Nicht nur das Eigenheim, sondern auch Geschäftsliegenschaften spielen als Assets Vorteile aus. Betongold wirft Rendite ab. Doch lohnt sich aufgrund der hohen Bewertungen und der stetig steigende Preisen noch der Einstieg? Sechs ausgewiesene Experten auf dem Gebiet Real Estate und Investments haben uns die relevanten Fragen beantwortet. Alle sechs Experten meinen: Liegenschaften werden weiter teurer und eignen sich als Assets. Die Bautätigkeit ist weiter tief. Das Angebot ist begrenzt. Die Lage, aber auch der Gebäudezustand seien entscheidend. Tiefere Zinsen befeuern den Markt zusätzlich.
Die goldenen Zeiten scheinen nicht vorbei zu sein
Zwischenzeitlich hatte sich das Umfeld für Liegenschaften in der Schweiz etwas eingetrübt. Doch das sind unterdessen Tempi passati, wie Florian Schubiger, CEO Hypotheke.ch und Mitgründer von Vermögenspartner, ausführt: «Die stark gestiegenen Zinsen ab Anfang 2022 haben kurzfristig Dynamik aus dem Immobilienmarkt genommen. Seit dem Höchststand Ende 2022 haben sich die Zinsen aber wieder fast halbiert.»
Hypothekarzinsen wohl eher sinkend
Paolo Di Stefano, Head Swiss Real Estate bei Swiss Life, rechnet mit einem günstigen Umfeld für Anlagen in Immobilien: «Wir gehen von einer weiteren Normalisierung der Zinsen aus, was die Nachfrage stimulieren dürfte.» Auch gemäss Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer der Raiffeisen-Gruppe, haben durch «wieder sinkende Zinsen Investitionen in Renditeobjekte» an Attraktivität gewonnen.
Der Immobilienmarkt werde daher weiter wachsen, ist sich Christoph Sax, Chief Investment Officer des VZ Vermögenszentrums sicher, obwohl die Banken Hypotheken unterdessen restriktiver vergeben und deshalb sei «nicht mehr so viel Kapital vorhanden wie vor ein paar Jahren, als man mit äusserst geringen Fremdkapitalkosten und hoher Belehnung Immobilien kaufen konnte.»
Keine Immobilienblase in Sicht
Eine Immobilienblase wie einst in den 1990er-Jahren sieht kein einziger der befragten Experten aufziehen. «Die hohen Preise sind durch echte Nachfrage und nicht durch Spekulation wie in den 1990er-Jahren getrieben», entwarnt Matthias Geissbühler.
«In den letzten Quartalen ist das Risiko einer Preisblase bei Wohneigentum gemäss UBS Swiss Real Estate Bubble Index deutlich gesunken», stellt UBS-Ökonom Matthias Holzhey, Head Swiss Real Estate, fest und fügt an: «Eine rückläufige Verschuldungsquote der Haushalte spricht gegen eine Preiskorrektur in den nächsten Quartalen.»
Preise steigen weiter
Das Ende der Fahnenstange ist bei den Immobilienpreisen in der Schweiz noch lange nicht erreicht. «Die Preise dürften auch in den nächsten Jahren stärker steigen als die Einkommen. Nur ein Ende des Zuwanderungsbooms würde diesen Trend brechen», meint etwa UBS-Ökonom Matthias Holzhey.
Mit dieser Meinung fügt er sich in die allgemeine Einschätzung aller befragten Experten ein. Viele Immobilien nehmen offenbar weiter überproportional zur wirtschaftlichen Entwicklung an Wert zu: «Auch für das nächste Jahr erwarten wir weitere Preissteigerungen: Bei Eigentumswohnungen um 3,4 Prozent, bei Einfamilienhäusern um 3,0 Prozent und bei Wohnrenditeliegenschaften zwischen 2,5 und 3,0 Prozent», schätzt Robert Weinert, Head of Research von Wüest Partner.
Geringe Bautätigkeit sorgt für Knappheit
Die «weiterhin hohe Zuwanderung» werde «für hohe Nachfrage nach Wohn- und Geschäftsraum sorgen», meint Florian Schubiger. Auch Christoph Sax sieht «keine Anzeichen» für ein Ende der Preissteigerungen, «da der Wohnraum knapp bleibt». Alle sechs Experten sehen dies ähnlich. Die Wohnbevölkerung wächst seit Jahren schneller als das Angebot an Wohnraum.
Hohes Wachstumspotenzial
Auf der Renditeseite zeichnen sich offenbar keine nachteiligen Effekte ab, im Gegenteil: «Die strukturelle, angebotsseitige Knappheit bei gleichzeitig weiter reger Nachfrage führt zudem zu einem hohen Wachstumspotenzial bei Mieterträgen, was Immobilien als Anlageklasse zusätzlich attraktiv macht», erklärt Raiffeisen-CIO Matthias Geissbühler, «gerade in den Zentren und an guten Lagen finden Büro- und Geschäftsliegenschaften auch künftig Abnehmer.»
Die Lage sei in den letzten Jahren «noch wichtiger geworden», stellt Florian Schubiger von Vermögenspartner fest: «An Toplagen in den grossen Schweizer Städten können hohe Mieten verlangt werden, und die Leerstände sind tief.» Bei schlechten Lagen sehe es «etwas weniger rosig aus». Doch «die gesunkenen Zinsen werden sich auch hier positiv bemerkbar machen», glaubt Schubiger.
Leerstände sind tief
«Büros lassen sich gut vermieten, denn Swiss Life beobachtet eine hohe Nachfrage nach Büroflächen an attraktiven Lagen in grossen Wirtschaftszentren. Die Leerstände sind sogar tiefer als vor der Pandemie», so Palo Di Stefano, Head Real Estate bei Swiss Life.
