Der «Wolf of Wall Street» bewegt die Filmwelt: 66,3 Millionen Dollar hat der Streifen von Martin Scorsese allein in den USA in den ersten zwei Wochen eingespielt – und Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio erhielt für seine Rolle als Börsenhändler Jordan Belfort vor wenigen Tagen den «Best Actor Golden Globe».

Der Inhalt ist nicht unumstritten: Belfort hat in der realen Welt Kleinsparer um über 200 Millionen Dollar betrogen und wird, so bemängeln etliche Kritiker, im Film, der auf dem ersten Teil seiner Autobiografie beruht, regelrecht glorifiziert. Belforts Opfer kommen im Film schon gar nicht vor.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Wirbel um mögliches Domizil in Australien

Ausgerechnet vor dem heutigen offiziellen Filmstart in der ganzen Schweiz sorgt Belfort erneut für Schlagzeilen: Gestritten wird um das Domizil des Ex-Bankers, der heute sein Geld mit Motivationstrainings verdient. Hat er sich nach Australien abgesetzt, um so der Kontrolle des US-Justiz zu entgehen? Der Punkt ist deshalb brisant, weil Belfort seine Opfer noch immer finanziell entschädigen muss und der finanzielle Erfolg von «The Wolf of Wall Street» nun neue Fragen und Begehrlichkeiten mit sich bringt.

Belforts Geschichte ist die des klassischen Wall-Street-Bankers der Achtzigerjahre: Die Kunstfigur Gordon Gecko aus Oliver Stones Film «Wall Street» dient als Vorbild, die Gier ist grenzenlos. Der heutige 51-Jährige scheffelt Hunderte von Millionen Dollar, bis es am 19. Oktober 1987, dem «Black Monday», zum Absturz kommt. Belfort steht nach dem Crash ohne Job auf der Strasse.

Gefängnis wegen Betrügereien und Geldwäsche

Mit seinem Freund Danny Porush gründet Belfort die Maklerfirma Stratton Oakmont (sinnigerweise gar nie an der New Yorker Wall Street, sondern auf Long Island domiziliert), handelt zunächst sogenannte «Penny Stocks» und verhilft Leuten, an der Grenze der Legalität, zum schnellen Geld. Mit 26 Jahren ist Belfort Multimillionär, begleitet mit Stratton Oakmont, mittlerweile zu einer der führenden OTC-Firmen des Landes aufgestiegen, die Börsengänge von 35 Firmen – und gerät wegen Betrügereien und Geldwäsche rasch ins Visier der Justiz.

Es folgt die Verurteilung zu einer vierjährigen Gefängnisstrafe, die Belfort auf 22 Monate drücken kann, weil er zahlreiche Kollegen verpfeift. Belfort wird indes die Zahlung einer Wiedergutmachungssumme von 110,4 Millionen Dollar aufgebrummt, von der er bis heute erst 11,6 Millionen Dollar – hauptsächlich aus Immobilienverkäufen stammend – geleistet haben soll. Seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis 2006 kontrolliert die Behörde, dass Belfort 50 Prozent seines Einkommens an die Betrugsopfer abliefert.

Film-Lizenzgebühren als aktueller Streitpunkt

Das «Wall Street Journal» berichtete, Belfort habe sich nach Australien abgesetzt, um sich so den US-Behörden zu entziehen. Sowohl via Facebook als auch über seinen Anwalt intervenierte dieser, dass es sich dabei um einen rein beruflichen Aufenthalt gehandelt haben soll. Die Zeitung hat mittlerweile eine Berichtigung veröffentlicht. So soll Belfort offiziell nach wie vor im kalifornischen Manhattan Beach wohnen. Sein Anwalt Nicolas De Feis betont zudem, dass sein Klient die bisherigen Zahlungen pflichtgemäss erfüllt habe.

Ebenfalls über Facebook liess Belfort ausrichten, dass er die Film-Lizenzgebühren nicht nur zu 50, sondern gar 100 Prozent in den Entschädigungstopf der Opfer einfliessen lassen will. Trotzdem geht die Staatsanwaltschaft laut verschiedenen Medienberichten davon aus, dass Belfort mehr als nur die bisher bekannte Summe von einer Million Dollar erhalten soll.

Anfeindungen gegen seine Person

Gerne hätte handelszeitung.ch den echten «Wolf of Wall Street» zu diesen Punkten befragt, ein ursprünglich zugesagtes Gespräch wurde aber kurzfristig abgesagt. Er wolle vorläufig keine Interviews mehr geben, über die Gründe könne nur spekuliert werden, hiess es von der zuständigen Stelle. Anfeindungen gegen seine Person dürften im Vordergrund stehen – die Opfer von einst gehören mit Sicherheit nicht zu den begeisterten Kinogängern, sondern dürften sich vielmehr wie im falschen Film vorkommen.

Trailer zum Film «The Wolf of Wall Street»