Ivan Glasenberg hatte einen Traum: Der Rohstoffhändler Glencore sollte sich mit dem schweizerisch-britischen Bergbauriesen Xstrata vereinigen und zu einem Titan der Branche werden. Doch diese Vision droht sich jetzt direkt vor den Augen des Glencore-Konzernchefs in Luft aufzulösen.

Die Mega-Fusion der vergangenen Jahre ist im Begriff zu scheitern, weil sich Glencore und der Staatsfonds Qatar Holding (QI) nicht über den Kaufpreis der Glencore-Aktien einigen können. Konzernchef Ivan Glasenberg bietet den Xstrata-Investoren 2,8 Glencore-Aktien für ein Xstrata-Papier. Dieses Angebot bezeichnet der Geldgeber und Xstrata-Grossaktionär aus dem Nahen Osten jedoch als ungenügend und verlangt seinerseits 3,25 Glencore-Aktien. 

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Angebot von Glencore scheint fair zu sein

Davon will Glencore aber nichts wissen und nennt die Offerte weiter «grosszügig». Das sieht Bernd Hartmann genauso. «Im Licht der eher schlechteren Halbjahresergebnisse von Xstrata erscheint das Angebot von Glencore nicht unfair zu sein», sagt der Leiter Investment Research von der VP Bank.

Der Umsatz von Xstrata verringerte sich im ersten Halbjahr 2012 um sieben Prozent auf 15,55 Milliarden US-Dollar. Darüber hinaus musste der Bergbaukonzern einen verminderten Reingewinn von 23 Prozent auf 2,19 Milliarden US-Dollar hinnehmen. Diesen Unternehmenszahlen zum Trotz halten die Investoren aus Katar vorerst an ihrer Maximalforderung fest und wollen den Zusammenschluss beider Firmen in letzter Minute verhindern. Gemeinsam mit weiteren Fusionskritikern kommt der Xstrata-Grossaktionär auf eine Stimmkraft von 17 Prozent. Die Schallmauer für eine Ablehnung an der ausserordentlichen Generalversammlung von Xstrata liegt bei 16,48 Prozent. 

Arbeitsplätze in Gefahr: So oder so

Kommt die Fusion nicht zustande, stellt sich die Frage nach den wirtschaftlichen Konsequenzen. Glencore zählt derzeit 58'000 Mitarbeiter. Bei Xstrata stehen über 70'000 Mitarbeiter unter Vertrag. Rohstoffexperte Bernd Hartmann sagt dazu: «Es ist sehr schwer abschätzbar, ob die jetzt ausbleibenden Synergien, welche auf 500 Millionen US-Dollar pro Jahr beziffert werden, zu einem Stellenabbau führen werden». Das heisse allerdings nicht, dass bei einer allfälligen Fusion die Jobs bei Xstrata und Glencore gesichert seien - im Gegenteil: «Es ist davon auszugehen, dass die erwähnten Synergien bei einer Fusion zu einem Stellenabbau geführt hätten», sagt Hartmann. 

An personelle Konsequenzen an der Spitze von Glencore glaubt Rohstoffexperte Hartmann indes nicht - auch wenn Konzernchef Glasenberg die Fusion angestrebt hat. «Herr Glasenberg steht bisher nicht stark in der Kritik und ist auch nicht ein Grund für das Blockieren des Staatsfonds von Katar. Aus unserer Sicht würde ein Scheitern keinen Anlass für einen Rücktritt geben». Kritik an Glasenberg kann sich Hartmann dennoch nicht verkneifen. «Sollte der Staatsfonds an seiner Forderung zur Erhöhung des Angebotes für die Übernahme festhalten und Glencore diese nicht erfüllen, macht ein erneuter Anlauf innerhalb kurzer Zeit keinen Sinn». 

Glasenberg müsste mindestens ein Jahr lang auf neuen Versuch warten

Hintergrund der Aussage: Glencore-Konzernchef Glasenberg hatte stets betont, nach einem Scheitern der Fusion mit Xstrata in absehbarer Zukunft einen neuen Anlauf zur Vereinigung beider Unternehmen zu nehmen. Darauf müsste der Manager mit Wohnsitz in Rüschlikon aber mindestens zwölf Monate lang warten. Für Rohstoffexperte Hartmann Grund genug, sich zu bewegen. «Grundsätzlich hat es Glencore in der Hand, die Fusion zu einem höheren Preis über die Bühne zu bringen».