Angesichts der sinkenden Nachfrage nach iPhones will sich Apple als Unterhaltungskonzern neu erfinden. Im Mittelpunkt des Wandels steht ein eigener Streamingdienst, der ab Herbst mit von Apple produzierten Serien und Filmen und zugekauften Inhalten den Platzhirschen Netflix und Amazon Konkurrenz macht. Hinzu kommt ein erweitertes Spiele- und Nachrichtenangebot. Zudem will der Konzern seinen inzwischen auch in Deutschland verfügbaren Bezahldienst Apple Pay um eine Kreditkarte ergänzen. «Jetzt geht es nicht mehr so viel darum, wie viel Hardware verkauft wird, sondern darum, wie viel Zeit die Nutzer auf der Apple-Plattform verbringen», sagte Gartner-Analystin Annette Zimmermann zu den am Montag am Firmensitz im kalifornischen Cupertino vorgestellten neuen Diensten.
In gewohnt dramaturgisch abgestimmter Art und Weise versammelte Apple-Chef Tim Cook Hollywood-Stars wie Steven Spielberg, Jennifer Aniston, Reese Witherspoon und Oprah Winfrey um sich. Alle arbeiten künftig in irgendeiner Form mit dem Silicon-Valley-Riesen zusammen, der bisher seine Füsse bei Eigenproduktionen im Gegensatz zu Amazon und Netflix weitgehend still gehalten hat. Ab Herbst sollen die neuen Inhalte in mehr als 100 Ländern gezeigt werden. Zusätzlich erneuert der Konzern seine Apple-TV-App, die es Nutzern ermöglichen wird, auch Dienste von Amazon oder dem Video-Portal Hulu zu abonnieren.
Wertvollste börsennotierte Unternehmen
Im Vorfeld der Veranstaltung hatten Hoffnungen auf steigende Einnahmen die Fantasie von Anlegern beflügelt und die Aktie in die Höhe getrieben. Apple war zum Wochenausklang erneut das wertvollste börsennotierte Unternehmen. Am Montag ging es allerdings an der Wall Street um 1,7 Prozent nach unten. Die vielen offenen Details bezüglich der monatlichen Gebühren für den Streamingdienst wie auch das Spieleangebot kamen nicht gut an. Bekannt ist allerdings der Monatspreis für die Nachrichtenplattform, für die zehn Dollar fällig werden. Hier führt Apple die Inhalte von 300 Zeitschriften und Zeitungen zusammen. Angesichts der zahlreichen Datenskandale von US-Techkonzernen wie Facebook hob Apple mehrmals den Datenschutz hervor und betonte, das neue Angebot werde es Werbekunden nicht möglich machen, in Erfahrung zu bringen, was die Nutzer läsen.
Um die Schwächen im iPhone-Geschäft wettzumachen, setzt Apple seit einiger Zeit verstärkt auf Dienstleistungen und baute zuletzt seinen Musik-Streamingdienst sowie das Geschäft mit Apps deutlich aus. Der Eintritt ins Video-Streaming, das sich angesichts ständig kündbarer Abonnements und zeitlicher Flexibilität weltweit immer stärkerer Beliebtheit erfreut, birgt allerdings auch Risiken. Bisher dominiert Netflix den Markt, kommt inzwischen auf rund 140 Millionen Kunden und versorgt diese in immer kürzeren Intervallen mit neuen Inhalten. Der Streaming-Pionier hatte zuletzt auch bei den Oscars aufgetrumpft und kann zudem im Gegensatz zu Apple auf lizenzierte Angebote wie die weiterhin beliebte Serie «Friends» setzen. Das lockt Nachahmer an: Auch Walt Disney und Time Warner arbeiten an eigenen Diensten.
(reuters/ccr)