Der Konsumgüterkonzern Unilever will mindestens in diesem Jahr keine Werbung mehr auf Facebook und Twitter schalten. Er erklärt dies mit den Hass-Posts und spaltenden Inhalten auf diesen Plattformen. Deshalb werde es dort zumindest 2020 keinerlei Schaltungen von Unilever mehr geben, womöglich auch darüber hinaus.
Dies sagte Luis Di Como, Executive Vice President of Global Media des Konzerns, in einem Interview mit dem «Wall Street Journal». Wegen der gesellschaftlichen Polarisierung und der anstehenden US-Wahlen müsse jetzt stärker gegen «Hate Speech» vorgegangen werden.
Unilever hat für seine zahllosen Brands wie Knorr, Dove, Lipton, Rexona, Maizena, Persil oder Chirat ein jährliches Marketingbudget von gut 7 Milliarden Euro. Der Konzern reiht sich damit als bislang grösster Player unter die Unternehmen, die Facebook boykottieren.
«Es würde keinen Wert bringen»
Womöglich entsteht hier also ein breiterer Druck auf die Betreiber von Sozialen Medien, auf dass sie die Wut-Exzesse auf ihren Plattformen enger eingrenzen. «Es würde den Menschen und der Gesellschaft keinen Wert bringen, in dieser Zeit auf diesen Plattformen zu werben», erklärte Unilever in einem Pressestatement: «Wir werden die Lage überwachen und wenn nötig unsere aktuelle Position revidieren.»
Zuvor schlossen sich schon der Telekom-Konzern Verizon oder die Outdoor-Firmen Patagonia und The North Face dem Boykott von Facebook (und Instagram) an. Der Glacé-Hersteller Ben & Jerry's, der ebenfalls zu Unilever gehört, hatte sich vor zwei Tagen bereits offiziell von Facebook abgewendet.
«Woke» versus «Hate»
The North Face, gegründet 1966 in San Francisco, gehört zur VF Corporation, die ihren offiziellen Sitz im Tessin hat; mit einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden Dollar zählt es zu den Marktführern im Outdoor-Segment. Ein Sprecher von VF, der Muttergesellschaft von North Face, sagte am 19. Juni 2020 gegenüber CNN, dass diverse andere VF-Marken ebenfalls prüften, auf Facebook-Werbung zu verzichten. Zu VF gehören unter anderem noch Vans, Timberland, Eastpak, Lee, Wrangler oder Dickies. Insgesamt gab der Freizeitmode-Konzern im letzten Geschäftsjahr 756 Millionen Dollar für Werbung aus.
Die Bewegung «Stop Hate For Profit» war von fünf US-Bürgerrechts-Gruppen ins Leben gerufen worden. Sie richtet sich primär gegen Facebook: Der kalifornische Medien-Riese toleriere kontroverse und aggressive Beiträge allzu sehr, so der Vorwurf.
Facebook: Wir erhöhen Standards
Facebook-CEO Mark Zuckerberg stellte sich lange auf die Position, dass die Meinungsäusserungs-Freiheit höher zu gewichten sei als ein allzu entschlossener Kampf gegen verbale Verletzungen. In einer Stellungnahme am Freitagabend betonte der Konzern, jährlich Milliarden Dollar in die Sicherheit seiner Community zu investieren. Man arbeite stetig mit externen Experten zusammen, um seine Richtlinien zu überprüfen; fast 90 Prozent der Hasskommentare würden gefunden, bevor andere User auf sie aufmerksam machten.
Mark Zuckerberg kündigte zudem in einem Livestream an, dass sein Unternehmen stärker gegen Hassnachrichten vorgehen und Falschmeldungen vor den US-Präsidentschaftswahlen im November löschen werde. Ausserdem würden die Standards für Werbung erhöht, um auch dort abwertende und hasserfüllte Botschaften zu Ethnie, Religion oder sexueller Orientierung zu blockieren. «Ich stehe gegen Hass und alles, was zu Gewalt anstachelt», so Zuckerberg
(rap — sda)