Als Ariste Calame (1839-1917) 1882 in Le Locle eine eigene Uhrmacherwerkstatt eröffnete, wurden in der Schweiz 4 Mio Uhren im Jahr hergestellt und 34000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Heute sind es mit rund 39000 Beschäftigten nicht viel mehr. Dank Serienproduktion und neuen Technologien produzieren diese jedoch das Siebenfache, also gegen 30 Mio Uhren pro Jahr. Dazwischen liegen zwei Weltkriege, mehrere einschneidende Krisenjahre, aber auch goldene Jahrzehnte der Hochkonjunktur.

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Traditionell glänzende Beziehungen zu den USA

Von den einst hunderten von Manufakturen ist nach der «Quarz-Revolution» Mitte der 1970er Jahre noch knapp ein Dutzend echter Manufakturen übrig geblieben. Jene von Calame, die ab 1908 eigene Uhrwerke entwickelte und die Marke Zodiac schuf, wuchs unter der 4. Generation mit René Calame (1902-1978) dank Exporttätigkeiten in die USA und Gründung einer eigenen Niederlassung in New York zu einer bedeutenden Grösse heran. Zodiacs Spezialität waren damals rechteckige Armbanduhren.

Ab 1957 eroberte Zodiac auch den japanische Markt. Bei zahlreichen ersten Innovationen in der Uhrenbranche war die Manufaktur stets mit dabei. Etwa 1930 bei der Einführung der ersten automatischen Sportuhren, in den 1950er Jahren bei den professionellen Taucheruhren mit der Lancierung der legendären Sea Wolf. Oder gegen Ende der 1960er Jahre mit der Entwicklung der ersten elektronischen Uhr Dynortron, einer Astrographenuhr, sowie 1970 mit der ersten analogen Quarzuhr mit dem berühmten Beta-21-Kaliber.

Castella ein Retter mit einem bekannten Namen

Dennoch ereilte Zodiac um 1975 das gleiche Schicksal wie viele andere Schweizer Uhrenmanufakturen auch: Zodiac musste den Konkurs anmelden. Wie schon bei Zenith trat Paul Castella von den Dixi Maschinenfabriken auch bei Zodiac als rettender Investor auf. Doch weder er noch die beiden nachfolgenden Besitzer Grenender International oder der frühere TAG-Heuer-Manager Willy Gad Monnier vermochten das traditionsreiche Uhrenunternehmen vor dem Untergang zu retten.

Im Herbst 2002 stand plötzlich der Name eines nahezu unbekannten Unternehmens in der Schweizer Wirtschaftspresse: Fossil Ink. Das Unternehmen aus Texas erwarb die Marke Zodiac für 7 Mio Dollar. Weil Zodiac über keine eigenen Produktionsstätten mehr verfügte, suchte Fossil für das Revival der Swiss-made-Uhr die passende Infrastruktur. In Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Kantons Bern konnten die Texaner drei kleine Bieler Spezialfirmen erwerben: Montres Antima, die Uhren im Privat-Label-Bereich herstellt, die designstarke Méliga Hamillement Horloger sowie Synergies Horlogères, die vor allem Prototypen entwickelt.

Wer weiss? Vielleicht bald eigene mechanische Werke

Unter dem Dach von Antima und der Leitung von Jörg Bader wurden Spezialisten vereint, die für ihr Mutterhaus Fossil Swiss-made-Uhren herstellen. Antima beschäftigt 50 Personen, darunter fünf Designer und sieben erfahrene Uhrmacher. «Eine gute Ausgangsposition, um längerfristig auch wieder eigene mechanische Werke entwickeln zu können», sagt Bader. Doch vorläufig ticken in den neu lancierten Zodiac-Uhren nachbearbeitete Kaliber 2824 von ETA oder Quarzwerke von Ronda.

Die neue Zodiac-Kollektion wird in die drei Linien Sport, Casual und Classic unterschieden und beansprucht im Design die Attribute «frisch und jung, sportlich und sexy».

Sportuhren machen rund die Hälfte der 2004-Neuheiten aus und sollen für 18- bis 35-Jährige, vornehmlich männlichen Geschlechts und in städtischen Gebieten wohnhaft, zahlbare Einsteigermodelle sein. Ob Sport-, Freizeit- oder Klassik-Zeitmesser alle Modelle zeichnen sich durch Liebe zum Detail aus und bewegen sich in der mittleren Preisklasse von 250 bis 550 Fr., Chronographen bis 1200 Fr.

Jörg Bader und Thomas Steinmann sind von der Zusammenarbeit mit Fossil und dem Input der über hundert in Dallas stationierten Designer begeistert. Fossil steht für Innovation und Design, für topmodische Kollektionen und ein Life-style-orientiertes authentisches Marketing. Von diesem Erfolgsrezept kann auch die Marke Zodiac profitieren.

