«Dabei sein ist alles.» So lautet das Credo der Olympischen Spiele, die in Rio de Janeiro ihre 28. Austragungsrunde feiern. Der Anblick vieler Sportstätten der Vergangenheit zeigt, dass diese Worte teils zu sehr der Wahrheit entsprechen. Genauso gut könnte es heissen: «Dabei sein war alles.» Denn die für Milliarden erbauten Stadien, Wasseranlagen und Wohnblöcke zerfallen nach dem Ende der Spiele oftmals zu Ruinen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Verlassen und ungenutzt rotten die ehemaligen Olympischen Dörfer vor sich hin. Athen – die Wiege des olypmischen Gedankens – ist ein Beispiel dafür. Die Regierung liess sich die Spiele einst statt der anvisierten 5 Milliarden Franken mehr als 12  Milliarden Franken kosten.

Was davon übrig blieb? Die Strandarena des ehemaligen Beachvolleyball-Stadions ist menschenleer und zugemüllt, ebenso verwahrlost zeigt sich das Baseball-Stadion. Und die Feuerstelle der Olympischen Flamme erinnert mehr an antike Ruinen mit neuzeitlichen Graffitis. Offiziell sind die fehlenden Investitionen in die Anlagen dem enormen Sparkurs Griechenlands geschuldet, allerdings fanden sie bereits 2004 und damit vor dem Ausbruch der Finanzkrise statt.

Sommer- und Winterspiele ohne Nachhaltigkeit

Ausserdem wissen auch wirtschaftlich besser aufgestellte Nationen mit den olympischen Bauten nach Abschluss des Spektakels wenig anzufangen. China liess sich die Spiele 2008 in Peking nach Schätzungen stolze 45,8 Milliarden Franken kosten. Dafür wurde nicht einmal der Müll richtig entsorgt: Riesige Kunststoff-Maskottchen verwittern im Gestrüpp neben Bauruinen. In Mexiko stehen noch immer die Überreste des eigens für das Olympische Dorf eingerichtete Kino – nach den Sommerspielen 1968 blieb es geschlossen.

Atlanta ging da radikaler vor: Ein Jahr nach den Sommerspielen 1996 wurde das Fulton County Stadium für eine Parkplatz-Anlage gesprengt. Weniger Gedanken hat man jedoch an den olympischen Tennisplatz auf Stone Mountain, Georgia, verwendet. Das Tenniscenter lag zu abgelegen, um sich nach den Spielen noch zu rentieren. Heute hat die Natur zwischen den zerfetzten Netzen ihren Platz zurückerobert. Auch bei den Olympischen Winterspielen sieht es nicht besser aus: In Sarajevo (Austragungsort 1984) sieht man einen Friedhof vor den Ruinen der ehemaligen Teilnehmer-Unterkünfte. Die Bobbahn nutzten heute – illegal – Mountainbiker zum Adrenalinkick.

Wirtschaftlicher Fluch statt Segen

Trotz der genannten Fehlplanungen hält sich der Mythos hartnäckig, dass die ausrichtenden Städte wirtschaftlich oder finanziell von Olympia profitieren würden. Andrew Zimbalist, Wirtschaftswissenschaftsprofessor am Smith College in Massachusetts, hat eine ernüchternde These: «Es ist eine olympische Legende, dass wirtschaftlicher Segen für die ausrichtenden Städte der Ertrag von Olympia ist. Viel mehr ist es eine Zeitverschwendung, wie Rio jetzt feststellen muss.»

Die Kosten für die Bewerbung und das Errichten der Anlagen mit strengen Auflagen und steigenden Sicherheitskosten übertreffen bei Weitem die Einkünfte, die aus solchen Sportereignissen resultieren. «Inzwischen betragen die Kosten fürs Ausrichten der Olympischen Spiele im Schnitt zwischen 15 und 20 Milliarden Dollar», schätzt Zimbalist.  Das sind umgerechnet 15 bis 20 Milliarden Franken.

Der Gesamtumsatz der Gastgeberstadt liege meist aber nicht höher als 5 Milliarden Franken. Denn von der Lizensierung der internationalen Fernsehübertragungsrechte streicht das IOC allein 75 Prozent ein. Zimbalist sagt: «Mit anderen Worten hat eine Gastgeberstadt Glück, wenn die Kosten die Einnahmen um nur 10 Milliarden Dollar übersteigen.»