Ich bin gegen stereotype Vorurteile. Doch in letzter Zeit fällt mir auf, dass sich in meiner Umgebung die Beschwerden über die Generation Z häufen (zur Erinnerung: Darunter fallen all jene Menschen mit Geburtsdatum zwischen 1995 und 2010). Ein Kollege, der Headhunter ist, erzählte mir unlängst, dass seine zwei neuesten Mitarbeitenden aus der Gen Z auffallend bequem, fordernd und selbstzufrieden seien, während ihr Einsatz unterdurchschnittlich sei.
Ähnliches hörte ich vom Inhaber einer Steuerberatungskanzlei. Drei Auszubildende hintereinander hatten bei ihm die Ausbildung abgebrochen, mit der Begründung, der Stress sei zu hoch. Eine kurze Recherche zeigte, dass es zahlreiche Umfragen zu diesem Thema gibt. Der gemeinsame Tenor daraus: Viele Arbeitgebende beklagen, dass es Zettlern und Zettlerinnen oft an Durchhaltevermögen und Resilienz fehle, dass sie wenig kritikfähig und belastbar, fordernd und verwöhnt seien.
Nicht nur in der Schweiz, auch international knirscht es zwischen den Generationen. Drei von vier Managern, die in den USA befragt wurden, gaben in einer Umfrage des Unternehmens Resume Builder an, dass es schwieriger sei, mit der Generation Z zusammenzuarbeiten als mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Generationen. Das Nürnberg Institut für Marktentscheidungen hat 300 Topmanager von börsennotierten Unternehmen sowie knapp 680 Nachwuchsführungskräfte gefragt.
48 Prozent der Managerinnen und Manager bezweifelten, dass der Nachwuchs wirklich wirtschaftliche Verantwortung übernehmen will. Selbst in Japan, das jahrzehntelang von langen Arbeitszeiten und starren Hierarchien geprägt war, fordern inzwischen die jüngeren Menschen mehr Mitspracherecht und Flexibilität im Job.
Arbeitgeber müssen sich an die Zettler anpassen
Die Zettlerinnen und Zettler sind die erste Generation, die nicht mehr darauf angewiesen ist, sich Wohlstand selbst zu erarbeiten. Sie können sich auf dem ausruhen, was ihre Eltern und Grosseltern an Werten geschaffen haben. Es sind Wohlstandskinder, eine Biedermeiergesellschaft, die mit sich selbst beschäftigt ist, während die Vorgängergeneration in den Achtundsechzigern, der Anti-Atom- oder der Friedensbewegung lauthals gegen alles protestierte. Die Zettler und Zettlerinnen hingegen haben kaum Feinde. Sie kämpfen halbherzig für den Klimaschutz, wenn sie nicht gerade mit dem Flieger auf die Malediven jetten.
Wie sollte in Zeiten des Fachkräftemangels darauf reagiert werden? Die Faust im Sack machen nützt nichts. Verzichten kann man ebenfalls nicht auf sie, denn sie sind gut ausgebildet, hoch qualifiziert und mit digitalen Technologien aufgewachsen. Arbeitgeber müssen sich daher fast zwangsläufig anpassen. Neue Strategien erarbeiten. Flexibel agieren. Verschiedene Studien zeigen: Die Mehrheit der Generation Z arbeitet hart – wenn man den jungen Menschen nur zeigt, warum sie hart arbeiten sollten. Um die Motivation hochzuhalten, muss versucht werden, junge Mitarbeitende immer wieder in neue und interessante Projekte einzubinden. Den Werkstudenten zum Kopierer schicken oder Kaffee kochen lassen, können sich Firmen nicht mehr erlauben.
Homeoffice, ein Sabbatical, Teilzeit. Unternehmen haben viele Möglichkeiten, auf die Wünsche nach einer besseren Work-Life-Balance zu reagieren. Eine starre Fünftagewoche ist überholt. Gerade nach der Corona-Zeit, die allen gezeigt hat, dass anders arbeiten möglich ist. Die Forderung nach Work-Life-Balance ist für viele Unternehmen etwas Neues. Das hat sich vorher niemand getraut. Aber eigentlich ist es etwas, das jeder von uns anstrebt.
2 Kommentare
Liebe Frau Schirm-Gasser
Was heisst Work-Life-Balance? Wir arbeiten heute noch 8 Stunden pro Tag und haben 30+ freie Werktage pro Jahr. Da bleiben also mehr als 16 Sunden pro Tag für Life oder 2/3 vom Tag. Ist das wirklich zu wenig? Wir sollten nicht vergessen, dass uns die überdurchschnittlichen Leistungen früherer Generationen den Wohlstand erarbeitet haben. Wir können natürlich jetzt der Meinung sein, das reicht und wir wollen uns ausruhen. Dann sollten wir uns aber schnell umschauen und jemanden finden, der uns dies ermöglichen und bezahlen will. Für uns als Gesellschaft wäre es wohl aber klüger und erfolgversprechender, wenn wir endlich wieder mehr Selbstverantwortung übernehmen und unseren Wohlstand weiter erarbeiten, als uns im gemachten Nest auszuruhen.
Und noch etwas: gegen flexiblere Arbeitsstrukturen ist nichts einzuwenden. Aber nicht jeder Job lässt sich zu Hause erledigen und man darf Home-Office auch nicht mit Kinderbetreuung verwechseln.
Ihr GenZ Bashing - Frau Schirm-Gasser - ist ziemlich deplatziert; eingeleitet mit der lächerlichen Entschuldigung "ich bin gegen stereotype Vorurteile".
Ist es nicht sehr legitim, dass die jüngeren Altersgruppen unsere Arbeitseinstellung wie Wachstum um jeden Preis, leben um zu arbeiten, usw. in Frage stellen? (btw ich bin ein Babyboomer).
Sie würden lieber recherchieren, wie in ganz vielen Unternehmen - auch in der Schweiz - ein Weg gesucht und auch gefunden wird, um mit der Vielfalt der Altersgruppen eine optimale Zusammenarbeit und Arbeitsergebnisse entstehen zu lassen.