Steuerunterlagen, Geschäftsbeziehungen zu Russland und Interessenkonflikte: Sollten die US-Demokraten tatsächlich wie in Umfragen vorhergesagt am 6. November die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobern, dürfte sich die Kongresskammer schnell und tiefgehend mit mehreren strittigen Aspekten der Präsidentschaft von Donald Trump beschäftigen. Denn in den USA übernimmt die Partei mit der Mehrheit in einer Kammer auch den Vorsitz in deren einzelnen Ausschüssen. Zudem erhält sie mehr Geld und Personal für Untersuchungen. Mehreren Abgeordneten und Kongressmitarbeitern zufolge diskutieren die Demokraten bereits, wie die neue Macht genutzt werden soll.
Ausgangspunkt wären insbesondere vier Ausschüsse, die sich mit der Justiz, Rechenschaft und Regierungsreform, dem Haushalt und den Geheimdiensten beschäftigen. Alle könnten in der nächsten Legislaturperiode von Demokraten geleitet werden. Den Plänen zufolge soll es dann schnell gehen: Anfang Januar tritt der neue Kongress zusammen, bis Ende des Monats sollen die Ausschüsse sich neu formieren und Mitarbeiter einstellen. Etwaige Ermittlungen könnten dann ab Februar beginnen.
Trumps Steuerunterlagen könnten ausgehändigt werden
Höchste Priorität für die Demokraten haben demnach zufolge Trumps Steuerunterlagen. Der Republikaner hat mit der amerikanischen Tradition gebrochen und seine Steuererklärungen nicht veröffentlicht. Das für Haushaltsfragen zuständige Ways and Means Committee kann allerdings Finanzminister Steven Mnuchin anweisen, die Dokumente auszuhändigen. Sie könnten dann an die Justiz- und Geheimdienstausschüsse übergeben werden. Unter demokratischer Führung würde man sich dort sehr dafür interessieren, ob Trump etwa Geschäftsbeziehungen nach Russland pflegte oder Zuwendungen aus dem Ausland erhielt.
Die breitesten Befugnisse hat allerdings der Ausschuss mit dem Namen Oversight and Government Reform: Es kann jede Bundesbehörde, Person oder Unternehmen unter die Lupe nehmen. Es wird erwartet, dass der gegenwärtig ranghöchste Demokrat des Ausschusses Elijah Cummings nach einem Sieg seiner Partei die Leitung übernehmen würde. Er wolle bei Trump zweigleisig fahren, sagt er der Nachrichtenagentur Reuters: Einmal sollen die Geschäfte des Präsidenten und etwaige Interessenskonflikte untersucht werden. Zudem sollen tagesaktuellen Entwicklungen mehr Raum gegeben werden.
Republikaner haben 64 Vorladungen blockiert
In welchem Umfang das geschehen könnte, zeigt die noch laufenden Legislaturperiode: Die Demokraten in Oversight haben 64 Vorladungen beantragt, die von Trumps Republikanern jedoch blockiert wurden. Allgemein fordern demokratische Abgeordnete, dass der Kongress seinem verfassungsmässigen Auftrag zur Kontrolle des Präsidenten stärker nachkommt. Die Legislative müsse wieder ihren Platz als gleichberechtigtes Verfassungsorgan einnehmen, schrieb der ranghöchste Demokrat im Geheimdienstausschuss, Adam Schiff, in einem Kommentar in der «Washington Post» jüngst. Der Kongress müsse das Gegengewicht zu einem «erratischen Präsidenten» bilden.
Allerdings sprechen Demokraten auch davon, dass sie den Bogen nicht überspannen wollen. Man werde dafür sorgen, dass bei den Untersuchungen auch die republikanischen Kollegen einbezogen würden. Der Blick dürfte dabei auf die Präsidentenwahl 2020 gerichtet sein, vor der man nicht zu parteiisch wirken will. Der Republikaner Mitch McConnell, Mehrheitsführer im Senat, nennt die Gefahr beim Namen: Die Ermittlungen der Demokraten könnten so verlaufen wie das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Bill Clinton, sagt er der Nachrichtenagentur Reuters. Politisch mag man das für eine gute Idee gehalten haben. Allerdings: «Die Öffentlichkeit wurde wütend auf uns und hatte Mitleid mit ihm».
Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump, erklären die Kongressmitarbeiter, sei zunächst nicht geplant. Es müssten die Ergebnisse des Sonderermittlers Robert Mueller abgewartet werden. Auch ein übergeordneter Trump-Sonderausschuss stehe zurzeit nicht zur Debatte.
(reuters/ccr)