Sie beschreibt sich selbst gerne als sportbegeistert: Marathonläuferin, Skifahrerin, Hochseeseglerin. Aber ihr liebster Sport ist das Rudern, das sie vor etwa zwanzig Jahren für sich entdeckt hat. Carole Ackermann und ihr Mann haben die von ihnen mitgegründete Risikokapitalgesellschaft nach einem der Rennen der legendären königlichen Regatta in Henley auf der Themse benannt: Diamond Scull.

Warum diese Vorliebe? «Man muss gehen – auch dann, wenn die Oberfläche des Sees nicht glatt und es windig ist. Man muss damit umgehen können. Ein bisschen wie in der Geschäftswelt und im Leben allgemein», erklärt sie. «Vor allem ist es ein Mannschaftssport. Die Ruderer arbeiten gemeinsam an der Präzision und der Kraft ihrer Schläge.»

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Dieselbe Philosophie wendet sie auch in ihrer Rolle als Präsidentin des Verwaltungs- und Stiftungsrats der EHL-Gruppe an. Sie, die Aussenseiterin, die rekrutiert wurde, um das Erbe der Hochschule zu bewahren, aber auch um sie mit dem Zeitgeist weiterzuentwickeln. «Es stimmt, ich hatte keine Ahnung von der Hotellerie. Aber man ist gerade deshalb auf mich zugekommen, weil ich andere Kompetenzen mitbringe wie Unternehmensführung, Innovation und Internationalisierung.» Ihre Aussage präzisiert sie lieber mit einer anderen Metapher als die der Ruderer, nämlich mit der eines Dirigenten, der verschiedene Kompetenzen mitbringen muss, um ein ganzes Orchester zu leiten.

Carole Ackermann auf hoher See mit ihrem Mann Heinrich Fischer, mit dem sie die Risikokapitalfirma Diamondscull mitbegründet hat.

Carole Ackermann auf hoher See mit ihrem Mann Heinrich Fischer, mit dem sie die Risikokapitalfirma Diamond Scull mitgegründet hat.

Quelle: DR

Carole Ackermann und ihr Team

Zum Team, das Carole Ackermann im Verwaltungsrat umgibt, gehören mehrere Veteraninnen und Veteranen der Hotellerie. Darunter befinden sich Jörg Arnold, General Manager des «Chedi Andermatt», oder François Dussart, Generaldirektor des «Evian Resort». Aber auch York Scheunemann, ein ehemaliger Topmanager von Google, und Joy Chen, eine Unternehmerin der Stanford Graduate School of Education, Expertin und Investorin im Bereich Edtech.

Als Exekutivdirektor der neuen EHL haben Carole Ackermann und der Verwaltungsrat im vergangenen Jahr Markus Venzin eingestellt, einen Doktor der strategischen Unternehmensführung der Universität St. Gallen mit Bündner Wurzeln. Er war 24 Jahre lang Professor und Dekan für Innovation an der Universität und Businessschule Bocconi in Mailand.

Während bis anhin die Leitung der EHL bisher mehrheitlich männlich besetzt war, so besteht sie nun zu 40 Prozent aus Frauen. So gibt es beispielsweise eine Direktorin für Sustainable Hospitality Services – ein Zeichen für die Bedeutung, die der Nachhaltigkeit in den Studiengängen der Studierenden, aber auch bei der Gestaltung und Verwaltung des Campus beigemessen wird.

Die Transformation der ehemaligen Hotelfachschule

Die EHL durchläuft seit einigen Jahren einen Wandel. Der neue Campus in Lausanne wurde im letzten Sommer eingeweiht und beherbergt rund 3000 Studierende, von denen fast 1000 auf dem Gelände leben. Grosszügige Aussenbereiche, luxuriöse Sportanlagen, wie eine zwei Kilometer lange Laufstrecke und ein 25-Meter-Schwimmbecken, sollen die Studierenden zum Bleiben auf dem Campus motivieren. Es sei ein «amerikanischer Ansatz», sagt Carole Ackermann.

Nicht weniger als 250 Millionen wurden in die Gebäude investiert, die vom Berner Büro Itten+Brechbühl – welches auch die Pläne für das Olympische Haus des IOC und für den Vortex der Universität Lausanne erstellt hat – und vom Lausanner Büro Tekhne entworfen wurden.

Die Einweihung des neuen Campus in Chalet-à-Gobet fiel mit einer Namensänderung zusammen: Die Hotelfachschule Lausanne wurde in EHL Hospitality Business School umbenannt. Diese Neupositionierung sorgt für Diskussionen. Wurde das Rebranding gut gemeistert? Oder verliert die Schule ihre Seele als Hotelière? In der Eingangshalle der Schule fällt der Blick des Besuchers nicht nur auf die monumentalen Ausmasse des Gebäudes, sondern auch auf zwei riesige verglaste Küchen, in denen ein gutes Dutzend Schülerinnen und Schüler mit Kochmützen an den Herden stehen. Im angrenzenden Raum nimmt eine Klasse an einem Kurs über Weinverkostung teil.

«Wir bieten nach wie vor eine praktische Ausbildung an», erklärt Carole Ackermann, «was unserer DNA entspricht, die tief in der Hotelbranche verwurzelt ist. Aber wir müssen auch die Werkzeuge des modernen Managements vermitteln – alles, was mit der Digitalisierung einhergeht. Und nicht zu vergessen die wesentlichen sozialen Kompetenzen.» Eine duale pädagogische Formel also, die auf die Berufe der Hotellerie 2.0, aber auch auf viele andere Berufe zugeschnitten ist.

Denn während die eine Hälfte der Absolventen und Absolventinnen – zumindest in der Anfangsphase – in die eigentliche Gastwirtschaft geht, strebt die andere Hälfte in die Bereiche Vermögensverwaltung, Consulting, Immobilien oder Luxusgüter.

