Seit gut einer Dekade verkündet Lego das konzerninterne Ende des Ölzeitalters: Bis 2030 wollte der dänische Spielzeughersteller bei der Produktion seiner Bausteine vollständig auf Öl verzichten. Inzwischen wurde der Endpunkt nach hinten geschoben.
Ein Projekt, auf das Lego viel Hoffnung gesetzt hatte, war gescheitert: Rezyklierte Pet-Flaschen für die Herstellung zu benutzen, entpuppte sich als klimaschädlicher und weniger stabil als das aktuelle Verfahren, welches auf ABS-Kunststoff aus Rohöl basiert: Für Lego ist die Entwöhnung vom Rohstoff kein Kinderspiel.
«Wir hatten geglaubt, es sei einfacher, dieses magische, neue Material zu finden», sagte CEO Niels Christiansen gegenüber der «Financial Times». «Wir testeten Hunderte und Hunderte von Materialien. Es war schlicht nicht möglich, ein solches Material zu finden.» Die Suche ist schwierig, denn das magische Material ist eigentlich schon gefunden, nur wird es verteufelt: Es heisst Erdöl.
Legos Dilemma zeigt beispielhaft, warum dieser Rohstoff, der seit Jahrzehnten den globalen Wirtschaftsmotor alimentiert, fürs Erste unverzichtbar bleibt. Das beweist auch der Blick auf die Märkte, wo sich der Rohölpreis gerade wieder der 100-Dollar-Grenze nähert. Oder der Blick auf die Weltlage: Schwellenländer wie China und Indien kaufen Unmengen des Rohstoffs ein, dem vom Westen sanktionierten Russland gelingt es weiterhin, mit Öl (und Gas) seine Kriegsmaschinerie zu finanzieren.
Klar: Das Ölzeitalter wird enden und muss enden: Nur wenn die Welt damit aufhört, den Rohstoff in unbegrenztem Mass zu verfeuern, lässt sich das Weltklima retten. Nach aktueller Einschätzung der Internationalen Energieagentur wird der Verbrauch von Öl 2028 gipfeln und dann sinken, insbesondere weil auf den Strassen immer mehr Elektroautos rollen.
Doch der Wunderrohstoff Öl darf und wird weiterhin eine tragende Rolle in der Wirtschaft spielen – zu mannigfaltig sind seine Vorteile. Diese Erkenntnis wird nun auch in den neuen Zielen von Lego gespiegelt: Der Spielzeughersteller will seine Nachhaltigkeitsversprechen umsetzen, indem er mehr rezyklierte Materialien verwendet. Das neue Credo heisst also nicht mehr «Kein Öl», sondern «Weniger Öl». Damit setzt Lego den Grundstein für glaubwürdige Ziele.