Die Schweiz und Deutschland sind in Sachen Startups eng verbunden. Durch die Achse Berlin-Zürich, aber auch durch die gemeinsamen Märkte und den stetigen Wissenstransfer durch die Hochschulen. Natürlich macht Deutschland nicht nur einen beträchtlichen Teil der Wertschöpfung bei Schweizer Unternehmen und Grosskonzernen aus, sondern auch bei Startups. So expandieren deutsche Startups in die Schweiz und umgekehrt.
Diese Gemeinsamkeit wird nächste Woche mit der «Swiss Startup Tour» wieder einmal mehr unterstrichen. Zehn Schweizer Startups reisen erstmals im Rahmen einer Promotions-Tour in fünf deutsche Städte. Während einer Woche wollen sie dort ihre Produkte und Dienstleistungen einem breiten Publikum vorstellen und Kontakte zu Entscheidungsträgern herstellen. Und zwar in einem Feld, für welches die Schweiz auch weltweit bekannt ist: Gesundheit. In Verbindung mit digitalen Lösungen heisst das eHealth oder Digital Health.
Mitorganisator der Tour ist deshalb auch die Schweizer Gesundheitsplattform eedoctors. Mit einer App bietet das Startup medizinische Video-Behandlungen während 365 Tagen an und sieht sich als einer der Vorreiter in der Schweizer eHealth-Landschaft. Das Netzwerk, die Kontakte vort Ort und die Locations in Deutschland organisiert indes der Schweizer Exportförderer «Switzerland Global Enterprise». Er vernetzt Unternehmen, Wissensträger sowie private und öffentliche Organisationen weltweit und fordert damit die Schweizer Aussenwirtschaft.
Direkt zu den Entscheidungsträgern
«Als Startup ist es immer eine Herausforderung, Kontakte herzustellen und ein Netzwerk aufzubauen – vor allem im Ausland», sagt Nadja Kolb von «Switzerland Global Enterprise» zur Startup-Tour in Deutschland. Diese kostet 2500 Franken für die fünftägige Tour mit Reise und Übernachtung. Die Anreise an die erste Destination – Stuttgart – müssen die Startups selber organisieren.
Danach geht es zusammen mit dem Reisecar weiter nach Düsseldorf, Hamburg, Rostock und zum Abschluss in die Hauptstadt Berlin. In Stuttgart können die Startups im Generalkonsulat präsentieren, in Berlin auf der Schweizer Botschaft.
Pascal Fraenkler von eedoctors, der zu den Initianten der Tour gehört, verspricht den zehn Startups «wertvolle Kontakte» zu Vertretern von Krankenkassen, Unternehmen, Spitälern oder Universitäten. «Sie können in kompakter Zeit zahlreiche Kontakte im wichtigen Markt Deutschland knüpfen», sagt Fraenkler. Das sei sehr effektiv, wenn man vor Ort auf auf ein hochkarätiges Publikum, das die Ideen weiter in Unternehmen oder Institutionen bringen könne, treffe, sagt Fraenkler.
Nun wolle man mit «geballter Ladung» dort auftreten, sagt der eedoctors-Chef. Inzwischen seien über 200 Startups in der Schweiz im Bereich eHealth tätig. Das sei im Vergleich zu Deutschland beachtlich. «Deshalb seien die Chancen für Startups aus der Schweiz gut, beim grossen Nachbarn Fuss zu fassen», sagt Fraenkler.
Mit «Switzerland Global Enterprise» und « Swiss Business Hub Germany» habe man zwei Institutionen mit an Bord, die als Durchführungspartner so viel Gewicht hätten, um die richtigen Leute an die Präsentationen der Startups zu holen. Fraenkler betrachtet die Tour aber nicht nur als Eigenwerbung für die Schweizer Startups, sondern auch als Notwendigkeit für den deutschen Markt.
