Klar, BMW: Kennt jeder. Edelkarossen aus Deutschland, teuer und gut. Inyova: Kennt man erst in jenen Fintech-Kreisen, die sich mit Impact Investing beschäftigen. Also: Ein Startup aus Zürich, das es ganz easy ermöglichen will, das eigene Geld verantwortungsvoll anzulegen. In nachhaltige Firmen, in Unternehmen, die ihre soziale Verantwortung wahrnehmen, in Firmen, denen Diversity wichtig ist.

Hier das kleine Startup, dort der grosse Konzern. David und Goliath, klare Verhältnisse.

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Von wegen!

Denn der kleine Schweizer David geht voll auf Konfrontationskurs mit dem grossen deutschen Goliath. Mit kecken Sprüchen und noch keckeren Vorhaben.

«Sollte nicht bald ein Kurswechsel erfolgen, könnte BMW dasselbe Schicksal erleiden wie Blackberry.»

Tillmann Lang, Chef Inyova

Konkret: BMW laufe Gefahr, heisst es in einer Inyova-Medienmitteilung von dieser Woche, «zum Blackberry der Automobilindustrie» zu werden. Im Klartext: BMW verschlafe gerade den fundamentalen Shift in der Autobranche, weg vom Verbrenner, hin zum Elektroantrieb, so wie Blackberry den Wechsel vom Tasten-Smartphone hin zum Touchscreen-Smartphone verpasst habe und in der Bedeutungslosigkeit versunken sei. Die Elektroziele von BMW seien zu wenig ambitiös und zu schwammig; zu sehr setze man auf Fahrzeuge mit Hybrid-Motoren.

Um aber die drohende Bedeutungslosigkeit von BMW abzuwenden, präsentiert Inyova auch gleich eine Idee: Das Startup schlägt die amerikanische Berkeley-Professorin Susan Shaheen (Bild unten) als Kandidatin für den Aufsichtsrat vor. Sie gelte, so Inyova, «als führende Expertin und Vordenkerin auf dem Gebiet der Mobilitätslösungen und der strategischen Anforderungen für die Transformation des Transportwesens». Shaheen solle das überalterte, männlich und deutsch dominierte Strategiegremium ordentlich aufmischen und das dringend notwendige Umdenken im Aufsichtsrat verankern.

Susan Shaheen

Susan Shaheen: Die amerikanische Mobilitätsexpertin von der Universität Berkeley will in den Aufsichtsrat von BMW.

Quelle: ZVG

Gefällt sich da ein Startup in der Rolle eines aktivistischen Investors à la Daniel Loeb von Third Point oder Paul Singer von Elliott Management? Vollzieht Inyova einen reinen PR-Stunt, um im grellen Rampenlicht eines grossen Konzerns die eigene Bekanntheit zu steigern?

Ja und nein.

Tillmann Lang

Inyova-Chef Tillmann Lang: Nimmt als Impact Investor eine aktive Rolle als Aktionär ein.

Quelle: ZVG

Wir haben keine Chance. Nutzen wir sie!

Ja, weil Inyova-Gründer Tillmann Lang sehr wohl bewusst ist, dass sein Vorhaben scheitern wird, dass es bloss eine protokollarische Randnotiz der Hauptversammlung vom 11. Mai werden wird.

Zu klar sind die Machtverhältnisse bei BMW. Rund 47 Prozent der Stimmen gehören dem Geschwisterpaar Susanne Klatten und Stefan Quandt, beide zählen zu den reichsten Deutschen. Drittgrösster Aktionär ist der Vermögensverwalter Vanguard mit einem Anteil von 1,5 Prozent, was rund 8,9 Millionen Aktien entspricht. Dem hat Lang nichts entgegenzusetzen, auch wenn ihn 2000 Aktionäre unterstützen. Welche Stimmkraft diese vereinen, legt Lang nicht offen.

Wer stillhält, erzielt keine Wirkung

Nein, weil Inyova den Vorstoss ernst nimmt. «Unsere Chance liegt darin, dass unser Vorschlag sehr überzeugend ist», sagt Lang selbstbewusst. «Wir haben durch hervorragenden Research einen sehr konstruktiven, validen Case gebaut.» Er verweist auf diverse Beispiele bei anderen Unternehmen, die zeigten, dass Aktionäre mit Engagement etwas erreichen könnten. So habe zum Beispiel der Impact Investor ShareAction die Grossbank HSBC gezwungen, aus der Finanzierung von Kohle auszusteigen.

Derzeit sei Inyova dabei, die Vorschläge anderen Aktionären zu präsentieren – «inklusive Klatten und Quandt». Das Feedback sei positiv: «Der Case findet die Zustimmung anderer Aktionäre. Und übrigens auch von einer Reihe von Vertretern bei BMW.» Details nennt Lang nicht.

Klar ist: Das Vorgehen von Inyova bei BMW ist die Fortsetzung des Impact Investing mittels konkreten Engagements. Statt ein Unternehmen bloss aus dem Anlage-Universum zu kippen, versucht man, Einfluss auf die Entscheidungsträger zu nehmen und so Veränderungen anzuregen. Active Ownership nennt man das. Und Lang kündigt an, dass BMW nur ein Anfang sei. «Auch ein kleiner Player sollte den Mut haben, etwas zu bewegen.»

BMW, übrigens, hat bislang auf die Bitte einer Stellungnahme zu den Vorstössen von Inyova nicht reagiert.

Autopapst Dudenhöffer teilt Meinung von Inyova

Indirekte Unterstützung bekommt Inyova vom deutschen Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer. In einer Analyse zum Jahresergebnis der BMW Group hält der «Autopapst» fest: «Nach meiner Einschätzung hat sich BMW zu lange mit Spielereien wie Brennstoffzellen-Antriebe und Plug-In-Hybriden aufgehalten und damit zu wenig das Thema vollelektrische Autos fokussiert.»

«Bis BMW die knapp eine Million vollelektrische Fahrzeuge wie Tesla im letzten Jahr erreicht, dauert es gut fünf Jahre. Und bis dahin wird Tesla weltweit mehr verkaufen als die BMW Group insgesamt.»

Ferdinand Dudenhöffer, Direktor Center Automotive Research

 

Dabei seien E-Autos die Zukunft. «Bis BMW die knapp eine Million vollelektrische Fahrzeuge wie Tesla im letzten Jahr erreicht, dauert es gut fünf Jahre. Und bis dahin wird Tesla weltweit mehr verkaufen als die BMW Group insgesamt.» Durch die Zögerlichkeit sei BMW, so Dudenhöffer weiter, «in einen Kostennachteil beim vollelektrischen Auto hineingelaufen».