Über den Weltraumbahnhof auf der Wallops-Island an der amerikanischen Atlantikküste legte sich bereits die Dunkelheit. Nachtstarts bringen den Anhängern der Weltraumforschung stets einen ganz besonderen Kick. Auch diesmal hob sich die Antares-Rakete mit einem riesigen, hellgelben Feuerschweif gegen Himmel - ein gewaltiger Anblick.

Doch dann verwandelte sich der Feuerschweif an diesem Dienstagabend urplötzlich in einen riesigen Feuerball, der alles verschlang. Irgendetwas war fürchterlich schiefgelaufen - mit der Explosion der Rakete und dem Verlust des Raumfrachters «Cygnus» erlebt die US-Raumfracht ihren schwersten Rückschlag seit vielen Jahren.

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Schweigen - selbst auf Twitter

Schockiert und beinahe sprachlos reagierte die US-Weltraumbehörde Nasa. Selbst auf Twitter herrschte minutenlang Schweigen. «Der Unfall ereignete sich kurz nach dem Abheben», hiess es kryptisch. Später hiess es, es sei sechs Sekunden nach dem Start gewesen.

Raketenunglücke wecken unwillkürlich böse Erinnerungen in den USA. Zwar war diesmal niemand an Bord des Frachters, auch sonst habe es keinen Toten gegeben am Startplatz, hiess es. Doch kaum ein Raumfahrt-Fan kommt umhin, an die Explosion des Shuttle «Challenger» 1986 zurückzudenken.

Damals kamen alle sieben Astronauten vor den Augen von Millionen Amerikanern ums Leben. Auch diesmal zeigten US-Fernsehsender Amateur-Videoaufnahmen - auf denen die Zuschauer beim Anblick der Katastrophe laut aufstöhnten.

Mittel gegen hohe Ausgaben

Noch liegen die Ursachen der Katastrophe völlig im Dunklen, doch bereits jetzt ist klar: Die US-Raumfahrt muss mit ihrem schwersten Schlag seit langem fertig werden. Rächt sich jetzt die Entscheidung der US-Regierung, ihr Shuttle-Programm 2011 trotz Kritik einzustellen?

Private und unbemannte Raumfrachter zur Versorgung der Astronauten auf der ISS erschienen der Regierung von Präsident Barack Obama damals wie eine «Wunderwaffe», um die schwindelerregenden Nasa-Ausgaben in den Griff zu kriegen.

Obama, so Kritiker, präsentierte sich nicht gerade als ausgewiesener Raumfahrt-Fan - Geldknappheit habe das «Outsourcing» an private Betreiber geradezu unausweichlich gemacht, beharrten Befürworter der Obama-Strategie.

Rächt sich Shuttle-Verzicht?

Knapp zwei Milliarden Dollar war der Vertrag mit der privaten Firma Orbital Sciences schwer, die den Frachter «Cygnus» entwickelte. Einen ersten erfolgreichen Flug gab es im September 2013, zwei weitere folgten. Bei einem letzten Flug im September wurden 1500 Kilogramm Nachschub zur ISS gebracht. Doch diesmal ging irgendetwas schief.

Doch schon bei der Einstellung der Shuttle nach 30 Betriebsjahren hagelte es Kritik von Raumfahrt-Fans und Republikanern. Zwar sei die «private Variante» auch eine Lösung. Doch mit dem völligen Verzicht auf die Shuttle - die Arbeitspferde der NASA - begäben sich die USA zugleich allzu sehr in die Hände der Russen - die als einzige Astronauten zur Raumstation befördern können.

Eigentlich waren noch mindestens weitere sieben «Cygnus»-Missionen geplant - die dürften jetzt erstmal geplatzt sein. Immerhin: Noch können die USA auf den ebenfalls privaten Raumfrachter «Dragon» zurückgreifen.

Das ebenfalls unbemannte Fluggerät der Firma SpaceX war erst vor kurzem von seiner vierten Mission zur ISS zurückgekehrt - Doch damit verfügen die USA derzeit über lediglich einen Frachtertyp zur Versorgung.

(sda/ise/me)