Die Zölle sind absolut absurd», sagt Henry Kläger, Chef der Emmentaler Madona, einer Distributionsfirma von kosmetischen Produkten. Für die Import-Ware aus den USA, mit der er Globus, Jelmoli und Manor beliefert, bezahlt er zum Normaltarif 65 Fr. pro 100 kg. Das ergibt für ein Shampoo von 400 ml 35 Rp. Die Zollabgaben allein machen damit ein Drittel des Einstandspreis aus - da bleibe am Ende nicht viel übrig, kritisiert Kläger.

Ein Lippenstift aus den USA hingegen kostet ihn am Zoll zum Normaltarif nur 2 Rp. Das sei total unlogisch. Denn im Gegensatz zu den Shampoos könnte er bei den Lippenstiften, bei denen hohe Margen üblich sind, die Zollabgaben gut auf die Preise überwälzen. Bisher haben alle Interventionen bei der Oberzolldirektion nicht gefruchtet. Auch Bernard Cloëtta, Direktor des Schweizerischen Kosmetik- und Waschmittelverbandes, hatte keinen Erfolg.

*Schweizer Sonderzug*

Die Oberzolldirektion beruft sich auf das Zolltarifgesetz. Dieses ist diversen Exponenten der Schweizer Wirtschaft sowie der Welthandelsorganisation (WTO) seit Jahren ein Dorn im Auge. Stein des Anstosses: Es legt die Bemessung der Zölle nach Gewicht und nicht wie in allen anderen Ländern nach dem Wert fest. Es ist somit verantwortlich dafür, dass wertvollere, leichte Ware am Zoll günstiger wegkommt als schwere Billigware.

Wenig überraschend rügte die WTO in der letzten Untersuchung der Schweizer Handelspolitik, die am 17. Dezember 2004 herauskam, die Beibehaltung des Gewichtszolls. «Der Gewichtszoll war neben dem Protektionismus in der Landwirtschaft ein Hauptkritikpunkt der WTO-Länder», sagt Marie-

Gabrielle Ineichen-Fleisch vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Den WTO-Mitgliedern missfalle die mangelnde Transparenz und damit Vergleichbarkeit der Gewichtszölle. Zudem würden die Importe von Entwicklungsländern damit überdurchschnittlich belastet, weil deren Exportprodukte tendenziell tiefere Preise hätten. Auf parlamentarische Vorstösse hin wurde jeweils beschieden, der Wechsel sei administrativ zu teuer und zu kompliziert. Zudem würden die Zolleinnahmen sinken. Ineichen wendet ein: «Ein Wechsel allein sollte die Höhe der Zolleinnahmen insgesamt nicht ändern.» Sie sehe keinen Grund, wieso der Wertzoll für die Schweiz zu kompliziert sein solle, wenn er in allen anderen Ländern praktiziert wird. Die Chancen, dass der alte Zopf endlich abgeschnitten wird, sind intakt. Ineichen erklärt, wieso Kleinunternehmer wie Kläger guten Mutes sein können: «Zurzeit sind gemäss WTO-Regeln beide Arten von Zöllen möglich; die WTO-Mitglieder beschlossen allerdings letzten Juli, dass am Ende der Doha-Runde auf Industrieprodukten nur noch Wertzölle erhoben werden können.» Im Agrarbereich sei der Entscheid über die Zollbemessung noch nicht gefallen. Die Doha-Runde solle bis Ende 2006 abgeschlossen sein.

*Lohnt sich Wechsel noch?*

Madona-Chef Kläger würde das Geld, das er dem Zoll abliefert - 500000 Fr. im Jahr - lieber in die Werbung seiner Shampoo-Produkte stecken. Während der Druck von aussen auf den Zoll-Anachronismus steigt, führt national ein Postulat vom September 2004 nun dazu, dass die Oberzolldirektion nach 1982 erneut einen Bericht verfassen muss, der die Vor- und Nachteile, die Kosten sowie den administrativen Aufwand eines Wechsels aufzeigt. Das Resultat werde noch 2005 vorliegen, sagt Peter Krauer, Adjunkt in der Oberzolldirektion. Von einem Wechsel zum Wertzoll befürchtet auch er keine Mindereinnahmen. Allerdings sei nicht klar, ob sich der Wechsel noch lohne - schliesslich würden ja sowieso viele Zölle ganz abgebaut werden, so Krauer.

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