Nach der Notübernahme der Credit Suisse (CS) hat die UBS eine Grösse erreicht, die vielen Politikern und Experten Bauchschmerzen bereitet. Mit der Überarbeitung der Regeln will die Schweizer Regierung sicherstellen, dass die UBS gar nicht erst in Schieflage gerät und im Notfall nicht vom Staat übernommen werden muss. Nachfolgend eine Darstellung der Schlüsselfragen:
Was heisst «Too big to fail»?
Die Finanzkrise hat gezeigt, dass ein Kollaps von systemrelevanten Grossbanken ganze Volkswirtschaften gefährdet. Diese Institute sind so bedeutend, dass der Staat sie im Krisenfall nicht fallenlassen kann. Entsprechend geniessen sie eine implizite Staatsgarantie: Sie sind zu gross, um unterzugehen («Too big to fail», TBTF). Mit neuen Regeln wollten Regierungen und Regulatoren nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman in den USA und dem weltweiten Schock 2008 verhindern, dass einzelne Grossbanken ganze Staaten in Haft nehmen können. Um das zu verhindern, mussten die Banken ihren Bilanzen aufpolstern.
Hat das Regelwerk in der Krise 2023 funktioniert?
Doch die Krise der Credit Suisse und mehrerer US-Regionalbanken zeigte, dass die TBTF-Regeln nicht ausreichten. Statt einer für den Fall eigentlich vorgesehenen Sanierung ohne staatliche Hilfe musste die Regierung im Fall der Credit Suisse eine Übernahme durch die UBS orchestrieren. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sicherte die Transaktion mit 168 Milliarden Franken ab. Die eigentlich alle zwei Jahre stattfindende Überprüfung der TBTF-Regeln wurde vertieft und um ein Jahr auf 2024 verschoben. Neben der Finanzmarktaufsicht Finma und der SNB haben auch die Expertengruppe "Bankenstabilität" und der Finanzstabilitätsrat (FSB) Verbesserungsvorschläge gemacht. Im Zentrum der Diskussionen stehen die folgenden Ansatzpunkte:
Hebel 1: Kapital
Ein dickeres Kapitalpolster hätte der Credit Suisse und der Schweizer Regierung mehr Zeit für eine Lösung verschafft und eine Aufspaltung und Abwicklung von Unternehmensteilen erleichtert. Akademiker fordern für die UBS deshalb massiv höhere Eigenkapitalquoten von 20 Prozent und mehr. Ende 2023 kam das Institut auf 4,7 Prozent. Die grosse Kammer des Schweizer Parlaments sprach sich für einen Vorschlag aus, von den global systemrelevanten Banken eine ungewichtete Eigenkapitalquote von mindestens 15 Prozent zu verlangen. Die UBS lehnt diesen Vorschlag ab. Dies würde Angebote wie etwa Hypotheken für die Kunden massiv verteuern und dem Land damit schaden, argumentiert das Institut.
Hebel 2: Liquidität
Die Credit Suisse war 2023 mit dem ersten grossen digitalen Bankensturm der Geschichte konfrontiert. Alleine im März zogen Kunden Dutzende von Milliarden Franken von der mit einem massiven Vertrauensverlust kämpfenden Bank ab. Die für solche Fälle vorgesehene ausserordentliche Liquiditätshilfe (ELA) der SNB reichte angesichts der enormen Abflüsse nicht aus. Dies hatte auch damit zu tun, dass die Credit Suisse nicht alle infrage kommenden Sicherheiten für eine Übertragung an die Notenbanken vorbereitet hatte oder diese durch andere Transaktionen bereits gebunden waren. Dies soll sich nun ändern. Zudem soll die Zentralbank Geldhäusern den Zugang zu Notfall-Liquidität erleichtern. Insidern zufolge arbeitet sie mit den Geschäftsbanken zusammen, um den Bestand von Vermögenswerten zu erweitern, die sie im Gegenzug für Liquidität verpfänden können. Die SNB habe signalisiert, dass sie über Hypotheken hinaus auch Geschäftskredite und sogenannte Lombardkredite als Sicherheit akzeptiere dürfte.
Hebel 3: Staatliche Hilfe
Schon vor der CS-Krise arbeitete die Schweizer Regierung an einer staatlichen Liquiditätssicherung, einem sogenannten "Public Liquidity Backstop" (PLB). Dieser kommt zum Zug, wenn eine Bank dringend flüssige Mittel braucht, der SNB aber nicht mehr genügend Sicherheiten anbieten kann. In dem Fall springt der Staat ein und garantiert der Notenbank die Rückzahlung der Darlehen. Der PLB, der für eine Sanierung, einen Verkauf oder eine Abwicklung einer Bank eingesetzt werden soll, ist international etabliert. Auch in der Schweiz besteht grundsätzlich kaum Opposition gegen eine dauerhafte Einführung des in der CS-Krise unter Notrecht eingesetzten Instruments. Umstritten ist dagegen, wie viel die UBS dafür bezahlen soll. Während die Regierung eine Art Versicherungsprämie von jährlich einigen Millionen Franken ins Spiel gebracht hat, sprechen Kritiker von einer staatlichen Beihilfe, die die UBS hundert Mal mehr kosten sollte.
Hebel 4: Management
Eine weitere Lehre aus der CS-Krise war, dass die Manager zu grossen Risiken eingehen und dafür zu wenig zur Rechenschaft gezogen werden konnten. Als Reaktion darauf fordert nun die Finanzmarktaufsicht Finma die Einführung eines sogenannten Senior-Manager-Regimes nach britischem Vorbild. Damit soll sichergestellt werden, dass Zuständigkeiten von Führungskräften klar zugeordnet werden können und diese auch für eingegangenen Risiken geradestehen müssen. Manager sollen bei Verstössen suspendiert, entlassen und mit Geldstrafen belegt werden können. Selbst die UBS unterstützt die Einführung dieser Massnahme. (reuters/hzb/ps)