30 von 32 der von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Volkswirte und Finanzmarktexperten erwarten, dass die Notenbank den Leitzins am Donnerstag um 0,25 Prozentpunkte auf 1,00 Prozent senken wird. Eine knappe Mehrheit von 18 Volkswirten geht dann davon aus, dass der Leitzins bei der nächsten turnusmässigen Zinssitzung im Dezember beibehalten wird. 16 rechnen zum Jahresende mit einem Leitzins von 1,00 Prozent, 15 mit 0,75 Prozent und einer mit 1,25 Prozent.
«Es ist praktisch sicher, dass die SNB ihren Leitzins am kommenden Donnerstag um 25 Basispunkte auf 1,00 Prozent senken wird», sagte Karsten Junius, Chefökonom bei J. Safra Sarasin. «Wir sind uns bewusst, dass die SNB nicht davor zurückschreckt, ihre Politik frühzeitig zu ändern, wenn sie es für nötig hält ... (aber) wir glauben immer noch, dass eine Senkung um 50 Basispunkte im September unnötige Panik anzeigen würde.»
Im März vorgeprescht
Die SNB hob die Zinssätze nach der Pandemie behutsamer an als andere wichtige Notenbanken und preschte dann im März mit einer Leitzinssenkung um 0,25 Prozentpunkte auf 1,50 Prozent vor. Wenn die Auguren in Bezug auf die September-Entscheidung Recht behalten, wird die SNB die Zinssätze in diesem Jahr um insgesamt 75 Basispunkte gesenkt haben. Dies entspricht den Erwartungen an die Europäische Zentralbank. Die EZB nahm ihren Einlagensatz in laufenden Monat zum zweiten Mal in Folge um 25 Basispunkte zurück, im Dezember dürfte ein weiterer Schritt folgen.
Unzufrieden mit Frankenaufwertung
Die Inflation fiel im vergangenen Monat auf 1,1 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand aller G10-Volkswirtschaften. Dies entspricht auch praktisch der Mitte der SNB-Zielspanne von null bis zwei Prozent. Der Franken ist jedoch stark geblieben und hat gegenüber dem Euro seit dem Jahrestief Ende Mai um mehr als fünf Prozent zugelegt. Dies ist Experten zufolge zumindest teilweise auf die Erwartung weiterer Zinssenkungen durch die EZB zurückzuführen. SNB-Chef Thomas Jordan, der Ende September zurücktritt, sagte kürzlich, die Frankenstärke mache der Schweizer Industrie zu schaffen.
Die Schweizer Notenbanker dürften mit der jüngsten Aufwertung des Frankens unzufrieden sein und mit Zinssenkungen versuchen, gegenzusteuern, sagte Adrian Prettejohn, Europaökonom bei Capital Economics. Weitere deutliche Senkungen seien indes unwahrscheinlich. «Denn Entscheidungsträger wollen sich einen gewissen Spielraum für eine Lockerung der Politik für den Fall eines zukünftigen inländischen Schocks bewahren.» (Reuters/hzb/pg)