Keiner war am Montag am Wef so präsent, wie Donald Trump, obwohl er physisch gar nicht in Davos anwesend war, denn in Washington wurde er zum zweiten Mal als Präsident vereidigt. Und dort hat er wie schon während seiner ersten Amtszeit wieder deutlich gemacht, wie wenig er von all dem hält, was am Wef bisher für wichtig gehalten wurde: Nichts hält er von Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, nichts von internationaler Zusammenarbeit, nichts von politischer Korrektheit. Gegen all das hat der alte und neue Präsident am Montag ein umfassendes Bündel an Massnahmen aufgegleist.
Und was er tut und noch zu tun gedenkt, gefällt den Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft – ausgenommen die Zölle. Doch zu letzteren hat er am Montag noch nichts Konkretes beschlossen. Der renommierte US-Wirtschaftswissenschafter und Ex-Chefökonom des Internationalen Währungsfonds Kenneth brachte das in Davos gestern gegenüber der Handelszeitung so auf den Punkt: «Die USA sind im Moment euphorisch, es herrscht eine Art 'die böse Hexe ist tot» Euphorie. Mit der bösen Hexe meint Rogoff die linke Politik von Joe Biden.
Vollbetrieb noch vor dem Start
Offiziell hat das Wef erst am Montagabend begonnen und so richtig los geht es erst am Dienstag. Doch gemessen am Andrang an Wef-Teilnehmenden in den Strassen von Davos und im Kongresshaus – dem Kern der Veranstaltung – hätte man meinen können, das Wef sei schon voll im Gang.
Top-Manager sind im Kongresszentrum herumgeschlendert, oft mit gezückten Handy, um die Agenda für die kommenden Tage zu checken. «Ich treffe einige unserer Zulieferer, einige Kunden und werde auch mit Regierungsvertretern sprechen», erzählt der Verwaltungsratspräsident eines Schweizer Grosskonzerns, «wenn ich Zeit habe, werde ich mir noch das eine oder andere Panel anhören.» Ein anderer, nicht weniger bedeutsamer, erklärt im vertraulichen Gespräch die Umstände des Wandels im eigenen Haus. Für ein Interview ist er vorerst noch nicht zu haben.
Eine der ersten Veranstaltungen drehte sich um den Dominator des Tages: «First Impressions: Inauguration Day», so der Titel einer praktisch ausgebuchten Podiumssession. Obwohl nur Journalisten auf dem Podium sassen, war der Saal «Aspen 1» im Kongresszentrum randvoll; was angesichts der Bedeutung der neuen Trump-Regierung für das WEF 2025 nicht überrascht. Auf dem Podium machte der «Time»-Chefredakteur Sam Jacobs gleicht selbst auf die Ironie der Situation aufmerksam: «Die Veranstalter haben echt Sinn für Humor, uns hier drei Stunden vor der Vereidigung einzuladen, um über Trump zu reden.»
Trump, Trump, Trump
Und Trump wird weiter wortwörtlich das Programm bestimmen. Am Dienstag folgt eine weitere Podiumsrunde zum US-Präsidenten, ohne dessen Namen zu nennen: «47th US Presidency, Early Thoughts». Weitere werden folgen, bis dann am Donnerstagabend Trump auch selbst per Video zugeschaltet wird. Das wird voraussichtlich der Höhepunkt der ganzen Veranstaltung am Wef werden.
Die Journalistenrunde am erwähnten Panel am Montag war sich einig, dass Trump in der Aussenpolitik bereits erste Duftmarken gesetzt hat, denn der jüngste Waffenstillstand im Gaza-Streifen sei ohne den Druck des neuen US-Präsidenten kaum zustanden gekommen. Doch ob ihm auch ein schneller Erfolg bei der Befriedung im Invasionskrieg Russlands gegen die Ukraine gelingen wird? Da war die Skepsis deutlich grösser.
Bruchstellen bei den wirtschaftlichen Schwerpunkten ortete auf dem Podium Patrick Foulis vom «Economist»: Trumps eigenartiges Zusammenspannen mit den Tech-Milliardären auf der einen Seite und den einfachen Leuten auf der anderen Seite – sie vor allem haben Trump gewählt – sei schwer unter einen Hut zu bringen.
Auch im Ukraine Haus an der Promenade – einer der Hauptachsen durch Davos – ging es um Trump. Die Hoffnungen sind gross, dass der neue Präsident mit einem Deal Putin zu einem Waffenstillstand bewegt. Aber wie? «Indem er die Ölförderung massiv aufstockt und den Preis des Rohstoffs nach unten treibt, gleichzeitig die russische Ölindustrie mit schärferen Sanktionen belegt und die Ukraine massiv aufrüstet», sagt Botschafter Kurt Volker, der in der ersten Amtszeit Trumps Sondergesandter für die Ukraine war, zur «Handelszeitung». Mit ihrem Reichtum an billigen Atomstrom, dem Know-How in Sachen künstliche Intelligenz und der Rüstungsindustrie könnte die Ukraine für die USA ein lohnendes Investment sein, so Volker.
Starkes Amerika, schwaches Europa
Gekoppelt wird das Thema Trump oft auch mit der Sorge um Europa, das durch den neuen Präsidenten noch mehr unter Druck zu kommen droht und sich bereits im politisch und wirtschaftlichen Krisenmodus befindet. Ganz im Gegenteil zu den USA: Die US-Vertreter strotzen vor Zuversicht. Und die Europäer gingen in Sack und Asche, so der Tenor.
«Europa hat Problemen mit seinem gesamten Modell», sagt der Ökonom Kenneth Rogoff, es müssten «viele grosse Entscheidungen getroffen werden, um die Dinge zu stabilisieren», ergänzt er und zählt dann alles auf von zu teurer Energie, über die überbordende Bürokratie, bis zur mangelnden Verteidigungsfähigkeit, der Verschuldung und der schwachen und instabilen politischen Führung. Hoffnungsvoller drückt es ein befragter Manager eines Schweizer Finanzkonzerns aus: «So schwarz sehe ich für Europa nicht, das Potenzial ist da», sagt er.
Wie zu hören ist, nutzen europäische Wirtschaftsvertreter das WEF dazu, um EU-Politikern Dampf zu machen. «Es geht gar nicht um Geld», meint ein anderer Top-Manager, «es geht darum, mit den richtigen Entscheidungen Investitionen in die richtige Richtung zu lenken». Vor allem ein Bürokratie-Abbau ist in Europa sei dringend nötig.
Die Frage nach der Antwort auf Trump
Und in Bezug auf das Hauptthema des neuen US-Präsidenten beklagen Manager: Europas Politiker reagieren bisher nur auf Trump, statt selbst in die Offensive zu gehen. «Es geht in Europa nur um das Bewahren», so ein Schweizer Industrie-Vertreter. «So wird die europäische Stahlindustrie mit grossem finanziellen Aufwand bewahrt, doch das Geld wäre besser in Zukunftstechnologien investiert.»
Die Themen des Montags werden aller voraussichtlich auch die Veranstaltungen vom heutigen Dienstag dominieren - im Vordergrund steht der Empfang von Wef-Gründer Klaus Schwab und der Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter, sowie die Reden der EU-Präsidentin Ursula von der Leyen, des ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelensky, und des deutschen Noch-Kanzlers Olaf Scholz. Das wichtigste dazu - und zu den weiteren Entwicklungen am Wef - berichten wir Ihnen im Briefing zum Dienstag.