Chatbots statt Hotlines, Algorithmen statt Kundenberater: Wer als Konsument oder Konsumentin heute eine Leistung in Anspruch nimmt, spricht nicht selten zuerst mit einer künstlichen Intelligenz. Die klopft ab, was man sich wünscht: eine Bestellung, eine Reklamation, eine Änderung der Daten? Die nach aussen getragene Idee ist, dass die KI möglichst viel eigenständig erledigt und die Kundschaft zufriedenstellt. Die nach innen korrekte Idee ist, dass Firmen dank dem Einsatz von KI effizienter arbeiten, Kosten senken und Stellenprozente einsparen.
Denn laut einer Umfrage des Personaldienstleisters Adecco sparen Schweizer Arbeitnehmende mit dem Einsatz von KI durchschnittlich 51 Minuten pro Tag. Das ist eine Steilpassvorlage für Firmenlenker, die Arbeit ihrer Belegschaft zu überprüfen. Sparen sie mit dem Einsatz von KI Arbeitszeit, bedingt das weniger Angestellte, was wiederum auf die Bilanz einzahlt. So weit, so gut. Nur: Die interne Ersparnis geht zulasten der Qualität. Nicht selten landet man als Konsument in einer Dauerschleife automatisch generierter Antworten, bis nach dem Verlust vieler Nerven endlich die erlösende Antwort folgt: Sie werden mit einer realen Person verbunden.
Diese erlösende Verbindung zu einem Menschen, die erst wieder wahre Kundenorientierung verspricht, rückt aktuell in weite Ferne. Mit der «Agentic AI» rollt bereits die nächste KI-Welle an. Die KI-Agenten sollen noch viel autonomer im Hintergrund arbeiten, eigenständig Entscheidungen treffen und Prozesse automatisieren. Ein Traum für Backend-Entwickler – ein Albtraum für die Kundschaft. Denn auf der Reise zur KI-Automatisierung bleiben benutzerfreundliche Schnittstellen, die eigentlich wichtiger wären, auf der Strecke: bessere Apps, durchdachte Benutzeroberflächen oder optimierte Prozesse, die Kundenanfragen von vornherein minimieren.
Klar: Gute Chatbots können eine sinnvolle Ergänzung zu überlasteten Telefonhotlines sein – aber nur, wenn sie intelligent gestaltet sind und echten Mehrwert bieten. Davon sind wir heute noch weit entfernt. Statt einer Revolution erlebt man als Konsument KI hauptsächlich in Form mangelhafter Chatbots und überflüssiger Smartphone-Features.
Diese Entwicklung schädigt die Kundenbeziehung mehr, als dass sie nutzt. Wer nun also voller Elan auf Agentic AI aufspringt und bereits mit dem nächsten Trend mitschwimmen will, sollte die Euphorie besser noch einen Moment bremsen. Denn Technologie muss zuerst einen echten Nutzen für Konsumenten bringen, ansonsten springt die Kundschaft ab. Und dann hat jede KI ausgedient.