Ackermanns Laufbahn und ihre Rolle in der Startup-Szene

Wenn sie sich heute noch einmal für ein Studium entscheiden müsste, würde Carole Ackermann die EHL wählen. Sie gibt zu, dass sich diese Frage damals nicht gestellt hat, weil sie die Schule, von der sie kaum etwas wusste, zu 100 Prozent als Hotelfachschule sah. Ihre Wahl fiel auf Wirtschaft an der Universität St. Gallen. Dort vervollständigte sie ihr Studium mit einer Doktorarbeit über den Einzelhandel, die zwischen Marketing und Architektur angesiedelt war. Sie begann ihre Karriere in der Unternehmensberatung, wo sie von Mandat zu Mandat ihren Lern- und Entdeckungsdrang befriedigte und sich stets weiterentwickelte.

Dieser Status als Vorbildrolle veranlasst Carole Ackermann dazu, sich auch nachhaltig für die Initiative Women in Leadership an der EHL zu engagieren, die unter anderem eine bessere Vertretung von Frauen in Führungspositionen anstrebt. «Ich bin davon überzeugt, dass die Entwicklung unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft auf einer grösseren Vielfalt beruht – daher auch mein Bias zugunsten von Frauen, wenn ich beispielsweise den Businessplan eines Projekts prüfe. Unsere Fähigkeit, zusammenzuarbeiten und mehr Risiken einzugehen, ist jedoch nicht weniger wichtig», erklärt sie. «Im traditionellen Schulsystem wird man bestraft, wenn man einen Fehler macht. Diese Denkweise müssen wir ändern. Scheitern ist ein Motor des Lernens und eine Voraussetzung für Erfolg.»

Danach verbrachte sie über fünf Jahre bei Saurer, als die Schweizer Textilindustrie einen tiefgreifenden Wandel durchmachte: Standortverlagerungen, Entlassungen, Reorganisationen. Sie kennt sich mit dem Management von Veränderungen aus. Heute reiht sie Verwaltungsratsmandate aneinander: BNP Paribas Suisse, Allianz Suisse, BKW GA, BVZ Holding. Bis letztes Jahr unterrichtete sie an ihrer Alma Mater, der Universität St. Gallen. «Diese Lehrtätigkeit ermöglichte es mir, in engem Kontakt mit der neuen Generation von Studierenden und der Entwicklung der Lehrmethoden zu bleiben.»

Parallel dazu engagiert sie sich stark in der helvetischen Startup-Szene. Im Jahr 2007 gründete sie zusammen mit ihrem Mann die Beratungs- und Risikokapitalfirma Diamond Scull, die derzeit zwölf Unternehmen im Portfolio hat und zwei Exits vorweisen kann.

Carole Ackermann (rechts) an der Preisverleihung beim Female Innovation Forum.

Carole Ackermann (rechts) an der Preisverleihung am Female Innovation Forum.

Quelle: MALLAUN PHOTOGRAPHY

Die EHL an der Spitze

Mit der EHL möchte Ackermann ebenfalls an die Spitze – oder da bleiben. Dafür hat die Schule nebst der Neugestaltung ihres Lausanner Campus nach Asien expandiert und in Singapur eine Zweigstelle eröffnet, die rund 250 Studierende aufnehmen kann. Dazu kommt die Hotelleriesuisse in Passugg bei Chur, eine Berufsschule, die rund 300 junge Menschen in Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes ausbildet. Das macht ein Total von rund 4000 Studierenden. Das Interesse ist gross, auch wenn die Ausbildung für kontinentaleuropäische Verhältnisse immer noch sehr teuer ist.

Die Bachelor-Studiengebühren, die ein Vorbereitungsjahr und zwei sechsmonatige bezahlte Praktika umfassen, belaufen sich auf 177’050 Franken für Studierende aus dem Ausland und 84'950 Franken für Studierende aus der Schweiz (aufgrund der Integration in das Fachhochschulsystem). Diese Tarife verteidigt die Direktion mit dem Argument der Qualität der Infrastruktur und der Lehrkräfte, aber auch mit der hohen Anerkennungsquote der EHL-Diplome bei künftigen Arbeitgebern.

«Wenn wir auf höchstem Niveau bleiben wollen», erklärt Carole Ackermann, die die Arbeit ihrer Vorgängerinnen würdigt, «müssen wir investieren und uns ständig erneuern. Und das hat seinen Preis.» Da die EHL als gemeinnützige Stiftung anerkannt ist, bleibt die Notwendigkeit bestehen, sie weiterhin gut zu entwickeln und die gigantischen Investitionen zu amortisieren. Die EHL, die historisch gesehen die renommierteste Hotelfachschule und seit 2019 die Nummer eins in der weltweit führenden Rangliste der besten Universitäten für Hospitality Management ist, hat die Pandemie ohne grössere Schäden überstanden und scheint derzeit jedenfalls keine Probleme zu haben, die verfügbaren Studienplätze zu füllen. Eher im Gegenteil, was Ackermann und die gesamte EHL freut.

Die EHL in Zahlen

Seit 2015 hat sich die Zahl der an den drei Campus der EHL immatrikulierten Studierenden von 2300 auf über 4000 fast verdoppelt. Im gleichen Zeitraum stieg der Betriebsertrag der Lausanner Hochschule von 103 auf 163,5 Millionen Franken. Der Betriebsaufwand vor Zinsen und Abschreibungen erhöhte sich von 87,2 auf 133,2 Millionen Franken (Zahlen von 2022).

Dieser Artikel erschien zuerst bei «PME» unter dem Titel «Carole Ackermann, la cheffe d’orchestre de l’EHL nouvelle».