoluzzer Che Guevara trug eine Rolex, ebenso US-Präsident John F. Kennedy, Schauspieler Marlon Brando oder Starbanker James P. Morgan. Auch Pablo Picasso, Andy Warhol, Dwight Eisenhower, Winston Churchill, Warren Buffett, Elvis Presley, Sophia Loren oder Jackie Stewart hatten die Genfer Luxusuhr am Handgelenk. Das ist zweifelsfrei das Verdienst von Rolex-Gründer Hans Wilsdorf – mehr darüber später. 

Entscheidend indes, glaubt man dem Uhrenhistoriker Pierre-Yves Donzé, war auch eine strategische Weichenstellung in den 1960er-Jahren, als André Heiniger die Leitung der Montres Rolex SA übernahm und der Firma in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Kommunikationsfirma J. Walter Thompson ein neues Konzept verpasste: «Zuvor war Rolex eine Uhr von hervorragender Qualität wie andere», sagt Donzé. Heiniger habe Rolex in der Kommunikation zusätzlich «zum Objekt der erfolgreichen Frauen und Männer» gemacht. Und damit in den 1970er-Jahren einen rasanten Aufstieg erzielt, der bis heute anhält. Auch mit der Wahl des aktuelles CEO vor zehn Jahren bewies die Marke ein glückliches Händchen, davon ist Experte Jean-Philippe Bertschy überzeugt: «Jean-Frédéric Dufour hat die Marke zweifelsfrei weiter nach vorne gebracht und die Begehrlichkeit ihrer Produkte nochmals gesteigert», sagt er. Das gehe einher mit einem pfleglichen Umgang der Detaillisten, wie er heute nicht mehr bei allen Marken üblich ist. «Rolex ist zwar in Bezug auf ihre Händler sehr anspruchsvoll bis picky, sie ist aber auch treu und grosszügig.» Dazu komme eine eigentliche «Force de frappe» im Sponsoring und auch ein philanthropisches Engagement. Das alles habe die Marke zum Giganten gemacht: Würde man die Uhren in eigenen Boutiquen statt weitgehend über Wholesale verkaufen und somit die gesamte Marge abschöpfen, wäre das Unternehmen laut Bertschy wohl grösser als Chanel (17 bis 18 Milliarden Umsatz) oder Hermès (rund 14 Milliarden) – sofern man die Schwestermarke Tudor sowie Bucherer einrechnet, die beide zu Rolex gehören.

Tudor: Die Schwester-Marke

Es war ein Erdbeben für die Branche, als die Genfer Marke vor zwei Jahren vermeldete, man übernehme die Luzerner Bucherer-Gruppe. Damit ging der mit Abstand grösste Uhren- und Schmuckretailer der westlichen Welt an die mit Abstand grösste Uhrenmarke der Schweiz – eine Mammuthochzeit. Pikantes Detail: Mit der Übernahme kommt die Genfer Marke auch an Daten über den Verkauf von Konkurrenzprodukten.

Bucherer: Die Elefantenhochzeit

Immer einen Schritt voraus

Das passt zur Geschichte: Von Beginn an war Rolex der Konkurrenz oft einen Schritt voraus. Während andere Hersteller noch auf Taschenuhren setzten – das unverzichtbare Accessoire für den eleganten Herrn –, erkannte Gründer Hans Wilsdorf früh das Potenzial der Armbanduhr. Und als die Branche allmählich nachzog, brachte Rolex bereits die nächste Innovation auf den Markt: die wasserdichte Oyster. Auch hier zogen zwar viele nach – aber Rolex hatte geschwind ein Brikett draufgelegt und die Rolex Oyster Perpetual lanciert, die Uhr mit automatischem Aufzug. Hans Wilsdorf bewies nicht nur technisches Gespür, sondern auch ein aussergewöhnliches Talent für Marketing. So sorgte er 1927 für Aufsehen, als die Schwimmerin Mercedes Gleitze eine Rolex Oyster trug, während sie den Ärmelkanal durchschwamm – und die Uhr die Tortur unversehrt überstand. Die spektakuläre Aktion wurde mit einer Anzeige auf der Titelseite der «Daily Mail» gefeiert und leitete den kometenhaften Aufstieg der Marke ein. Auch später stand Rolex für aussergewöhnliche Abenteuer: 1953 begleiteten Rolex-Uhren Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay bei ihrer Erstbesteigung des Mount Everest, und 1960 überstand ein spezielles Modell unbeschadet den Rekordtauchgang in den Marianengraben – befestigt am U-Boot von Jacques Piccard. Nach wie vor hat die Marke viele hochkarätige Botschafter: von Tennisass Roger Federer bis Rennfahrerlegende Sir Jackie Stewart. Auch die Wahl des Markennamens zeugt von Wilsdorfs Sinn für wirkungsvolle Inszenierung. Er sollte kurz sein – maximal fünf Buchstaben –, in allen europäischen Sprachen leicht auszusprechen und zugleich einprägsam sein sowie auf dem Zifferblatt optisch ansprechend wirken. «Ich probierte alle erdenklichen Kombinationen aus», berichtete er einmal. «Dann, eines Morgens, während ich auf dem oberen Deck eines Pferdeomnibusses durch Londons Innenstadt fuhr, flüsterte mir eine innere Stimme das Wort ‹Rolex› zu.»

Bargeld am Handgelenk

Gegründet hatte er die Marke 1913, 1926 lancierte er die Oyster, eine der seltenen Uhren, welche das Prädikat Ikone wirklich verdienen. Heute gibt es sie in diversen Linien, von der Daytona über die Submariner bis zur Explorer – und sie verkauft sich nach wie vor wie geschnitten Brot. Noch besser: Wer eine Oyster am Handgelenk hat, hat sozusagen Bargeld am Handgelenk, eine Rolex kann man immer gut verkaufen. Manchmal richtig gut: Eine Cosmograph Daytona – sie gehörte einst Schauspieler Paul Newman – kam vor ein paar Jahren für 17,75 Millionen Dollar unter den Hammer. Der Käufer, so könnte man mit Starwerber Jacques Séguéla sagen, war gewiss ein Mensch, der es im Leben zu etwas gebracht hat.

Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der Handelszeitung, erschienen (März 2025)