Fossil: Schon bald ein Umsatzmilliardär

Während Nicolas G. Hayek im März 1983 die erste Swiss-made-Quarzuhr aus Kunststoff mit Namen Swatch lancierte und damit eine neue Ära in der schweizerischen Uhrenbranche einläutete, werkelten im fernen Texas vier Uhrenfreaks an einer eigenen Uhrenkollektion. Unter der Marke Fossil lancierte das junge Familienunternehmen mit dem Slogan «The new american classic» Uhren im 1950er-Look, jede einzelne verpackt in einer zur Uhr passend dekorierten Blechdose. Sie landeten damit einen weltweiten Dauerbrenner.

Längst ist Fossil an der New Yorker Börse kotiert und hat mit modischen Produkten in weitere Bereiche diversifiziert: Schmuck, Lederwaren sowie Sonnen- und Korrekturbrillen.

Getreu ihrer Philosophie, nur Echtes in guter Qualität zum bestmöglichen Preis anzubieten, steuert die Marke Fossil seit 20 Jahren auf Erfolgskurs. Die Zahlen sprechen für sich: 2003 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 970 Mio Fr. (+17,8%) und einen Reingewinn von 85 Mio Fr. (+16%). (sr)



Zeitzeichen

«Die meiste Zeit geht dadurch verloren, dass man nicht zu Ende denkt.»

Alfred Herrhausen, 1930-1989, deutscher Bankier

Zeitzeichen

«Die Zeit ist eine unsichere Verbündete; man weiss nie genau, für wen sie eigentlich arbeitet.»

Alberto Moravia, 1907-1990, italienischer Schriftsteller



Thomas Steinmann: «Mein Ziel war nie das rasche Geld»

Thomas Steinmann (44) ist mit NO-time, Basel, in knapp zehn Jahren zum grössten Vermarkter von Fashion Brands im Schweizer Uhrenmarkt avanciert. Dann verkaufte er NO-time an die texanische Fossil Ink.

Wie sind Sie zu Fossil gekommen? Reiner Zufall. Ich sah eines Tages die Uhrenmarke Fossil und staunte nicht schlecht. Design und Qualität faszinierten mich so sehr, dass ich mit Fossil Kontakt aufnahm. Ich war damals noch Geschäftsführer einer Grossuhren-Firma. Meine Begeisterung war stark genug, um meinen Arbeitgeber für den Aufbau eines zweiten Geschäftszweiges zu gewinnen. So begann ich inhouse ab 1989 die Uhrenmarke Fossil auf dem Schweizer Markt einzuführen. Mit zunehmendem Erfolg und weit grösserem Umfang als angenommen, kamen wir überein, das Fossil-Geschäft per 1. Januar 1995 mit mir und der neu gegründeten Aktiengesellschaft NO-time auszulagern.

1998 übernahm NO-time die Markteinführung der Marke Emporio Armani. Wie kam es dazu?

Ebenfalls über Fossil. Giorgio Armani gelangte an Fossil, weil er Uhren- und Schmucklinien nach seinem eigenen Stil entwerfen, Produktion und weltweiten Vertrieb aber an Drittfirmen übergeben wollte.

Seither sind acht weitere Modemarken wie Diesel, Dolce & Gabbana, Donna Karan, Philippe Stark oder Burberry dazugekommen, die ihre Uhren- und Schmucklinien von NO-time vermarkten lassen. Wie geht das? Mit einem 20-köpfigen, voll motivierten Team und einer sehr guten Organisation. Es war nie mein Ziel, rasch das grosse Geld zu machen, sondern mein Geschäft solide und schrittweise aufzubauen.

Sie leisten sich für jede Marke einen eigenen Aussendienst: Rechnet sich das? Verkaufen muss man mit Leib und Seele; da kann man nicht um 10 Uhr Zeitmesser von Fossil, um 14 Uhr solche von Armani und um 16 Uhr einen Zodiac-Chronographen absetzen. Wir wollen für den Fachhandel in erster Linie Berater sein und eine solide Vertrauensbasis schaffen. Das hängt enorm von der Kontinuität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab.

Weshalb haben Sie ihr Unternehmen NO-time trotzdem an Fossil verkauft? Als durch die Übernahme der Bieler Uhrenspezialisten und den Erwerb der Marke Zodiac durch Fossil klar geworden ist, dass unser Hauptlieferant in die Produktion von Swiss-made-Uhren einsteigen will, verstärkte sich unsere Zusammenarbeit schlagartig, natürlich auch mit Antima in Biel. Der Anschluss an das texanische Mutterhaus erleichtert vieles in Vertrieb und Logistik und sichert den langfristigen Fortbestand von NO-time. Fossil ist heute in über 90 Ländern der Welt tätig.

Was bedeutet Ihnen die Wiedereinführung der traditionellen Schweizer Uhrenmarke Zodiac?

Einen wunderbaren Ausgleich zum rasch wechselnden Modemarkt und eine gewisse Heimkehr, startete ich doch mit mechanischen Grossuhren in diese Branche. Die Begeisterung ist auf beiden Seiten gleich gross: Wir alle verkaufen Authentizität und Emotionen. Als «verschlafene Marke» passt Zodiac bestens zur bescheiden auftretenden Fossil.