Sie sind ein wiederkehrendes Phänomen: Wirtschafts-Wunderkinder, die kometenhaft aufsteigen, immer neue Geschäfte und Geschäftspartner anziehen, um schlussendlich an ihrem Grössenwahn zu scheitern und abzustürzen. Der einstige Krypto-Star Sam Bankman-Fried (Gründer der bankrottgegangenen FTX-Börse) wurde letzte Woche wegen Betrugs und Geldwäsche zu einer Haftstrafe verurteilt.

Und der nächste gefeierte Selfmade-Milliardär ist bereits im freien Fall: Der Tiroler René Benko. Seine Signa-Holding, zu der auch die Warenhausgruppe Globus gehört, ist in drastische Schieflage geraten.

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Die NZZ zeigt sich erstaunt über die Gutgläubigkeit von Benkos prominenten Geschäftspartnern wie Ernst Tanner, Lindt & Sprüngli oder Klaus-Michael Kühne, Kühne + Nagel: «Ein Rätsel bleibt, warum sich gestandene Unternehmer, Manager und Politiker auf diese Art des Geschäftemachens einliessen.» Offenbar seien auch «erfahrene Geschäftsleute anfällig für solche Verführungen».

Die Gastautorin

Karin Kofler ist Geschäftsführerin der Zuger Wirtschaftskammer und freischaffende Publizistin.

Ach ja? Mich überrascht das nicht. Seit 27 Jahren bewege ich mich nun im Kreise von CEOs, Unternehmern, Investorinnen und wage folgende Thesen:

  • Gerade erfahrene Geschäftsleute laufen Gefahr, auf intelligente, charismatische Blender hereinzufallen. Ihr Erfolgsausweis aus der Vergangenheit lässt sie nämlich glauben, dass sie sich bei geschäftlichen Opportunitäten niemals täuschen könnten.
  • Auch Wirtschafts-Topshots leiden am «Fomo»-Syndrom: fear of missing out. Sie haben ständig Angst, wirtschaftliche Möglichkeiten zu verpassen. Tauchen illustre Figuren auf, die auf der Erfolgswelle surfen und von anderen Mächtigen hofiert werden, wollen sie an Bord sein.
  • Wer mit schillernden Persönlichkeiten wie einem René Benko zusammenarbeitet, kriegt selber einen Hauch Glanz ab. Da sagen etwas biedere, solide Manager nicht nein.
  • Sogwirkung: Gestandene Führungskräfte vertrauen häufig auf das Urteil ihrer Berufskollegen. Wenn der eine mit Person X geschäftet, ist das das Eintrittsticket für den anderen.
  • Tellerwäscherkarrieren wie diejenige des Signa-Eigentümers, der es vom Schulabbrecher zum Milliardär gebracht hat, faszinieren Manager in einer akademisierten Wirtschaftswelt.
  • Charismatische Wunderkinder geben ihren Geschäftspartnern gerne das Gefühl, nicht gross genug zu denken. In der Folge wollen sich diese «Old School»-Manager in Verwaltungsratssitzungen nicht als kleinkrämerische «Bedenkenträger» exponieren und weichen von ihren bewährten Bewertungsstandards ab.

«Sie akzeptierten bei Signa eine Art nachlässiger Corporate Governance, die sie in den eigenen Unternehmen wohl nie dulden würden», moniert die NZZ. Das müssen Benkos «Biedermänner» nun büssen.