Griechenlands Ex-Regierungschef Giorgos Papandreou hatte es geahnt: «Uns steht eine neue Odyssee bevor», sagte der Sozialist, als er am 23. April 2010 von der malerischen Insel Kastellorizo einen Hilferuf an die EU und den Internationalen Währungsfonds (IWF) richtete. Sein Land stand damals kurz vor dem finanziellen Kollaps. Es folgte ein in der Geschichte der EU und des Euros beispielloses Drama.

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Die Krise hatte viele Ursachen. Dazu gehörte sicher massgeblich, dass Griechenlands relativ junge Demokratie – erst 1974 stürzte die Militärdiktatur – unter Vetternwirtschaft, Korruption und einem überbordenden Verwaltungsapparat litt. Vor allem nach dem Euro-Beitritt 2002 und in den Jahren vor 2010 überstiegen die Staatsausgaben die Einnahmen erheblich, wegen undurchsichtiger Statistiken jedoch war das Ausmass der Verschuldung lange unklar. Papandreou konnte noch 2009 die Wahlen mit dem Slogan «Geld gibt es» für sich entscheiden. 

Nach seinem Hilferuf 2010 hoben die Euro-Partner praktisch aus dem Stegreif ein erstes Hilfsprogramm von 80 Milliarden Euro aus der Taufe – im Gegenzug für erste Reform- und Sparmassnahmen.

Die Europäische Union war auf eine solche Situation kaum vorbereitet, Angst vor einer Ansteckung der gesamten Eurozone griff um sich. Derweil verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage in Griechenland zunehmend. Die Arbeitslosigkeit schnellte auf mehr als 25 Prozent hoch, die Bürger verloren teils mehr als 25 Prozent ihres Einkommens.

Die Sozialisten brachen in der Gunst der Wähler ein, im Zentrum Athens kamen bei Gewaltausbrüchen während grosser Demonstrationen mehrere Menschen ums Leben. Die Lage blieb beharrlich schlecht. Europa schnürte ein zweites Hilfspaket. Letztlich noch ein drittes.

Die Bilanz? Das Land bleibt ein Jammertal. Die Arbeitslosigkeit ist höher als noch vor zehn Jahren. Die Staatsschulden sind auf Rekordniveau. Und die Marktkapitalisierung der in Athen notierten Unternehmen ist in sich zusammengebrochen. Selbst das vermeintliche Betongold hat seinen Glanz verloren. Diese Grafiken geben einen Überblick über die Misere:

1. Die Wirtschaft hat Muskelkraft verloren

Die Statistik zeigt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Griechenland von 2008 bis 2018 in US-Dollar. Die Kurve zeigt klar nach unten. Nicht besser ist die Entwicklung beim BIP pro Kopf. Im Jahr 2018 beträgt dieses geschätzt rund 21'144 US-Dollar. Vor zehn Jahren lag es noch bei über 32'000 US-Dollar.

2. Die Leute sind massenhaft aus dem Land geflüchtet

Diese Statistik zeigt den Migrationssaldo/Wanderungssaldo für Griechenland aufgeschlüsselt nach Anzahl der langfristigen Einwanderungen und Auswanderungen für den Zeitraum 2006 bis 2016. Im Jahr 2016 wanderten langfristig 116'867 Personen nach Griechenland ein, während im gleichen Zeitraum 106'535 Personen aus Griechenland auswanderten. Somit ergibt sich für Griechenland im Jahr 2016 ein positiver Migrationssaldo/Wanderungssaldo von 10'332 Personen.

3. Noch immer ist jeder fünfte Grieche ohne Job

Die Statistik zeigt die Arbeitslosenquote in Griechenland von 2008 bis 2018. Im Jahr 2018 liegt die Arbeitslosenquote in Griechenland geschätzt bei rund 19,8 Prozent.

4. Die Mieten fressen einen Grossteil des Einkommens auf

Diese Statistik zeigt die Quote der Überbelastung der Bevölkerung in Griechenland durch Wohnkosten im Zeitraum der Jahre von 2004 bis 2016. Die Quote der Überbelastung durch Wohnkosten entspricht dem in privaten Haushalten lebenden prozentualen Anteil der Bevölkerung, bei dem sich die Wohnkosten insgesamt (abzüglich Wohnungsbeihilfen) auf mehr als 40 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens (abzüglich Wohnungsbeihilfen) belaufen.

5. Die Immobilienpreise sind massiv gesunken

Diese Statistik zeigt die Entwicklung der Hauspreise in Griechenland im Zeitraum der Jahre von 2000 bis 2017. Der abgebildete Eurostat-Häuserpreisindex erfasst Preisveränderungen bei allen von privaten Haushalten erworbenen Wohnimmobilien (Wohnungen, Einfamilienhäuser, Reihenhäuser usw.), sowohl bei Neubauten als auch im Bestand, unabhängig von Endverwendung und Vorbesitzern. Es werden nur Marktpreise berücksichtigt, selbstgebauter Wohnraum ist daher ausgenommen. Die Grundstückskomponente ist inbegriffen.

6. Die Firmen haben Wert eingebüsst

Diese Statistik zeigt die Marktkapitalisierung der börsennotierten Unternehmen in Griechenland im Zeitraum der Jahre von 2001 bis 2017. Die Marktkapitalisierung spiegelt den aktuellen Börsenwert eines börsennotierten Unternehmens wider und ergibt sich aus dem aktuellen Aktienkurs multipliziert mit der Gesamtzahl ausgegebener Aktien. Im Jahr 2017 belief sich die Marktkapitalisierung der börsennotierten Unternehmen in Griechenland auf rund 50,61 Milliarden US-Dollar.

7. Die Banken haben das Netz radikal eingestampft

Diese Statistik zeigt die Anzahl der Zweigstellen der Kreditinstitute in Griechenland im Zeitraum der Jahre von 1997 bis 2017. Abgebildet wird der Stand am Ende des jeweiligen Jahres. Zum Ende des Jahres 2017 unterhielten die griechischen Kreditinstitute etwa 2.168 Zweigstellen im Inland.

8. Die Staatseinnahmen gehen zurück – aber auch die Ausgaben

9. Die Verschuldung steigt

Die Statistik zeigt die Staatsverschuldung von Griechenland von 2008 bis 2018. Die Angaben beziehen sich auf den Gesamtstaat und beinhalten die Schulden des Zentralstaats, der Länder, der Gemeinden und Kommunen sowie der Sozialversicherungen. Im Jahr 2018 beträgt die Staatsverschuldung Griechenlands geschätzt rund 349,9 Milliarden Euro.

10. Kein Land in Europa steht mehr in der Kreide

Die Statistik zeigt die Staatsverschuldung von Griechenland von 2008 bis 2018 in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Im Jahr 2018 beträgt die Staatsverschuldung Griechenlands geschätzt rund 191,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Europa am zweitschlechtesten steht Italien da mit einer Quote von knapp über 130 Prozent. Nummer drei: Portugal – knapp unter 130 Prozent.

(ise)