Die KMU der Maschinen-, Elektro- und Metallbranche (MEM) klagen, dass sie von den Banken nicht mit genügend Geld versorgt werden. Gar von einer Kreditklemme ist die Rede. Doch das Problem liegt weniger bei den Banken als in der Kostenstruktur der kleinen Exporteure.
Anfang Monat schlug der KMU-Verband Swissmechanic Alarm. Rund ein Drittel der befragten Unternehmen gab an, dass die finanziellen Mittel fehlen, um in die Digitalisierung zu investieren. Und ebenfalls knapp ein Drittel bewertete die aktuellen Konditionen der Geschäftsbanken für Firmenkredite als schlecht oder sehr schlecht.
Swissmechanic folgerte daraus, dass die KMU in der MEM-Industrie in einer Kreditklemme stecken. Das Wort des Verbands hat durchaus Gewicht. Er zählt rund 1400 Mitgliederfirmen, die insgesamt 70'000 Angestellte beschäftigen und einen aggregierten Jahresumsatz von 15 Milliarden Franken erzielen.
Am Branchentreffen in Luzern vor zwei Wochen doppelte Gastreferent und CVP-Präsident Gerhard Pfister nach. Die Banken würden Darlehen mehrheitlich für Unternehmen im Dienstleistungssektor und für Start-ups vergeben. «Wir kriegen das Geld nicht dahin, wo es benötigt wird - zu den KMU».
Rückläufige Blankokredite
Dass die Banken zurückhaltender geworden sind bei der Vergabe von unbesicherten Firmendarlehen ist kein Geheimnis. Laut Zahlen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hat das Volumen der KMU-Kredite in den vergangenen acht Jahren von 72 auf 40 Milliarden Franken abgenommen. Der Volumenrückgang ist nicht zuletzt eine Folge der strengeren Bankenregulierung im Zuge der Finanzkrise, insbesondere der gestiegenen Eigenmittelanforderungen.
Auch die Ertragssituation beeinflusst die Kreditvergabe. Ein Schraubenhersteller, der seit Jahren mit rückläufigen Umsätzen kämpft, befindet sich bei Verhandlungen mit seiner Hausbank in einer ungünstigen Position. Doch gerade für kleine Firmen mit wenig Eigenmitteln sind diese sogenannten Blankokredite wichtig, zumal die meisten keinen Zugang zum Kapitalmarkt haben.
Studie besagt gute Finanzierungssituation
Von einer Kreditklemme will man bei den Banken aber nichts wissen. «Der überwiegende Teil der Kreditanträge von KMU wird gutgeheissen. Deshalb können wir die Aussagen von Swissmechanic nicht nachvollziehen», sagt Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik bei der Bankiervereinigung. Und die SNB schreibt auf Anfrage, dass es keine Anhaltspunkte für eine generelle Verteuerung von Bankkrediten in den letzten Jahren gebe.
Tatsächlich kam eine Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Hochschule Luzern unlängst zum Schluss, dass die Finanzierungssituation der Schweizer KMU über alle Branchen gesehen gut ist. Nur 6 Prozent der eingereichten Kreditanträge würden von den Banken abgelehnt.
Viele versuchen es gar nicht erst
Das Fazit mag für den Durchschnitt der knapp 2000 vom Seco befragten KMU zutreffen. Doch die kleinen Industrieunternehmen befinden sich in einer Spezialsituation. Die meisten sind Zulieferer mit weniger als 50 Angestellten und einer Exportquote von durchschnittlich 60 Prozent.
Diesen Export-KMU macht der starke Franken besonders zu schaffen, denn eine Produktionsauslagerung ins Ausland ist für sie schwieriger als für grosse Industrieunternehmen. Gleichzeitig sehen sie sich mit einer wachsenden Billigkonkurrenz aus Asien konfrontiert. Die Folge sind sinkende Umsätze, schwindende Margen und damit schlechtere Aussichten auf einen Kredit.
Indirekt gibt auch die Seco-Umfrage einen Hinweis auf diese Problematik. So stellen gut ein Fünftel jener Unternehmen, die im Zeitraum von 12 Monaten ein Finanzierungsbedürfnis hatten, gar keinen Kreditantrag. Und mit abnehmender Unternehmensgrösse und steigender Exportabhängigkeit nimmt die Zahl dieser Entmutigten deutlich zu. Laut dem Bericht erwarten diese Unternehmen entweder, dass der Antrag von der Bank abgelehnt wird, oder sie rechnen mit ungünstigen Bedingungen.
Potential bei Bürgschaften
Einer, der die Sorgen der Kleinen aus dem Alltag kennt, ist André Kormann, Direktor der Bürgschaftsgenossenschaft Mitte. Kormann bestätigt, dass es für Firmen mit weniger als 20 Angestellten schwieriger geworden ist, Bankdarlehen zu vernünftigen Konditionen zu erhalten. Betroffen seien vor allem metallverarbeitende Betriebe, Garagen, Detailhändler oder Gastrounternehmen.
Laut Kormann steigt aus diesen Branchen die Nachfrage nach Bürgschaften seit Jahren kontinuierlich an. Von einer Kreditklemme spricht aber auch er nicht: «Die Banken machen ihren Job».
Die Erhöhung der Bürgschaftslimite auf eine Million Franken, die das Parlament im März in die Wege leitete, will Kormann nun als Anlass nehmen, um die Genossenschaften in der KMU-Welt bekannter zu machen. Denn nur jeder siebte Betrieb weiss, dass es solche Unterstützungsorganisationen überhaupt gibt. Auch das war eine der Erkenntnisse aus der zitierten Seco-Studie.
Das Potential scheint hoch. Aktuell beträgt das schweizweite Volumen der Bürgschaften lediglich 260 Millionen Franken, ein Klacks im Verhältnis zu den insgesamt 40 Milliarden an KMU-Krediten.
Investoren statt Banken
Einen Ausweg für die KMU stellen auch Crowdlending-Anbieter dar, die jüngst durch die revidierte Bankverordnung gestärkt worden sind. So ist bei einem Kreditvolumen von bis zu einer Million Franken seit Anfang August eine unbeschränkte Anzahl Investoren zugelassen. Auf Online-Plattformen wie Swisspeers können dadurch auch grössere Finanzierungsprojekte realisiert werden. Bisher war die Zahl der Investoren auf 20 beschränkt.
Bei Swisspeers heisst es, dass die Nachfrage seit dem Start der Plattform im Sommer 2016 stark zugenommen habe - sowohl von Investoren - wie auch von Unternehmensseite. Bisher wurden 79 KMU-Kredite aus 18 Branchen finanziert.
Die meisten Unternehmen fragten Beträge unter 200'000 Franken an, sagt Mitgründer Alwin Meyer. «In diesem Bereich hat Crowdlending grosses Potential.» Denn bei kleinen Blankodarlehen sei die Risikoanalyse für die Banken zu teuer. Swisspeers könne hier tendenziell günstigere Konditionen anbieten.
(sda/ccr)