Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) hat gegen dutzende Schweizer Stromnetzbetreiber ein Verfahren eröffnet. Grund dafür ist, dass diese den Vorgaben zum Abbau der Unterdeckungen nicht nachgekommen sind.
Zu diesen Unterdeckungen kam es, weil viele Netzbetreiber In den vergangenen Jahren ihren Kunden zu tiefe Tarife in Rechnung gestellt hatten, um ihre Kosten zu decken. Die ElCom hatte diese Netzgesellschaften bereits vor Jahren aufgefordert, die Unterdeckungen abzubauen.
Wie die ElCom in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Newsletter mitteilt, hat sie gegen insgesamt 58 Netzbetreiber im September und November ein Verfahren eröffnet. Bei rund 20 weiteren seien noch Abklärungen ausstehend. Falls notwendig werde die ElCom auch gegen diese Netzgesellschaften Verfahren einleiten.
Laut ElCom handelt es sich dabei um ein Verwaltungsverfahren. Dieses könnte mit einer Verfügung abgeschlossen werden, wie Cornelia Baumgartner, von der Sektion Recht der ElCom, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Eine solche wird die ElCom voraussichtlich im nächsten Frühjahr erlassen, womit den Netzbetreibern dann auch entsprechende Rechtsmittel zur Verfügung stehen.
Aus dem Ruder gelaufen
Gemäss dem Bundesgesetz über die Stromversorgung darf das Netznutzungsentgelt die anrechenbaren Kosten nicht übersteigen. Handelt es sich um Überdeckungen, so müssen die Netzbetreiber Differenzen zwischen den Erlösen und den Kosten den Endverbrauchern über die Tarife der Folgeperioden zurückzuerstatten.
Analog dürfen die Netzbetreiber auch Unterdeckungen in die Tarife einrechnen. Netzbetreiber sind jedoch nicht verpflichtet, Unterdeckungen kostenerhöhend geltend zu machen, sondern können diese auch abschreiben.
Die ElCom hatte vor Jahren festgestellt, dass sich der Saldo an Unterdeckungen in den letzten Jahren massiv angehäuft hat. Im Tarifjahr 2021 belief sich dieser auf insgesamt rund 1,3 Milliarden Franken, obwohl sich Unter- und Überdeckungen eigentlich langfristig in etwa die Waage halten sollten.
Den Behörden ist die Unterdeckung ein Dorn im Auge, weil diese zu Tariferhöhungen in Folgejahren führen könnten. Nach Ansicht der ElCom stellt diese Situation ein erhebliches finanzielles Risiko nicht nur für die Privathaushalte, sondern vor allem für die Endverbraucher in Gewerbe und Industrie dar.
Forderung an die Netzbetreiber
Gemäss einer Vollzugsweisung der ElCom von 2019 muss eine Deckungsdifferenz nach ihrer Berechnung am Ende des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres grundsätzlich innert der nächsten drei Tarifperioden ausgeglichen werden. Vor etwa einem Jahr hatte die Elektrizitätskommission deshalb alle Netzbetreiber mit einem hohen Unterdeckungssaldo aufgefordert, die nicht innerhalb der vorgegebenen drei Jahre abgebauten Deckungsdifferenzen entweder tarifneutral abzuschreiben oder der ElCom einen Abbauplan vorzulegen.
Im Visier hatte die ElCom all jene Netzbetreiber, deren Deckungsdifferenzen 10 Prozent ihres jährlichen Umsatzes überstiegen, wie ElCom-Juristin Baumgartner erklärte. Etwa 400 von insgesamt rund 600 Netzbetreibern in der Schweiz hätten von der ElCom Post erhalten.
Eine Auswertung habe aufgezeigt, dass ein Grossteil der angeschriebenen Netzgesellschaften der Aufforderung der ElCom nachgekommen sei. Ein paar Dutzend Netzbetreiber hätten jedoch nicht auf das Schreiben der ElCom geantwortet oder nicht genügend aufgezeigt, dass sie die Unterdeckungen tarifneutral ausbuchen wollen, sagte Baumgartner. Aus diesem Grunde habe die ElCom Verwaltungsverfahren für diese Netzbetreiber eingeleitet.
Steigende Kosten für Endverbraucher
Werden Unterdeckungen über mehrere Jahre angehäuft und verzinst, ohne dass sie fortlaufend über die Tarife ausgeglichen oder ausgebucht werden, wächst der Unterdeckungssaldo immer mehr an, wie die ElCom betont. Einerseits tragen dann die Endverbraucher die zusätzlichen Kosten der Verzinsung auf Basis des durchschnittlichen regulierten Kapitalkostensatzes für Investitionen ins Stromnetz. Für das Tarifjahr 2022 liegt dieser Zinssatz bei 3,83 Prozent.
Anderseits entsteht durch den Aufbau von Deckungsdifferenzen und einer zeitlichen Verschiebung der Anrechnung in den Tarifen aufgrund von Zu- oder Wegzügen eine ungleiche Belastung der Verbraucher.
Die ElCom verlangt, dass die Unterdeckungen vor 2018 tarifneutral ausgebucht werden. Das heisst, diese Unterdeckungen dürfen nicht mehr verzinst und in die Tarife eingerechnet werden, was zu einer Entlastung der Endverbraucher führt.
(sda/mth)