Deutscher Gesundheitsmarkt im Umbruch
Das deutsche Gesundheitswesen befinde sich zurzeit stark im Umbruch, sagt Fraenkler. Erst vor Kurzem etwa sei die Behandlungen über Telemedizin in Deutschland erlaubt worden, Gesundheitsminister Jens Spahn spreche jetzt öfter von der «Digitalisierung der Medizin». Genau dort könnten Startups aus der Schweiz punkten: «Sie bieten im Gesundheitsbereich bereits viele marktfähige Angebote, die auch in Deutschland eingesetzt werden können», sagt Fraenkler.
Er sieht die Chance aber auch im Ausbau einer Gesundheitskette – am besten in Echtzeit. Dafür kann sich Fraenkler auch die Zusammenarbeit zwischen den Startups vorstellen: «Damit können wir ein 'Package' von Dienstleistungen und Produkten von verschiedenen Startups gesamthaft an Krankenkassen oder Grosskonzerne anbieten.»
Dabei nennt Fraenkler das Schweizer Startup OnlineDoctors. Wenn sich das Hautbild verändert, kann man ein Foto von möglichen Hautflecken an einen «digitalen Doktor» schicken und von ihm beurteilen lassen. Danach könne man sich das Rezept ganz einfach via App herunterladen.
Nadja Kolb von «Switzerland Global Enterprise» sagt: «Es ist nun genau der richtige Zeitpunkt, Schweizer Technologie in Deutschland zu platzieren, weil sich die Gesundheitswirtschaft geöffnet hat.» Da man mit dem S-GE und dem Swiss Business Hub an die Konsulate und Botschaften angeschlossen sei, könne man auch mit Unterstützung dieser Namen einladen: «Das öffnet uns gewisse Türen. Die Chancen sind gross, dass Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft dieser Einladung folgen und die Startups so kennenlernen», sagt Kolb.
Sie möchte mit «Switzerland Global Enterprise» auch im nächsten Jahr eine solche Tour organisieren, allenfalls mit einem anderen Themenschwerpunkt als Gesundheit. «Mit der ersten Durchführung wollen wir jetzt die besten Learnings erhalten» sagt Kolb.
Hi-D Imaging
Hi-D Imaging ist ein MedTech Startup-Unternehmen mit Sitz in Zürich, das einen neuartigen, masgeschneiderten Herzklappenauswahlservice für Ärzte und Kardiologen vor der Herzklappen-Implantation anbietet. Das derzeitige Verfahren ist so konzipiert, dass die Ärzte die Herzklappen für ihre Patienten mit sehr begrenzten Informationen auswählen, was zu erheblichen Komplikationen nach der Operation führen kann. Der Service von Hi-D basiert auf der Analyse der Blutflussmuster in vitro mit einer optischen Bildgebungstechnik innerhalb eines anatomisch genauen Silikonmodells, das mittels CT-Scans der Patienten erstellt wurde.
Exploris
Der Cardioexplorer von Exploris ist der erste einfache kardiovaskuläre Diagnosetest zum aktuellen Nachweis/Ausschluss lebensbedrohlicher Verengungen der Herzarterien - der Hauptursache für Herzinfarkte. Exploris Health hat die proprietäre AI-Plattform in mehr als 15 Jahren entwickelt. Exploris Health ist ein führender Anbieter von KI-basierter Diagnostik und Therapieberatung in der Kardiologie. Im Jahr 2018 wurde Exploris health zusammen mit vier europäischen Kliniken als Partner in einem EU-Interreg-Projekt und einem Horizont-2020-Projekt für die Entwicklung der nächsten Generation von Kardiologieprodukten nominiert.
docdok.health
Docdok ist eine cloud-basierte, in Klinik- und Praxissoftwarelösungen integrierte Plattform, welche sowohl klinisch als auch für Forschung, Studien und Qualitätsmessungen eingesetzt wird. Über einen sicheren Kommunikationskanal wird die Arzt-Patienten Beziehung digitalisiert. Prozessoptimierungen an der Schnittstelle Arzt/Patient machen docdok für Spitäler und Praxen zu einer universellen Lösung. Docdok wird bereits von zahlreichen Uni-Kliniken, Pharma- und Medtech-Firmen wie auch von Ärzten in der Praxis erfolgreich eingesetzt.
