Neben der Rechtsform ist vor allem auch die Zusammensetzung des Direktoriums ein Thema. Der Ökonom und ehemalige SP-Politiker Rudolf Strahm hat sich etwa in einem Interview mit dem «Tagesanzeiger» am Samstag für ein grösseres und diverseres Direktorium ausgesprochen. «Wie in allen anderen Notenbanken braucht es in der obersten Währungsbehörde einen Pluralismus an Sichtweisen - und in der Schweiz zusätzlich von Sprachregionen», sagte er. Das bisherige dreiköpfige Direktorium sei ein Relikt aus der Gründung der SNB vor über 100 Jahren und seiner nicht mehr zeitgemäss.
Auch sollten in dem Gremium mehr unterschiedliche ökonomische Sichtweisen vertreten sein. Er schlägt daher vor, die Zahl der Sitze auf sieben zu erhöhen, um den Anforderungen gerecht werden zu können.
Dieser Ansicht widersprach jedoch der ehemaliger UBS-Chefökonom Klaus Wellershoff in einem ebenfalls am Samstag veröffentlichen Interview mit der «Schweiz am Wochenende». Das Leitungsgremium aus drei Personen hat sich seiner Ansicht nach bewährt. Auch sollten «politische Überlegungen bei Zentralbanken keine zu grosse Bedeutung haben», sagte er.
Gewinnausschüttung verstetigen und transparenter gestalten
Weiter Baustellen sieht Strahm bei der Gewinnausschüttung an Bund und Kantone. Diese sollten verstetigt und transparenter geregelt werden, denn «die heutige informelle Aushandlungspraxis ist eines Rechtsstaats unwürdig», sagte er weiter.
Zudem fordert er eine Ausgliederung eines Teils des «gewaltigen» SNB-Vermögens aus der Bilanz, «um den Umgang mit Buchverlusten und die Gewinnausschüttung» zu klären. Ferner sieht Strahm noch Handlungsbedarf im Spannungsverhältnis zwischen Frankenkurs und Inflationsbekämpfung.
Die Umsetzung der Reform liegt laut Strahm letztlich im Parlament. Jedoch müsse der Anstoss dazu aus einem «pluralistisch zusammengesetzten Direktorium" kommen. Mit der Nachfolgeregelung könnte Finanzministerin Karin Keller-Sutter die Weichen dazu stellen.
Rechtsform als Aktiengesellschaft problematisch
Obwohl Wellershoff insgesamt eine positive Bilanz unter die Amtszeit von Thomas Jordan zieht, sieht er die von Jordan hinterlassene «aufgeblähte Bilanz» kritisch. Diese könnte der Nationalbank noch «um die Ohren fliegen», sagte er. Ein Abschliessendes Urteil könne daher erst in zwei bis drei Jahren gefällt werden.
Vor allem die Rechtsform der SNB als Aktiengesellschaft sieht Wellershoff kritisch. Als Aktiengesellschaft sei es etwa problematisch, wenn das Eigenkapital «zu klein oder gar aufgefressen wird», sagte er weiter. Durch starke Schwankungen der Währungen oder Anlagen könnte die SNB riesige Verluste einfahren, was das Eigenkapital «vernichten" könnte. Dieses Szenario erachtet er im Fall einer Börsenkorrektur für die SNB als durchaus denkbar.
Dann müssten Bund und Kantonen die SNB rekapitalisieren, was sich äusserst schwierig gestalten könnte. «Woher würde der Staat auf einmal 100 Milliarden Franken nehmen?», fragte daher Wellershoff. Zudem drohe ein Reputationsschaden.
Er erachtet die Rechtsform als Aktiengesellschaft daher als «überholt», denn er führe zu einer unnötigen Volatilität. Ein Nachfolger sollte die Frage der Rechtsform angehen. Ziel sollte es sein, die Unabhängigkeit der Notenbank zu erhalten und den modernen Anforderungen gerecht zu werden, so Wellershoff. (awp/hzb/pg)