Natürlich ist Schönheitschirurgie in vielen der rund zwei Dutzend Privatspitäler der Westschweiz durchaus ein Thema. Bei drei Viertel der Kliniken handelt es sich aber um Allgemeinspitäler, die ein breites Spektrum an medizinischen Leistungen offerieren. Beispiel Genf: Von den acht renommierten Privatspitälern entspricht am ehesten die Clinique de la Plaine dem Bild einer Schönheitsklinik. Spezialisiert ist auch die Clinique Belmont, aber nicht etwa auf schönheitsbewusste Reiche, sondern auf die Behandlung von Suchtkrankheiten und Nahrungsallergien. Sechs Kliniken - La Tour, Carouge, Générale-Beaulieu, Grangettes, La Colline, Nouvelle Clinque Vert-Pré - positionieren sich als Allgemeinspitäler.
Breites Leistungsspektrum
Was zum Leistungsspektrum eines erstklassigen Spitals gehört, zeigt etwa das Angebot des Hôpital de La Tour in Meyrin und der Clinique de Carouge, die zusammen mit dem Centre Médical de Meyrin das Netzwerk der La-Tour-Gruppe bilden. Es sind dies Chirurgie, Kardiologie, Orthopädie, Innere Medizin, Sportmedizin, Gynäkologie und Geburtshilfe, Viszeralchirurgie, Urologie, Ophthalmologie, Pädiatrie und Onkologie. Weiter gibt es ein Dialysezentrum, eine Radiologische Abteilung und auch eine Notfallaufnahme.
«Ausser Organtransplantationen und Gehirnchirurgie decken wir eigentlich fast alle medizinischen Fächer ab», erklärt Nicolas Froelicher, Finanzchef der La-Tour-Gruppe, die insgesamt über 180 Betten verfügt, 2009 rund 6200 stationäre Eintritte verzeichnete und 170 Mio Fr. umsetzte.
Hauptsächlich besuchen Patienten aus der Region am Genfersee und aus dem benachbarten Frankreich die La-Tour-Kliniken. Für die Akquisition von internationalen Patienten werde kein gezieltes Marketing betrieben, stellt Froelicher klar. «Aber wir arbeiten gelegentlich mit einigen Agenturen zusammen, die uns russische Patienten vermitteln.» Zudem liegt ein Bauprojekt vor mit dem Ziel, die Bettenkapazität für ausländische Patienten zu erhöhen. «Wir stellen fest, dass vor allem russische Patienten gerne in die Schweiz kommen, weil sie sehr viel Vertrauen in unser Gesundheitswesen haben und für Diagnostik und Checks keine Kosten scheuen», so Froelicher.
Eine wichtige Klientel sind zudem die Beschäftigten von internationalen Organisationen wie WHO, UNO, ITU und CERN, mit denen die Klinik spezielle Tarifverträge abgeschlossen hat. Selbstverständlich werden alle Möglichkeiten modernster Medizin mit neusten Geräten genutzt, inklusive einem Da-Vinci-Roboter für minimal-invasive Chirurgie.
Fünfstern-Komfort
Was den beiden Spitälern der La-Tour-Gruppe recht, das ist den anderen Privatkliniken in Genf billig: Höchster medizinischer Standard, Hotelkomfort und oft auch eine idyllische Lage. Die Kliniken La Colline und Nouvelle Clinique Vert-Pré befinden sich in idyllischen Pärken. Grangettes hat sich mit dem Luxus eines Fünfsternhotels profiliert, Générale-Beaulieu mit dem Standard der Swiss Leading Hospitals. Selbstverständlich können sich in den vornehmsten Genfer Kliniken reiche Patienten auch in Suiten verwöhnen lassen. Anderseits sind zumindest die ambulanten Leistungen in den Privatspitälern weitgehend auch Grundversicherten zugänglich.
Geografisch konzentriert sich die Westschweizer Privatkliniken-Landschaft aufs rechte Genfersee-Ufer. Hier liegt auch Genolier, wo die gleichnamige Gruppe (GSMN) ihren Hauptsitz hat. Sie vereinigt inzwischen sechs Kliniken, wovon vier Häuser wiederum Allgemeinspitäler sind. «Aus unserem kompletten medizinischen Angebot ragen eine ganze Reihe von Spezialitäten heraus», sagt GSMN-Sprecherin Séverine van der Schueren und nennt Disziplinen wie Orthopädie, Chirurgie, Dermatologie, Gynäkologie und Onkologie.
Zwei Kliniken sind spezialisiert: Valmont in Montreux auf orthopädische und neurologische Rehabilitation, Montchoisi in Lausanne auf Ophthalmologie. Zudem wird «Les Hauts de Genolier» als medizinische (Senioren-)Residenz mit Schönheitstrakt und Wellness geführt. Auch bei der GSMN stammen rund 5% der Patienten aus dem Ausland. Anderseits ist die Gruppe nicht ausschliesslich auf reiche Privatpatienten fokussiert. Mit der Clinique Générale in Freiburg besitzt sie ein Spital, das zu 70% auf Grundversicherte ausgerichtet ist.
