Eigentlich sind die neuen Debitkarten von Visa und Mastercard etwas Gutes. Sie können wie Kreditkarten fast überall eingesetzt werden – also auch im Internet – und belasten direkt ein Konto. Wie die gute alte Maestro-Karte. Viele Bankkunden und -kundinnen freuten sich daher, als die Banken letztes Jahr begannen, die neuen Karten zu verschicken.
Weniger Freude hatte der Handel. Noch verkraftbar wäre die neu eingeführte Zusatzgebühr, die als Kick-back an die herausgebenden Banken fliesst. Schlimmer aber: Die Acquirer, welche für Handel und Gastronomie die Zahlungen abwickeln, ignorierten die neuen Ansätze erst ganz und verrechneten einfach die Gebühren für die noch teureren Kreditkarten. Die Marktführer Worldline SIX und Concardis bestätigen gegenüber der «Handelszeitung» entsprechende Vorwürfe der «Gewerbezeitung».
Überrascht von Anzahl neuer Zahlen
Anders als im Organ des Gewerbeverbandes vermutet, stecken dahinter jedoch weniger technische Gründe als Kalkül. Zwar sei man überrascht worden vom schnellen Ansteigen der Zahl neuer Karten, sagt Concardis-Länderchefin Marianne Bregenzer. Das Problem habe jedoch nie darin bestanden, diese zu erkennen. Man habe für die neuen Karten noch keine Tarife gehabt, weshalb «übergangsweise» der Kreditkartentarif zur Anwendung gekommen sei.
Etwas kryptischer tönt es bei Worldline SIX: «Aus unserer Sicht hätte es bei der Vorbereitung der Produkteinführung mehr Abstimmungsbedarf im Sinne einer allparteilichen Zusammenarbeit der Finanzwirtschaft geben müssen», sagt Sprecherin Susanne Stöger. Um zu vermeiden, dass Karten nicht akzeptiert würden, habe man ebenfalls auf die Abwicklung als Kreditkartenzahlung gesetzt.
Teilweise profitieren erst Neukunden
Nachdem es zu vielen Reklamationen kam, reagierten die Acquirer. Worldline SIX schreibt, seit dem 15. Februar komme ein neuer Tarif zur Anwendung. Bei Concardis gilt das bisher aber nur für neue Verträge. Bei bestehenden Kunden werde der günstigere Ansatz «im Verlauf des ersten Semesters 2021» eingeführt.
Für den Handel geht es um viel Geld. Bei Kreditkarten fliesst im Inland ein Kick-back von 0,35 bis 0,4 Prozent des Umsatzes an die Kartenherausgeberin. Bei den neuen Debitkarten ist der Ansatz für Kleinbeträge ähnlich, allerdings ist er bei 50 Rappen gedeckelt.
Pauschalen für Kleinkunden
Hinzu kommt: Nur grosse Kunden bezahlen exakt die jeweilige Interchange. Kleinkunden haben oft Pauschalen mit deutlich höheren Prozentsätzen. Da kann der Unterschied zwischen Debit und Kredit schnell mal 1 Prozentpunkt ausmachen.
Die Mehreinnahmen flossen nicht wie bei den Kick-backs an die Kartenherausgeber, sondern blieben bei den Zahlungsabwicklern. Was auch die Zurückhaltung bei der Einführung neuer Tarife erklären kann. Hinter vorgehaltener Hand frotzelt ein Banker, dass sich die Acquirer «bei den KMU immer dann sehr viel Zeit lassen, ein neues Pricing einzuführen, wenn es zu deren Ungunsten ist und solange der Druck vom Handel nicht steigt».