Ab heute wird das ehemalige Direktionsgebäude der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) versetzt: Um 60 Meter wird das 6200 Tonnen schwere Haus verschoben. Vorsichtig, Zentimeter um Zentimeter.
Nie zuvor wurde in der Schweiz ein grösseres Gebäude verschoben als das 122 Jahre alte Backsteingebäude. Für diese Aufgabe braucht es einen Spezialisten, von dem es in der Schweiz nur einen gibt: Die Baufirma Iten aus Morgarten ZG. Inhaber Rolf Iten nimmt das Projekt gelassen: «Wir werden alles so genau geplant haben, dass die Risiken auf ein Minimum reduziert sind», sagte er der «Handelszeitung» im Vorfeld.
Denn Hausversetzungen sind für Iten fast schon Alltag. «Im Durchschnitt verschieben wir im Jahr zwei oder drei Gebäude», sagt Iten. Seit der Firmengründung im Jahr 1953 führte der Betrieb rund 350 Verschiebungen durch. Wichtige Projekte waren die Versetzung der Astrid-Kapelle in Küssnacht SZ, des Teufelssteins in Göschenen UR und der Häuserzeile an der Bärengasse in Zürich.
Drei bis vier Meter pro Stunde
Das Oerliker Grossprojekt ist für Iten, der das Geschäft von seinem Vater übernahm, etwas Besonderes: «Die Grösse des Gebäudes ist eine neue Herausforderung.» Zudem seien die Arbeiter auf unterschiedliches Gesteinsmaterial am Haus gestossen. Dieses sei damals in Etappen gebaut worden. Die Arbeiten sind deshalb schwieriger als vorgesehen.
Gleichwohl kommen wie bei jeder Verschiebung die speziellen Hydraulikpressen zum Einsatz. Der 53-jährige Iten hat sie teilweise selber entwickelt. Sie werden das MFO-Gebäude auf seinem Fahrgestell mit einer Geschwindigkeit von drei bis vier Metern pro Stunde vorwärtsschieben. Bis das Haus dort ist, wo es hin soll, dauert es voraussichtlich zwei bis drei Tage. Weichen muss es zwei neuen SBB-Gleisen, für die sonst kein Platz gewesen wäre.
Das Unternehmen Iten fokussiert sich nach einer Umstrukturierung im vergangenen Jahr verstärkt auf die Hebe-und Verschiebetechnik. Mit 15 Mitarbeitern setzt Iten in dem Bereich zwischen 2 und 3 Millionen Franken um. «Wir besetzen einen Nischenmarkt, in dem wir uns weiterentwickeln wollen», sagt Iten. Konkurrenz gibt es keine.
Auf dem Weg ins Guinness-Buch
Ganz ausgelagert hat Iten den normalen Hoch-und Tiefbau. Wegen der Spezialisierung sei man zu langsam und damit nicht mehr konkurrenzfähig gewesen. Die grösste Hausverschiebung der Schweiz könnte sogar die grösste weltweit sein, vermutet Iten. Nach der Verschiebung könnte seine Firma versuchen, ins Guinness-Buch der Rekorde zu gelangen.
Die Bauplanung für die Hausversetzung in Oerlikon übernimmt das Schweizer Ingenieurbüro Henauer Gugler. Es liefert die statischen Berechnungen, die für die Hebe- und Verschiebetechnik der Baufirma Iten Voraussetzung sind.
Dabei arbeiten die Unternehmen eng zusammen. Henauer Gugler hat schweizweit fünf Standorte und beschäftigt 130 Mitarbeiter. Im Fokus steht bei der Versetzung René Schütz, Chefplaner beim Oerlikon-Projekt. «Gefragt sind für einmal nicht die Architekten, sondern die Ingenieure», sagt er.