Alstom oder Bombardier: Siemens hat für die geplante Grossfusion im Zuggeschäft einem Insider zufolge die Wahl zwischen zwei Partnern. Der deutsche Technologiekonzern spreche im Bemühen um eine stärkere Konzentration in der Branche auch mit dem französischen Konkurrenten Alstom, sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag.
Siemens würde seine eigene Zug-Sparte bei Alstom einbringen und im Gegenzug die Mehrheit an dem Konzern übernehmen, der an der Börse knapp sieben Milliarden Euro wert ist. Ob die Verhandlungen mit den Franzosen fortgeführt werden oder sich Siemens doch für zwei Gemeinschaftsunternehmen mit der kanadischen Bombardier entscheidet, werde bereits in wenigen Tagen klar sein, sagte der Insider. Alle drei Konzerne wollten sich dazu nicht äussern.
Alstom-Aktie legt zu
Über die Pläne von Siemens und Alstom hatte als erstes die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Die Alstom-Aktie legte in Paris um 3,7 Prozent zu. Siemens-Papiere reagierten kaum, waren aber mit einem Kursplus von 1,5 Prozent stärker als der Leitindex Dax.
Den Platzhirschen Siemens, Bombardier und Alstom war zuletzt neue Konkurrenz aus China erwachsen, wo durch eine Fusion mit der staatlichen CRRC ein Weltmarktführer entstanden ist, der massiv auch auf den westlichen Markt drängt. Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Chinesen Paroli zu bieten. «Natürlich wird man eine starke Nummer zwei bauen müssen», hatte er im August gesagt. Das werde aber möglicherweise nicht so schnell gehen wie gedacht. Die Verhandlungen von Siemens mit Bombardier waren Insidern zufolge im Sommer bereits weit gediehen, im Aufsichtsrat aber vertagt worden.
Bedenken der Kartellwächster
Mit Bombardier ginge es um die Gründung zweier Gemeinschaftsunternehmen für Züge und Signaltechnik, von denen das erstere von den Kanadiern und letzteres von Siemens geführt würde. Damit wollten die Partner die erwarteten Bedenken der Kartellwächter ausräumen. Inzwischen sei man bei Siemens aber skeptisch, wie stabil das Konstrukt mit den Joint-Ventures sei, sagte der Insider. Die Eisenbahn-Sparte von Bombardier, die aus der ehemaligen deutschen Adtranz hervorgegangen war, ist der wichtigste Pfeiler der Finanzierung des kanadischen Konzerns, dessen Flugzeug-Sparte angeschlagen ist.
Alstom ist dagegen nur im Zug-Geschäft aktiv. Bei einer Zusammenlegung könnte Siemens damit dem Modell folgen, das die Münchner bei ihrer Windkraft-Sparte erprobt hatten. Diese war im spanischen Rivalen Gamesa aufgegangen, der weiterhin börsennotiert ist, aber mehrheitlich Siemens gehört. Die Wettbewerbshürden seien in beiden Fällen – mit Alstom und Bombardier – etwa gleich hoch.
Wichtiger Termin in der Agenda
Ein wichtiger Termin, der bei den Verhandlungen eine Rolle spielt, ist der 17. Oktober. Bis dahin muss die französische Regierung entscheiden, ob sie einen 20-Prozent-Anteil an Alstom von dessen Grossaktionär Bouygues erwirbt. Wenn nicht, hat Bouygues das Recht, seine komplette Alstom-Beteiligung von 28,3 Prozent zu verkaufen. Dass es zu einer Verbindung von Alstom und Bombardier kommen könnte, bei der Siemens aussen vor bliebe, sei sehr unwahrscheinlich, sagte der Insider.
Für die Konsolidierung im Zuggeschäft brauchen Siemens und sein möglicher Partner die Unterstützung der deutschen Politik und von den Arbeitnehmervertretern. Denn in jedem Fall drohen dabei Stellenstreichungen. Alstom beschäftigt in Deutschland 3000 Menschen, Bombardier sogar 8500. Die Kanadier hatten im Juni eine Neuordnung ihrer deutschen Standorte – die im Osten konzentriert sind – beschlossen. Im Zuge dessen sollen bis 2020 bis zu 2200 Arbeitsplätze wegfallen. Der Siemens-Zugsparte geht es deutlich besser.
(reuters/mbü)