Je mehr in der Schweiz reguliert wird, desto mehr leiden gerade die mittleren und kleinen Betriebe. Laut einer Untersuchung der Universität St. Gallen sind Firmen mit bis zu 20 Angestellten schon jetzt rund 55 Stunden pro Monat mit bürokratischen Aufgaben belastet. Steigende Regulierungsdichte erhöht die Fixkosten in den Unternehmen. Dessen ungeachtet sind die Firmen laufend mit neuen Vorschriften konfrontiert. Eine Trendumkehr ist trotz der Klagen aus der Wirtschaft nicht abzusehen. Im Gegenteil:Unzählige neue Reglementierungen und Verschärfungen bestehender Gesetze befinden sich in Vorbereitung.

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Fatal ist die viel zu hohe Regulierungsdichte in der Schweiz nicht nur für dieKMU und Start-ups, sondern auch für Grossunternehmen, da steigende Fixkosten die Konkurrenzfähigkeit auf den internationalen Märkten schwächen. Wenn unsere Politik und Verwaltung in Sachen gesetzlicher Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich die Rolle des Musterschülers übernehmen, mag dies auf den ersten Blick edel wirken und seitens ausländischer Stellen Lob einbringen. Tatsache ist aber, dass immer mehr Gesetze der gesamten Schweizer Wirtschaft zunehmend und in einem unannehmbaren Umfang schaden.

Guten Anschauungsunterricht für den Übereifer der Schweizer Behörden bieten derzeit die vorgeschlagenen Massnahmen zur Verschärfung des Geldwäschereigesetzes. Zweifellos liegt es im Interesse des Schweizer Finanzplatzes und Wirtschaftsstandortes, dass Geldwäscherei und generell Wirtschaftskriminalität wirksam bekämpft werden. Die von den Schweizer Behörden ausgearbeiteten Umsetzungsvorschläge der revidierten Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) mit Sitz in Paris schiessen allerdings über das Ziel hinaus. Die Vorschriften, die vom Eidgenössischen Finanzdepartement in die Vernehmlassung geschickt wurden, gehen in einigen Punkten weiter, als es das internationale Gremium gegen die Geldwäscherei empfiehlt. Dadurch würden die Schweizer Bankinstitute gegenüber ausländischen Konkurrenten benachteiligt. Bereits jetzt steht der Aufwand zur Erfüllung aller bestehenden Vorschriften insbesondere bei kleineren Banken in keinem sinnvollen Verhältnis mehr zum Nutzen. Neu sollen zusätzlich einzelne Berufsgruppen wie Bijoutiers oder der Kunsthandel unter das Geldwäschereigesetz gestellt werden, obschon die Schweiz damit teilweise über die Empfehlungen der FATF hinausgeht.

Mehr Regulierung bedeutet nicht zwangsläufig absoluten Schutz vor Fehlleistungen einzelner Marktteilnehmer oder krimineller Organisationen. Ganz sicher aber dämpft die übertriebene Regulierungsdichte das Wirtschaftswachstum. Vor diesem Hintergrund ist in Sachen Gesetzesänderungen, die die Wirtschaft tangieren, nicht nur ein Marschhalt nötig, sondern eine Neuorientierung. Mehr Wachstum, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Erhaltung unseres Wohlstandes sind nur möglich, wenn der Regulierungsdschungel stark gelichtet wird, damit unternehmerische Initiativen nicht ersticken und sich die Firmen wieder vermehrt auf ihre operative Arbeit konzentrieren können, statt sich um bürokratischen Kleinkram zu kümmern.

Martin Spieler ist Chefredaktor der «HandelsZeitung».