«Nach der Bewältigung der verschiedenen Herausforderungen der letzten Jahre ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, von meinem Amt zurückzutreten», erklärte der 1963 geborene Jordan.
«Bankrat und Direktorium bedauern den Entscheid von Thomas Jordan ausserordentlich und danken ihm herzlich für seinen langjährigen und herausragenden Einsatz im Interesse einer stabilitätsorientierten Geld- und Währungspolitik und für seine hervorragenden Dienste für die Nationalbank und das Land», schrieb die SNB weiter. Sie wünsche ihm bereits heute für den bevorstehenden neuen Lebensabschnitt alles Gute.
SNB-Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner äusserte ihr tiefstes Bedauern über den Abgang: «Mit Thomas Jordan tritt eine herausragende Persönlichkeit zurück.» Jordan habe die Nationalbank und ihre Geldpolitik über ein Vierteljahrhundert stark geprägt.
«Die Nationalbank hat in seiner Präsidialzeit ihr Mandat hervorragend erfüllt. Sie geniesst dank ihrer überzeugenden Geld- und Währungspolitik und ihrer Innovationskraft national und international einen ausgezeichneten Ruf», erklärte Janom Steiner. Die SNB gehöre in vielen Gebieten zu den führenden Zentralbanken der Welt.
Die SNB macht in ihrem Communiqué keine Angaben zu einem Nachfolger. In der Regel rückt der Vizepräsident und Vorsteher des zweiten Departements nach. Das ist seit August 2022 Martin Schlegel.
Mit Jordans Rücktritt und der Rochade gibt es im SNB-Führungstrio erneut eine Vakanz. Kaum wurde mit Antoine Martin eine Nachfolge für Andréa Maechler gefunden, muss sich der Bankrat wieder auf die Suche machen, um die SNB-Spitze zu vervollständigen.
Jordan nach Hildebrand-Affäre an die Spitze gekommen
Jordan trat im Jahr 1997 in die Nationalbank ein. Als Leiter Forschung war er zunächst massgebend an der Erarbeitung des neuen geldpolitischen Konzepts beteiligt, das Ende 1999 eingeführt wurde.
Nach dem erzwungenen Abgang von Philipp Hildebrand übernahm im Januar 2012 Thomas Jordan die Führung der Nationalbank zunächst ad interim und dann ab April 2012 als Präsident des Direktoriums. Bis dahin war er SNB-Vize gewesen.
Sein Vorgänger Hildebrand war über Devisenkäufe seiner damaligen Ehefrau gestolpert. Diese hatte nur wenige Wochen vor der überraschenden Einführung des Euro-Mindestkurses durch die SNB Devisen in Höhe von rund einer halbe Million US-Dollar gekauft, die sich nach der geldpolitischen Massnahme markant aufwerteten. Laut Philipp Hildebrand geschah dies ohne sein Wissen. Juristisch blieben die Vorkommnisse für Hildebrand folgenlos.
Die SNB zog aber ihre Lehren aus der Affäre, die Ende 2011 und Anfang 2012 in der Schweiz hohe Wellen schlug. Der neue SNB-Lenker Jordan verschärfte im Frühling 2012 die Kontrolle über private Finanzgeschäfte seiner Mitarbeiter rigoros. Es solle nicht einmal mehr im Ansatz zu solchen Problemen kommen können, erklärte Thomas Jordan damals.
Aufhebung des Mindestkurses sorgt für Frankenschock
Seine Zeit an der Spitze der Nationalbank fiel in eine Periode mit aussergewöhnlich vielen Herausforderungen. Es waren weitreichende geldpolitische Schritte notwendig, um in unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen die Preisstabilität zu gewährleisten und die Finanzstabilität zu wahren.
Im Kampf um die Verteidigung des am 6. September 2011 eingeführten Euro-Mindestkurses von 1,20 Franken häufte die Nationalbank einen riesigen Devisenberg an. Diese Politik liess sich nach mehreren Jahren nicht mehr durchhalten. So hob die SNB am 15. Januar 2015 völlig überraschend den Mindestkurs wieder auf, was den Franken augenblicklich in die Höhe schnellen liess und für massive Turbulenzen im Devisenhandel sorgte. Nachdem der Euro im frühen Handel teilweise zu unter 0,80 Franken gehandelt wurde, pendelte er sich bei Parität ein.
Der Schweizer Exportindustrie setzte die Frankenstärke im Anschluss teilweise happig zu. Ihre Produkte hatten Mühe, preislich mit der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten. Immer wieder kaufte die SNB auch Euro in grossen Mengen, um den Franken zumindest etwas zu schwächen. Immerhin konnte die Nationalbank mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses die Kontrolle über ihre Geldpolitik behalten und deren Wirksamkeit sichern. (awp/hzb/pg)