Nach dem schweren Schiffsunglück auf dem Jangtse-Strom in Zentralchina werden weiter mehr als 400 Passagiere vermisst. Es könnte Chinas «schlimmste Schiffskatastrophe in fast sieben Jahrzehnten sein», wie Staatsmedien berichteten.

Trotz einer grossen Bergungsaktion unter Leitung von Regierungschef Li Keqiang wurden bis Mittwochmorgen nur 14 Überlebende gefunden und erst 18 Leichen geborgen, wie das Staatsfernsehen berichtete. Am zweiten Tag nach der Katastrophe nahmen die Chancen, noch Überlebende zu finden, weiter ab.

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«Stern des Orients»

Mehr als 4600 Helfer waren im Einsatz, darunter mehr als 200 Taucher. Ein Bergungsschiff mit einem Kran traf über Nacht am Unfallort bei Jianli in der Provinz Hubei ein. Ein weiteres wurde im Laufe des Tages erwartet. Beide sollen das Schiffswrack anheben, um die Bergungsarbeiten zu erleichtern.

Mehr als 100 Schiffe suchten im Jangtse-Strom nach Opfern. Premier Li Keqiang verneigte sich am Morgen in Trauer vor zwei mit weissen Tüchern zugedeckten Leichen auf einem Schiffsdeck. An Bord des Touristenschiffes, das am Montagabend in stürmischem Wetter sank, waren nach jüngsten offiziellen Angaben 456 Menschen, darunter 405 Touristen - meist ältere Leute. Ausserdem waren fünf Reiseführer und 46 Besatzungsmitglieder auf dem «Stern des Orients» genannten Schiff.

Kapitän in Polizeigewahrsam

Der Kapitän und Chefingenieur überlebten und sind in Gewahrsam der Polizei. Beide beschrieben einen Tornado, der das Schiff in Schieflage und in «ein bis zwei Minuten» zum Kentern gebracht habe. Das Wetteramt bestätigte, dass es zu der Zeit in dem Gebiet einen Tornado über 15 bis 20 Minuten gegeben habe. Gegen den Kapitän wurden bisher keine Vorwürfe erhoben, doch gibt es viele Fragen über den Unfall. Die Ermittlungen laufen.

Unklar war, warum das Schiff trotz des schlechten Wetters weiter gefahren ist. So hatte ein anderes Schiff, das zu gleichen Zeit den Hafen verlassen hatte, angesichts des Sturmes seine Fahrt bei Chibi gestoppt, wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" berichtete. Auch hätten Satellitenaufnahmen gezeigt, dass das Unglücksschiff um 21.20 Uhr plötzlich eine scharfe Wendung gemacht habe, bevor es zehn Minuten später gesunken sei.

Überleben in Luftblasen

Schlechtes Wetter und die komplizierte Baustruktur des Schiffes erschwerten die Bergung. Zu den wenigen Überlebenden gehören eine 65 Jahre alte Frau und ein 21 Jahre alter Mann, die in Luftblasen überlebten und von Tauchern mit Hilfe von Atemgeräten aus dem Wasser gerettet werden konnten.

(sda/tno/ama)