Die Werbebudgets scheinen eine unbekannte Grösse: «Wie viel Geld insgesamt ins Marketing fliesst, ist nicht bekannt», erklärt Jean-Marc Grand, Geschäftsführer der Schweize-rischen Gesellschaft für Marketing (GfM). Er verweist aber auf verschiedene Studien, die ausgerechnet haben, dass in gewissen Firmen bis zu 30% des Betriebsaufwandes dafür eingesetzt werden.
Ausgaben bleiben Geheimsache
Fragt man aber bei den einzelnen Unternehmen nach, wie viele Millionen es denn nun genau sind, beisst man auf Granit. «Aus naheliegenden strategischen Gründen geben wird zu diesem Thema keine Auskunft», lässt etwa Luca Aloisi, Sprecher von Möbel Pfister, verlauten. Ein wenig konkreter äussert sich Rob Hartmans, Sprecher der Helsana. Die Rede ist von einem kleinen einstelligen Prozentsatz des gesamten Betriebsaufwandes von 600 Mio Fr. Die Ausgaben für das Marketing dürften beim Krankenversicherer irgendwo zwischen 6 und 30 Mio Fr. liegen, wobei wohl näher bei der Obergrenze.
Ebenfalls keine Marketingzah-len publiziert die Swisscom. Sprecher Sepp Huber verweist aber auf den Media Focus, der zumindest die Ausgaben für die klassische Werbung laufend unter die Lupe nimmt. Die Swisscom gehörte demzufolge 2007 mit Ausgaben von über 80 Mio Fr. nach Migros und Coop zu den werbeintensivsten Unternehmen. Allerdings ist dieser Betrag nur ein Bruchteil der gesamten Marketing-Ausgaben. Allein für die Verkaufsförderung der Handys setzte der Telekom-Konzern im vergangenen Jahr einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag ein. Hinzu kamen Mittel für Sponsoring, Imagepflege, Online-Aktionen sowie Direct Marketing. Letzteres wird, wie Huber verrät, in jüngster Zeit stark forciert. Es mache kostenmässig inzwischen rund einen Viertel des Mixes aus.
Effizienz dank Direct Marketing
Etwas weniger Geheimniskrämerei gibt es in der Frage des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Huber hebt in diesem Zusammenhang das Direct Marketing besonders hervor. Die damit verbundenen Datenanalysen erlaubten es, differenziert und über die richtigen Kanäle mit den Kunden zu kommunizieren und dann die richtigen Service Packages zu offerieren.
Eine ähnliche Tendenz zeichnet sich bei der Credit Suisse ab. «Wir fahren weniger Imagekampagnen, dafür wird umso stärker auf taktisches Marketing gesetzt», sagt Sprecher Matthias Friedli.
Flops vermeiden, Tops fördern
Das Risiko von Marketing-Flops versucht die Grossbank durch Vortests und systematische Kontrolle der Werbeeffizienz zu vermeiden. Das tut auch die Swisscom, wobei Sepp Huber allerdings zu bedenken gibt, dass die grundsätzlich hilfreiche Marktforschung manchmal auch an Grenzen stösst. «Flops können wir nicht ausschliessen, vor allem dann nicht, wenn die Möglichkeiten der Technik dem Kundenbedürfnis vorauseilen.»
Auch bei der Helsana haben sich gemäss Rob Hartmans in den vergangenen Jahren die Gewichte von grossräumiger Werbung wie Fernsehen, Plakate, Anzeigen in Richtung personalisierbare Formate – also Direct Marketing und E-Commerce – verschoben. Schlechte Erfahrungen machte das Unternehmen hingegen mit einem Teleshopping-Versuch. Und gar als Flop erwies sich die Idee, die Versicherten mit einer stark eingeschränkten Spitalwahl und einem entsprechenden Prämienmodell zu gewinnen.
Als ein erfolgreiches Beispiel dieser Schwerpunktverschiebung zum Direct Marketing bezeichnet Hartmans indes das Pandemie-Mailing, mit dem die Helsana in diesem Sommer 50000 Firmenkunden für das Thema sensibilisiert und mit einem Paket beliefert hat, was gewisse Medien als Panikmache kritisierten. «Wir hatten jedenfalls viel mehr Bestellungen als Reklamationen wegen des Mailings», verteidigt Hartmans.
Alle befragten Firmen sind der Überzeugung, in Sachen Marketing ihre Hausaufgaben erledigt zu haben. Offen bleibt, ob sich alle Verantwortlichen bereits bewusst sind, dass durch Performance-Management oder Controlling 5% der Kosten gespart und 15% des Gewinns realisiert werden können.
Aus Fehlern angeblich gelernt
Jean-Marc Grand von der GfM verweist auf Studien, die nachgewiesen haben, dass die Gewinnspanne zwischen effizientem und unkontrolliertem Marketing offenbar noch zu wenig in die Köpfe der Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen vorgedrungen ist. Bloss die Hälfte der Kennzahlen des Marketing-Controllings erreicht die Gremien. Die «Kundenzufriedenheit» beispielsweise dringt nur bei 36% der Unternehmen bis in die Chef-etagen vor. Kein Wunder, fällt es den CEO oft schwer, die kundenbezogenen Prozesse auf die Schaffung von profitablen Umsätzen hin zu optimieren.
Auch aus den Fehlern der Vergangenheit, etwa bei Sparmassnahmen den Rotstift zuerst beim Marketing anzusetzen, wollen alle längst gelernt haben. Diese gefährliche Strategie hat, zumindest nach der offiziellen Darstellung der befragten Firmen, inzwischen aus-gedient. Ob dem tatsächlich so ist, wird sich allerdings erst in schlechteren Zeiten wirklich zeigen. Wer weiss: Vielleicht ja schon bald ...