«Das Investitionsumfeld ist gerade im Wohnsegment wieder attraktiv, da die Marktmieten über Jahre hinaus steigen dürften», hält UBS-Experte Matthias Holzhey fest. Auch Robert Weinert von Wüest Partner sieht Chancen für Investorinnen und Investoren: «Nicht alle Immobiliensegmente sind hoch bewertet.» Es liessen sich auch heute noch «im Schweizer Immobilienmarkt Gelegenheiten finden, die nicht hoch bewertet sind, etwa Büro-, Retail- und Industrieflächen mit Potenzial ausserhalb der Grosszentren.»
Mit Immobilien lässt sich Geld verdienen
Raiffeisen empfiehlt Schweizer Immobilienfonds als Beimischung in einem diversifizierten Portfolio (rund sechs Prozent). Im Vergleich zu Obligationen seien «die derzeitigen Ausschüttungsrenditen von gut 2,5 Prozent attraktiv». Matthias Geissbühler rechnet vor: «Seit der Jahrtausendwende habe der Schweizer Immobilienfondsindex (SWIIT) pro Jahr 5,2 Prozent zugelegt und damit sogar den hiesigen Aktienmarkt (SPI: +4,8% p.a.) geschlagen.»
Investitionen in Immobilien machen also überaus Sinn. «Swiss Life hält Immobilien nicht wegen Wertveränderungen, sondern wegen den regelmässigen Mieteinnahmen, mit denen unter anderem die Renten der Versicherten finanziert werden», sagt Paolo Di Stefano. Er hat einen Tipp für Investorinnen und Investoren: «Bei langfristigen Immobilien-Investitionen ist ein aktives Management zentral sowie der Fokus auf qualitativ hochwertige Objekte.»
Liquidität im Auge behalten
Matthias Holzhey merkt an: «Moderne Bürogebäude in den Grossstädten waren zuletzt gut nachgefragt. Die Mieten konnten insgesamt erhöht werden.» Doch aufgepasst. Geld in Immobilien zu stecken, will gut überlegt sein, mahnt der UBS-Experte: «Wer direkt in Immobilien investiert, muss sich bewusst sein, dass die Liquidität beschränkt ist. Bis eine Liegenschaft verkauft ist, dauert es in der Regel ein paar Monate, und nicht immer kann der gewünschte Preis erzielt werden.»
Raiffeisen empfiehlt daher indirekte Immobilienanlagen. Die entsprechenden Fonds sind bei nahezu allen Finanzinstituten erhältlich und täglich handelbar und zudem breit diversifiziert. «So oder so gilt bei Immobilieninvestments das Credo: Lage, Lage, Lage», hält Matthias Geissbühler fest.
Geschäftsliegenschaften sind nicht überall top
«Der Tiefpunkt bei Geschäftsliegenschaften dürfte erreicht sein. Das liegt unter anderem daran, dass der Homeofficetrend schwindet und die Leute wieder vermehrt ins Büro gehen», glaubt Christoph Sax. Der Experte des VZ Vermögenszentrums sieht schwindende Überkapazitäten voraus, nicht zuletzt, da kleinere Flächen umgenutzt würden. Und: «Mittelfristig könnte die anziehende Konjunktur die Nachfrage etwas beleben», sagt Sax.
«Im Geschäftsflächenmarkt wirken die Bewertungen hingegen teilweise noch aggressiv, da das Potenzial für Mietpreisanstiege gering ist», warnt Matthias Holzhey. Er mahnt zur Vorsicht: «Regionale Diversifikation ist entscheidend für den langfristigen Anlageerfolg. Denn gerade bei Wohnimmobilien drohen vermehrt lokale Mietpreisregulierungen.»
Zudem müsse die Fremdfinanzierungsstrategie dem Liegenschaftsrisiko angepasst sein. «In schlechten Zeiten wird die Anlageklasse zudem schnell illiquid, was im Portfoliokontext berücksichtigt werden muss», so Holzhey.
Auch Florian Schubiger von Vermögenspartner empfiehlt nicht zuletzt aus diesem Grund Anlegerinnen und Anlegern, in Immobilienfonds zu investieren.
Immobilien sind bessere Anlage als viele andere Assets
Fazit: Immobilien als Assetklasse haben Zukunft. Entscheidend ist neben dem aktuellen Preis der Zustand der Liegenschaft und deren Lage. Macht eine Immobilien-Anlage trotz hoher Bewertungen noch Sinn?
«Definitiv, denn der Anleger hat noch immer einen Realwert im Vergleich zu Obligationen, die Kredite bzw. Nominalwerte darstellen», fasst Christoph Sax vom VZ Vermögenszentrum zusammen. «Dazu kommt, dass sich das Umfeld wieder in Richtung niedrigere Inflation und tiefere Zinsen entwickelt.»
Hier bieten Immobilien gemäss dem VZ-CIO einen attraktiven Renditevorteil: «Die Ausschüttungsrendite von Immobilienfonds liegt momentan rund 2 Prozentpunkte über der Rendite von zehnjährigen Eidgenossen.»
- Paolo Di Stefano, Head Real Estate Schweiz bei Swiss Life
- UBS-Ökonom Matthias Holzhey, Head Swiss Real Estate, UBS Global Wealth Management CIO
- Matthias Geissbühler, Chief Investment Officer der Raiffeisen-Gruppe
- Florian Schubiger, CEO Hypotheke.ch und Mitgründer von Vermögenspartner
- Christoph Sax, Chef Investment Officer des VZ Vermögenszentrums
- Robert Weinert, Head of Research bei Wüest Partner