HosPush
Das Startup HosPush entwickelt Softwarelösungen für Spitäler und Pflegeeinrichtungen. Das Team besteht aus Fachkräften mit Erfahrung im Gesundheitswesen und in der Softwareentwicklung. Mit der Softwarelösung ONE kann eine Steigerung der Pflegequalität, aber auch der Patientenzufriedenheit erreicht werden. Patienten können über das iPad direkt mit der Pflegefachperson kommunizieren und erhalten schneller individuelle Unterstützung.
Misanto
Misanto bietet eine Lösung für die dezentrale Speicherung von Gesundheitsdaten. Durch die proprietäre IT-Technologie konsolidiert das Unternehmen Gesundheitsdaten aus verschiedenen Quellen, einschliesslich Gesundheits- und Fitness-Trackern an einem sicheren Ort auf eine nicht identifizierte Weise. Misanto bietet seinen Nutzern zudem einen Symptom-Checker. Im Gegensatz zu den vielen auf dem Markt erhältlichen Symptom-Checker-Apps wird dieser durch Telemedizin unterstützt.
Leitwert
Das Unternehmen Leitwert stellt eine IoT-Infrastruktur zur Verfügung, die automatisierte Datenerfassung von tragbaren Medizinprodukten und mobilen Biosensoren ermöglichen und eine Patientenüberwachung in Krankenhäusern und zu Hause sicherstellen. Die geräteunabhängigen Systeme von Leitwert zur Datenaggregation aus Medizinprodukten ermöglichen das automatisierte Auslesen von Wearables, die von stationären oder entfernten Patienten getragen werden.
Medisanté
Auch dieses Startup widmet sich IoT. Medisanté verbindet die vom Patienten selbst gemessenen Gesundheitsdaten. Das sind medizinische Geräte mit einer globalen IoT-SIM-Karte, welche die Vitaldaten der Patienten in Echtzeit an den Gesundheitsversorger senden. Die automatische und sichere Datenübermittlung via Cloud ermöglicht eine 24/7-Überwachung von einem Gesundheitsversorger aus der Ferne.
Sleepiz
Das Startup wurde von Studenten der ETH Zürich und der Universität St.Gallen gegründet. Sleepiz hat eine Box geschaffen, welche die Atmung, Herzfrequenz und Aktivität einer Person in der Nacht kontaktlos analysiert. Mithilfe dieser Daten sind Ärzte sind nun in der Lage, Schlafkrankheiten zu diagnostizieren, während der Patient zu Hause im eigenen Bett schläft. Dadurch werden Kliniken entlastet, Wartezeiten verkürzt und der Zugang zu Untersuchungen für den Patienten erleichtert.
OnlineDoctor
Mit dem Haut-Check von OnlineDoctor erhalten Patienten oder Zuweiser innerhalb weniger Stunden von ihrem Wunsch-Dermatologen eine professionelle Handlungsempfehlung inklusive Diagnose. Knapp 100 niedergelassene Dermatologen und mehrere dermatologische Kliniken in der Schweiz nutzen bereits heute die Plattform, die ihren Berufsalltag unterstützt und wichtige praxisinterne Prozesse optimiert. Die Daten erfolgen mittels Foto mit dem Smartphone und Einschicken der Fotos an die Plattform.
eedoctors
Das Startup bietet eine ärztliche Erstversorgung über eine Smartphone-App an. Die Online-Patienten profitieren bei der Videoverbindung über eine persönliche Beratung. Das Startup behauptet, dass 70% aller Allgemeinmedizinischen Krankheitsbilder durch eedoctors über eine Videokonsultation behandelt werden können. Dazu gibt es ein Online-Rezept, das direkt von der App heruntergeladen werden kann.