Manfred Krammer, Forschungsleiter am Europäischen Labor für Teilchenphysik Cern in Genf, hat den erstmaligen direkten Nachweis von Gravitationswellen als «riesige Entdeckung» bezeichnet. Es zeige sich hier einmal mehr, dass es für neue Erkenntnisse in verschiedenen Bereichen der Physik viele Wissenschafter, viel Zeit und Ressourcen brauche.

Die Gravitationswellen seien zwar schon vor 100 Jahren in Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt worden. Doch sei es angesichts der Tatsache, dass «sie nun so eindeutig nachgewiesen wurden, ein ganz aufregender Tag für die Physik», sagte der Leiter des Departements für experimentelle Physik am Cern.

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Cern im Einstein-Bann

Auch wenn das Cern nicht in die Experimente zum Nachweis der Wellen involviert war, habe die Verkündung der am Gravitationswellen-Observatorium LIGO in den USA gemachten Beobachtung am Donnerstag auch die Teilchenphysiker in Genf in den Bann gezogen. «Das Hauptauditorium war gestern übervoll», so der Österreicher. Es sei auch ein prominenter Vertreter des LIGO-Experiments am Forschungszentrum zu Gast gewesen, der nach der Medienkonferenz in einem Seminar die Entdeckung erklärte. «Der konnte nachher kaum weg. Ich glaube, er wurde dann mehr als zwei Stunden lang mit Fragen gelöchert», beschrieb Krammer die Stimmung unter den Forschern.

Da das Signal so unmittelbar nach dem Start des verbesserten LIGO-Systems am 14. September sehr deutlich registriert wurde, könnte es sich hier tatsächlich um einen kleinen Startschuss für ein neues Teilgebiet der Physik – der Gravitationswellen-Astronomie – handeln. «Man kann erwarten, dass solche Events jetzt regelmässig gemessen werden können, und das öffnet ein neues Fenster ins Universum», so Krammer.

Mehr als 1000 Wissenschaftler beteiligt

Dass an der Entdeckung – und damit auch an der wissenschaftlichen Veröffentlichung dazu – mehr als tausend Wissenschafter beteiligt waren, spiegle einen «typischen Trend» wieder. «Auch uns Teilchenphysikern wird immer vorgeworfen, dass wir Publikationen mit mehr als 1000 beteiligten Forschern veröffentlichen. Aber so ist die moderne, international vernetzte Forschung».

Um solche Experimente zu realisieren und so genau zu messen, brauche es viele Physiker über viele Jahre. «Für moderne Grundlagenforschung an den Grenzen des Machbaren bedarf es eines grossen Aufwands. Salopp gesagt: Die einfachen Sachen wurden schon gemacht.»

(sda/ise/hon)