Nachdem einige deutsche Genossenschaftsbanken auf 4-Tage-Arbeitswochen umgestellt haben, ziehen die Chefs der Institute in verschiedenen Bloomberg-Interviews eine positive Zwischenbilanz. Freie Stellen seien jetzt leichter zu besetzen, die Krankenstände gesunken. Zugleich habe es keine Abstriche bei der Produktivität gegeben.

«Die Anzahl der Bewerbungen hat sich verfünffacht. Wir konnten alle vakanten Stellen besetzen», erklärte etwa Carsten Graf, Chef der PSD Bank Braunschweig. Ähnlich äusserte sich Alexander Kostal, Vorstand der Volksbank Kaiserslautern. «Die 4-Tage-Woche verschafft uns angesichts des Fachkräftemangels einen klaren Vorteil», sagte er. «Bisher bietet noch kein anderes Institut in unserem direkten regionalen Umfeld ein ähnliches Modell an.»

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«Ruhe im Karton»

Doch nicht nur die Besetzung freier Stellen ist den Managern zufolge einfacher geworden, sondern auch das Halten von Kollegen. «Beim Mitarbeiterstand ist seit der Umstellung Ruhe im Karton. Kein einziger Mitarbeiter hat uns verlassen und sich bei einer anderen Bank beworben», erklärte Hans-Jürgen Lembicz, Vorstandssprecher der Volksbank Euskirchen.

Das Anwerben und Halten von Mitarbeitern ist gerade für kleinere Banken im ländlichen Raum in den vergangenen Jahren zu einer grossen Herausforderung geworden. Neben dem Fachkräftemangel ist es auch der demografische Wandel, der viele Häuser unter Druck setzt. Allein im dritten Quartal hatten Banken und Fintechs in Deutschland rund 42.000 Stellen öffentlich ausgeschrieben, zeigen Daten der Berliner Index Gruppe. Das Angebot einer 4-Tage-Woche hilft den kleineren Banken, am Arbeitsmarkt zu punkten. 

Motiviertere Mitarbeitende

Die Manager aus den drei Genossenschaftsbanken argumentieren auch, dass die Mitarbeiter durch die Umstellung motivierter seien und seltener fehlen würden. «Der Krankenstand hat sich massiv reduziert”, sagte Graf. Das hat auch Kostal beobachtet. «Die längeren, zusammenhängenden Erholungszeiten wirken sich gut auf die Mitarbeiter aus», erklärte er. «Der Krankenstand ist seit Einführung der 4-Tage-Woche deutlich zurückgegangen.»

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Meist ist es der Freitag, an dem die Kollegen bei den Banken mit einer 4-Tage-Woche freihaben. Die Arbeitszeit wurde in der Regel von 39 Stunden pro Woche auf etwa 35 Stunden reduziert, ohne Einbussen beim Gehalt. Dafür gibt es aber teilweise Abstriche bei der Anzahl der Urlaubstage.

Höhere Produktivität

Zuletzt hatte es in der Finanzwelt wiederholt mahnende Worte von Top-Managern gegeben, deren Meinung nach die Deutschen wieder mehr arbeiten sollten, um die lahmende Wirtschaft anzukurbeln. So erklärte etwa Helaba-Chef Thomas Gross bei der Euro Finance Week im November: «Wir werden wieder mehr leisten müssen. Wir werden uns anstrengen müssen. Wir werden auch mehr arbeiten müssen.» Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing wiederum sagte, dass Investoren «an der Leistungsfähigkeit, aber noch schlimmer, an dem Leistungswillen Deutschlands und Europas zweifeln» würden.

Die Vorstände der drei Genobanken, die auf eine 4-Tage-Woche umgestiegen sind, haben nach eigenen Angaben keinen Leistungsabfall durch das neue Arbeitszeitmodell festgestellt. «Die Produktivität hat sich enorm gesteigert», erklärte Graf. Die Ziele für das Brutto-Kreditgeschäft in 2024 seien in der Folge sogar angehoben worden. Ähnliches berichtete auch Lembicz. «Die Effizienz hat nicht gelitten. Ganz im Gegenteil, mein Gefühl ist, dass sie eher gestiegen ist», sagte er «Ich behaupte nicht, dass die 4-Tage-Woche für alle Unternehmen und Banken funktioniert. Doch für unser Haus tut sie es.» 

Abgesehen von den betrieblichen Aspekten hat Lembicz noch einen weiteren Vorteil der 4-Tage-Woche ausgemacht: die Umwelt. Die Filialen blieben einen Tag länger komplett geschlossen, der Energieverbrauch sinke. Und auch die Mitarbeiter müssten an diesem Tag nicht mehr anreisen, etwa mit dem Auto. (Bloomberg/hzb/pg)