Für Menschen, die mit den Flugzeugen von Thomas Flohr fliegen, spielt Geld keine Rolle. Sie gehören nicht bloss zu den Happy Few, sondern zu einem besonders exklusiven Kreis der Happy Few. Sie haben nicht bloss die First-Class der Linienfluggesellschaften hinter sich gelassen, sondern auch die kommunen Angebote der Privatfliegerei. Sie wollen das Beste, was mit Geld zu kaufen ist: Flight-Attendants, die in britischen Butlerschulen ausgebildet wurden, Lederbezüge aus feinsten italienischen Gerbereien, Bordcatering, das es mit jedem irdischen Sternelokal aufnehmen kann, Decken aus Wolle von Baby-Alpakas, professionelle Schauspielerinnen und Schauspieler, welche die Kids auf der Reise unterhalten. Julian Assange flog bereits mit einem von Thomas Flohrs Jets, genau wie Barack Obama, Formel-1-Fahrer Charles Leclerc, Tennisstar Novak Djokovic, Schauspieler George Clooney und Ex-Model Claudia Schiffer.
Es ist eine exklusive Welt, in der wir uns bewegen. Eine Welt, in der eine Flugreise von London nach Dubai deutlich mehr kostet als der Jahreslohn eines mittleren Angestellten in der Schweiz – one way. Eine Welt des Erfolgs. Es ist die Welt, in der sich der milliardenschwere Schweizer Unternehmer Thomas Flohr mit Wohnsitz in St. Moritz ganz geschmeidig bewegt.
Jedenfalls in der Regel. Doch seit einiger Zeit muss er sich mit einem Mann beschäftigen, der seine Kreise empfindlich stört, der öffentlich über Flohr lästert, der Flohrs Unternehmen und dessen Reputation schadet.
David gegen Goliath: John Matthews auf Mission gegen Thomas Flohr
Der Mann heisst John Matthews und ist wie Flohr im Geschäft mit der Privatfliegerei. Matthews Unternehmen heisst Air X. Es ist im Vergleich zu Flohrs Firma, der Vista Global mit Sitz in Dubai, ein kleiner Fisch in dem Business, das von Warren Buffetts Netjets – die Firma zählt Roger Federer zu ihren Kunden – dominiert wird.
Matthews mag Flohr nicht. Und er mag – wen wunderts? – Vistajet nicht. Dabei geht es nicht nur um die Rivalität unter Unternehmern, die in einem ähnlichen Teich fischen und die natürlich beide möglichst grosse Fische an der Angel haben möchten; diesen Kampf gegen Flohr hat Matthews längst verloren.
Es geht um mehr. Um persönliche Animositäten und Anschwärzungen. Fast ein Jahr lang hat sich Matthews mit einer kleinen Gruppe von Angestellten in einer Whatsapp-Gruppe über Flohr, Vistajet und dessen Geschäftsmodell unterhalten. Genauer: Ein Jahr lang hat Matthews mit seinen Leuten via Whatsapp darüber nachgedacht, wie sie Flohr und Vistajet schlechtmachen können, wie sie mit Dreck nach dem Rivalen schmeissen können. Kürzlich hat das «Wall Street Journal» ausführlich darüber berichtet, inklusive diverser schmutziger Details.
Eine Whatsapp-Gruppe mit Finanzbetrüger Bernie Madoff als Gruppenbild
Für seine Anti-Flohr-Gruppe hat Matthews zum Beispiel ein Foto des Finanzbetrügers Bernie Madoff – dieser hat weltweit, auch in der Schweiz, viele reiche Familien um stattliche Summen gebracht – als Gruppenbild verwendet. Und die Gruppenmitglieder haben – zum Teil anonym – mit E-Mails an Lieferanten, Schuldner, Journalistinnen und Ratingfirmen Wind gemacht gegen Flohr und Vista Global. Das Business sei strukturell undurchschaubar, die Schuldenberge ungesund hoch und Flohr ein hinterhältiger und unethischer Geschäftsmann.
Matthews Problem: Der Inhalt seiner Whatsapp-Gruppe landete aus bislang nicht geklärten Gründen auch bei Thomas Flohr. Und nun – logisch – streiten die beiden Unternehmer vor Gericht. Es ist der wahrscheinlich nur vorläufige Höhepunkt einer an Gift und Galle reichen Obsession Matthews’ mit Flohrs Erfolg.
Aber ist David Matthews einfach nur neidisch auf Goliath Flohr? Oder steckt vielleicht mehr hinter dem Hahnenkampf der zwei Unternehmer? Und vor allem: Was ist dran an den Vorwürfen, dass Flohrs Vista Global existenzbedrohende Schulden haben könnte?
Thomas Flohr: «Die Geschehnisse sprechen für sich selbst»
Thomas Flohr mag auf Anfrage der «Handelszeitung» nicht detailliert auf die Anwürfe von Matthews eingehen. Er lässt nur ausrichten, dass er «die ganze Sache nicht gross kommentieren» wolle, zumal «die Geschehnisse auch für sich selbst sprechen» würden. Letzteres ist eindeutig, und Matthews steht gegenüber dem «Wall Street Journal» auch klar dazu, dass er den Konkurrenten schlechtmachen will: «Ich habe ein vollkommenes Eigeninteresse an meiner Besessenheit, die ich gegen ihn hege.» Sein Eigeninteresse sei persönlicher und finanzieller Natur, gibt Matthews ausserdem zu. Relevantes Detail am Rande: Die beiden Streithähne haben sich nie persönlich getroffen.
Muss man die Causa also einfach als im Grunde überflüssige Fehde eines unterlegenen Konkurrenten abtun? Das könnte durchaus sein. Fakt ist aber auch: Die beispiellose Erfolgsgeschichte made in Switzerland, die Flohr mit Vista Global geschrieben hat, wird schon seit längerem mit Argusaugen beobachtet. Nicht nur von Matthews, sondern zum Beispiel auch von Ratingagenturen und Buchprüfern.
Ist Vistajet ein Ikarus? Der Vorwurf steht seit Jahren im Raum
Und schon mehrfach wurde Flohr vorgeworfen, sein Privatjetriese – an dem neben ihm auch die Private-Equity-Gesellschaft Rhône Capital beteiligt ist – sei im Grunde ein schuldenfinanzierter Ikarus, der (auch) Flohrs persönliche Taschen fülle. Bereits im Dezember des letzten Jahrs konterte Flohr im Interview mit der «Handelszeitung», dass sein «Geschäftsmodell absolut tragfähig» sei. «Wir haben Ebitda-Margen von knapp über 30 Prozent, und der Cashflow ist positiv – seit dem ersten Tag», so Flohr weiter. Die Firma sei «sauber durchfinanziert und profitabel». Und diese Aussage würde durch die Kreditratings bekräftigt.
Vistajets Finanzen sind vertraulich
Wie gesund Vista Global tatsächlich ist, lässt sich als Journalist nicht überprüfen. Das Unternehmen versteckt die entsprechenden Daten dazu im Netz hinter einer Schranke, die sich nur jenen Investoren öffnet, die eine Vertraulichkeitserklärung abgeben und sich verpflichten, keine Informationen an weitere Personen zugänglich zu machen.
350 Jets gehören zu Thomas Flohrs Unternehmen Vista Global. Es ist die zweitgrösste Privatjetfirma der Welt.