Während die GSMN-Gruppe sich mit dem Erwerb der Privatklinik Bethanien in Zürich neuerdings auch in die Deutschschweiz ausstreckt, hat die Hirslanden-Gruppe schon länger den umgekehrten Weg beschritten. Sie ist in Lausanne mit den beiden Kliniken Bois-Cerf und Cecil präsent. Diese haben untereinander eine gewisse Arbeitsteilung. Zu den Spezialitäten von Bois-Cerf zählen Innere Medizin, Orthopädie, Ophthalmologie und Sportmedizin, zu denen von Cecil die Chirurgie, Kardiologie, Gynäkologie und Urologie sowie ein Schmerz- und ein Dialysezentrum.
Auch in diesen beiden Krankenhäusern kommen inzwischen rund 5% der Patienten aus dem Orient und aus Russland, nicht zuletzt deshalb, weil diese Märkte aktiv beworben werden. Auf der Hirslanden-Internetseite finden sich arabische und russische Übersetzungen. «Zudem gibt es bei uns eine Abteilung», erklärt Hirslanden-Sprecher Oliver Meili, «die sich um die spezifischen Bedürfnisse - Visa, Transfer, Dolmetscher - dieser ausländischen Patienten kümmert.»
Eine etablierte Institution in Lausanne ist das Privatspital La Source - mit 152 Betten ein grösseres Haus, das ebenfalls mit einem kompletten medizinischen Spektrum aufwarten kann. Eine ähnliche Rolle spielt im vergleichsweise kleineren Freiburg das Daler Spital. Mit rund 1000 Geburten ist es die grösste Maternité des Kantons. Im Gegensatz zu den meisten Privatspitälern sind hier Allgemeinversicherte mit einem Anteil von 77% deutlich in der Überzahl. «Ausländische Patienten spielen an unserer Klinik hingegen derzeit keine Rolle», so Direktor Hannes Wittwer.
Beim Streifzug durch die Westschweizer Privatspitäler wird klar: Allgemeinspitäler dominieren, mit einem kompletten medizinischen Spektrum, teils bis zur Notfallaufnahme. Natürlich gehören dazu meistens auch «Modedisziplinen» wie plastische Chirurgie, Dermatologie und Lifestyle-Medizin. Wer jedoch gezielt nach spezialisierten Schönheitskliniken und Beauty-Kliniken sucht, wird am ehesten in Montreux fündig, in der Clinique La Prairie, in Laclinic oder der Clinique Biotonus Bon-Port.
NACHGEFRAGT Antoine Hubert, CEO des Genolier Swiss Medical Network (GSMN), Genolier VD
«Patienten wollen wie Kunden behandelt werden»
Was ist das Besondere der Westschweizer Privatkliniken, etwa im Vergleich mit Privatkliniken der Deutschschweiz?
Antoine Hubert: Die Westschweizer Kliniken haben den Aspekt der Hotellerie und des Kundendienstes viel stärker ausgebaut. Die privat-versicherten Patienten erwarten einen wirklichen Unterschied in der Behandlung im Vergleich zum klassischen Spital. Sie wollen wie Kunden behandelt werden, und wie jedermann weiss, ist der Kunde König.
Wie versuchen sich die Genolier-Kliniken auf dem Markt zu positionieren?
Hubert: Wir wollen unseren Ärzten die bestmöglichen Technologien und unseren Patienten den grössten Komfort anbieten. Selbstverständlich sind bei uns die neusten Therapiemethoden und eine erstklassige Hotellerie.
Wer sind die typischen Patienten in Ihren Kliniken?
Hubert: Wir bieten unsere ambulanten Dienste allen in der Schweiz versicherten Patienten an, also Privat- und Grundversicherten. In Genolier, Bethanien und Montchoisi ist die Hospitalisierung reserviert für privat und halbprivat versicherte Patienten. Das Angebot ist in jedem Kanton auf das jeweilige Gesundheitsangebot abgestimmt.
Welche Angebote richten Sie sich auf ausländische Patienten aus?
Hubert: Alle unsere medizinischen Spezialitäten interessieren auch die ausländischen Patienten. Darüber hinaus verfügen wir über grössere Zimmer und Suiten für unsere ausländischen Patienten, die häufig mitsamt ihren Familien anreisen.
Bewerben Sie speziell die ausländischen Märkte?
Hubert: Wir verfügen wir über ein Promotionsnetz im Ausland, das auf Partner bei Versicherungen und auf Krankenhäuser zählen kann.
Mit der Privatklinik Bethanien in Zürich haben Sie den Schritt in die Deutschschweiz gewagt. Werden weitere Übernahmen folgen?
Hubert: Unsere Vision ist es, in der ganzen Schweiz ein Netz aus hochklassigen Privatkliniken aufzubauen. Weitere Überna hmen wünschen wir uns in der Deutschschweiz und im Tessin.