Jeder kennt diese Tage, an denen man keine Lust hat zu arbeiten. Anstatt sich dennoch ins Büro zu quälen, um dort allen anderen die gute Laune zu verderben, verspricht der Null-Bock-Tag den Vorteil für alle. Neben der Burnout-Prävention, heisst es, fördert er die emotionale Ehrlichkeit. Man ist am Puls der Zeit – und irrt gewaltig. So sehr man Verständnis für individuelle Bedürfnisse und fehlende Motivation haben kann, so wenig hilft ein solcher Lustlostag. Dass ein Tag Pause ein Burnout vermeidet, ist Unsinn und verharmlost die Gefahr, die dauerhafte Erschöpfung mit sich bringt.
Das Problem der zunehmenden Kraft- und Sinnlosigkeit ist vielschichtig und muss umfassend angegangen werden. Zu allererst sind Mitarbeitende wie Führungskräfte aufgerufen, sich mit den Frühwarnsignalen von Burnout zu beschäftigen, um rechtzeitig aktiv zu werden. Menschen, die auf dem Weg ins Burnout sind, entwickeln eine Art eigene Blindheit. Sie erkennen es bei sich selbst nicht (mehr). Deswegen müssen andere genauer hinsehen, um präventiv einzugreifen.
Die Gastautorin
Katja Unkel ist Gründerin der Firma Managing People AG, die Führungskräfte und Organisationen berät, coacht und trainiert.
Die Absicht des Null-Bock-Tags, die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden zu erhöhen, für sich selbst Sorge zu tragen, verschärft die Burnout-Gefahr. Führungskräfte könnten meinen, in Sachen Burnout-Prävention nichts mehr tun zu müssen. Es liegt nun in der Verantwortung und Freiheit der Mitarbeitenden, einen Null-Bock-Tag zu nehmen. Damit lassen wir ernsthaft gefährdete Mitarbeitende alleine auf dem Weg ins Burnout.
Ein Lustlostag ist zudem höchst unkollegial. Hier muss eine andere Gruppe von Mitarbeitenden ins Licht gestellt werden, die oftmals übersehen werden und für selbstverständlich gehalten werden. Es sind jene Menschen, die nie krank sind, die ständig für andere einspringen und zuverlässig alles schultern. Solche Mitarbeitende gibt es zum Glück noch zahlreich.
In einem Null-Bock-Umfeld laufen wir Gefahr, dass diese Personen entweder ausbrennen oder aber frustriert kündigen, weil sie sich – zu Recht – als die Dummen vorkommen. Sie haben es satt, jene durch Lustlosigkeit gestiegene Unzuverlässigkeit im Team durch Zusatzarbeit aufzufangen und plötzliche Ausfälle auszugleichen, damit der Laden läuft. Ein echter Krankheitstag ist etwas anderes als der Umstand, keine Lust zu haben.
Abschliessend noch der Hinweis, dass sich ständiges Fragen, ob man Lust zu einer Sache oder Arbeit hat, in eine Abwärtsspirale von Antriebslosigkeit und Bequemlichkeit führt. Wir verharren in einer immer kleiner werdenden Komfortzone. Das verhindert Entwicklung, Fortschritt und Lernen. Es blockiert Freude, Glücksgefühle sowie Stolz, den lustlosen inneren «Schweinehund» überwunden zu haben.